Heilwirkung von Pfingstrose
Prädikat: traditionell und ungeprüft
Zur Chinesischen und Echten Pfingstrose gibt es zwar sehr viele Überlieferungen zur Anwendung. Eine ganze Reihe von Labor- und Tierversuchen unterstützen diese Annahmen. In fast allen Fällen fehlen jedoch klinische Studien. Darum gelten die Anwendungen der Pfingstrose bei uns als unsicher.
Chinesische Pfingstrose dämpft Hauterkrankungen
Die Blüten sowie die Wurzeln der Pflanze verwendete man früher bei vielen verschiedenen entzündlichen Haut- und Schleimhauterkrankungen wie Hämorrhoiden, analen Fissuren, Hautrissen, Verletzungen, Rötungen, Furunkeln und Geschwüren. Daten gibt es nur wenige, immerhin liegt eine Studie mit Nesselsuchtpatienten vor. Der Pfingstrosenextrakt (Glycosidextrakt) verstärkte dabei die Wirkung des Antihistaminikums Cetirizin. Daneben gab es in der Pfingstrosengruppe weniger Rückfälle als mit dem Wirkstoff Cetirizin alleine. Die Gerbstoffe (Gallotannine) dürften dem Paeoniflorin bei der Wirkung zu Hilfe kommen. In Tierversuchen beschleunigte der Pfingstrosenwurzelextrakt außerdem die Wundheilung.
Schmucke Pfingstrose für schöne Haut
Es sind etliche Kosmetika mit Pfingstrosenextrakt auf dem Markt. Ihre Verpackungen zieren die dekorativen Pfingstrosenblüten. Es wäre immerhin möglich, dass sie das Hautbild verbessern, indem sie Hautrötungen lindert. Aber auch bei den Falten kann Paeoniflorin punkten. Nach acht Wochen wurde in einer Studie eine deutliche Besserung in der behandelten Gesichtshälfte festgestellt. Daneben gibt es für eine Aufhellung von Pigmentflecken Hinweise: In Zellkultur vermindert der Extrakt die Menge des braunen Farbstoffs Melanin in den Hautzellen. Übrigens: In der chinesischen kosmetischen Praxis wird der Extrakt der Paeonia lactiflora zu diesem Zweck nicht auf die Haut aufgetragen sondern geschluckt.
Chinesische Pfingstrose: eine Generallösung für Entzündungen?
Wenn man die chinesischen Anwendungen auswertet, fallen eine Reihe von entzündlichen Zuständen ins Auge: Gelenkentzündungen, Allergien und Autoimmunerkrankungen stehen auf dieser Liste.
Gichtrose gegen Rheuma
Die entzündungshemmende Wirkung der Chinesischen Pfingstrose ist in der Tat nachweisbar. Der Wurzelextrakt schützt im Tierversuch vor Gelenksentzündung (Arthritis). Wichtig die Information, dass die Aufnahme der Inhaltsstoffe Paeoniflorin, den Glucosiden oder der Abkochung über den Magen für die Wirkung ausreichte. Auch im Laborversuch sprachen die Zellen der Gelenkinnenhaut mit einer deutlich gedämpften Entzündungsaktivität an. Außerdem dürften die antioxidativen Eigenschaften des Paeoniflorins die Entzündungschäden dämpfen. Bezeichnenderweise hat man diese Eigenschaft auch in Europa entdeckt. Der Name „Gichtrose“ belegt noch die Verwendung der Echten Pfingstrose bei Gelenkbeschwerden wie Gicht und Rheuma.
Verantwortlich gemacht für die entzündungswidrige Wirkung der Chinesischen Pfingstrose wird das Paeoniflorin. Ob der Effekt stark genug ist, um Rheuma zu besänftigen, ist fraglich. In ersten Vorstudien aus China an Rheumapatienten wurde die Pfingstrose mit Rheumamedikamenten kombiniert. Pfingstrose verstärkte die Wirkung. Die „China Food and Drug Administration (CFDA)“ hat die Pfingstrose als Rheumamittel anerkannt.
Effekt bei Autoimmunerkrankungen
Wenn das Immunsystem den Körper selbst angreift, dämpft die Medizin üblicher Weise die entzündlichen Aktivitäten. Auch hier kommt Pfingstrose in der TCM in Frage. Interessanter Weise liegen in diesem Punkt erste klinische Erfahrungen mit Pfingstrosenwurzel vor.
- Beim Lupus erythematosus greift der Körper den Bindegewebsbestandteil Kollagen an. Behandelt wird die Krankheit mit dem immunsuppressiven Glucocortikoide Prednison. Eine Studie vermerkte einen positiven Zusatz-Effekt der Pfingstrosenwurzel. So musste weniger des problematischen Medikaments Prednison eingesetzt werden.
- Beim Sjögren Syndrom sind Speichel- und Tränendrüsen dem Angriff des Immunsystems ausgesetzt. Chinesische Wissenschaftler zeigen in einer Vorstudie eine positive Wirkung der Glycoside aus Pfingstrose auf den Krankheitsverlauf. Dabei besserte sich die Speichelproduktion der Patienten ähnlich gut wie unter dem Medikament Hydroxychlorochin.
Allergien
Pfingstrosenwurzel gehört in China zu den antiallergischen Mitteln. Die Datenlage hierzu ist jedoch dünn. Immerhin verhindert der Wurzelextrakt oder Paeoniflorin sowie Paeonol die allergischen Reaktionen bei der Maus (anaphylaktische Hautreaktion).
Fiebersenkend
Fieber gehört ebenfalls zu den Indikationen der TCM für die Pfingstrosenwurzel. Ein Tierversuch belegt zwar den Effekt, jedoch liegt die Menge zu hoch. Das würde die üblichen, in der TCM verwendeten Dosierungen von Paeonia lactiflora bei Weitem übersteigen.
Die Traditionsheilkunde vermutet bei der Pfingstrosenwurzel eine magen-darm- und uterus-entspannende Wirkung. So kommt die Wurzel bei allen Krampfzuständen, Bauchkrämpfen inklusive Muskelkrämpfen zum Einsatz. Im Laborversuch kann man den Effekt einer wässrigen Wurzelabkochung auch tatsächlich belegen. Ein alkoholischer Extrakt könnte aber die Spannung des Gebärmutter verstärken und Krämpfe (Wehen) auslösen.
Möglicherweise hormonell wirksam
Beliebt ist Pfingstrosenwurzel auch bei Menstruationsbeschwerden sowie menstruellen Kopfschmerzen. Dabei zählt nicht nur die krampflösende Wirkung sondern eventuell ein hormoneller Effekt. Chinesische Forscher vermuten eine hormonaktive Wirkung im Extrakt, der auf Grund der Inhaltsstoffe plausibel ist. In Japan testet man eine Extraktkombination aus Süßholzwurzel (oder Zimtrinde) und Paeonienwurzel gegen polyzystisches Ovarsyndrom, Dominanz männlicher Hormone (Hyperandrogenismus) und unregelmäßige Regel (Oligomenorrhö).
Schmerztablette aus Chinesischer Pfingstrosenwurzel
Dem Paeoniflorin werden noch andere Eigenschaften zugeschrieben: Es lindert im Tierversuch Schmerzen und beruhigt. Auch bei Kopfschmerzen, Migräne, Nerven- und Menstruationsschmerzen griff man zur Pfingstrosenwurzel. Es lässt sich nicht genau beziffern, welche Menge an Wurzel man am Menschen für die Wirkung einsetzen müsste.
Vielleicht wirkt Chinesische Pfingstrose gegen Depressionen
Gestresste Versuchstiere schnitten mit den Glucosiden der Pfingstrose deutlich besser ab. Die Relevanz für den Menschen ist unsicher, denn die Stoffe wurden gespritzt. Immerhin, die Tradition kennt die Anwendungen von Pfingstrose bei nervösen Leiden (Neurasthenie, Gastritis oder Herzbeschwerden) und psychosomatischen Beschwerden. Das ist aus Europa überliefert, auch in China ist die Pfingstrose ein beliebter Zusatz zu antidepressiven Kräutermischungen.
Gerinnungshemmend
Von den akademischen Tierversuchen her ist der alkoholische Wurzelextrakt aus Paeonia lactiflora blutgerinnungshemmend, ob er nun gespritzt oder oral gegeben wird. Auch eine Erweiterung der Gefäße und eine Wirkung im experimentellen Arteriosklerosemodell sind belegt. Ob das am Menschen eine Bedeutung auf die Blutgerinnung und Thromboseneigung, Durchblutung oder Blutdruck hat, ist unklar.
Traditionell für Kopf und Nerven
In Europa fanden Samen und Wurzel der Echten Pfingstrose bis ins 19. Jahrhundert hinein Anwendung bei der Behandlung von Epilepsie. In China nutzt man die Wurzel Paeonia lactiflora bei Demenz sowie Gleichgewichtsstörungen und Schwindel. Ganz aus der Luft gegriffen scheint die Idee aber nicht zu sein, das lassen gezielte Tierversuche aus China ahnen.
Der Effekt auf die Nerven könnte weit umfangreicher sein. Das gespritzte Paeoniflorin und die Glykoside der Pfingstrose schützten die Gehirne von Versuchstieren vor Infarktschäden. Die Versuchstiere hatten weniger Behinderungen als die Kontrollen. Auch bei Lernversuchen und im Epilepsie-Modell zeigen sich bei den Versuchstieren positive Effekte. Im Laborversuch schützen die Extrakte die Nerven. In der Traditionellen Chinesischen Medizin dient die Wurzelabkochung von Paeonia lactiflora als Mittel gegen die Nervenschäden bei Zuckerkranken (diabetische Neuropathie). Nachgewiesen ist in der Tat eine verminderte Schädigung der Nervenstützzellen (Schwann Zellen) durch den oxidativen Stress des Zuckers.
In wie weit dies auf den Menschen übertragbar ist, muss noch geprüft werden. Das wäre durchaus wünschenswert, denn dann käme Pfingstrose für die propagierten Indikationen in Betracht: Kognitive Störungen, Alzheimer, neurodegenerative Erkrankungen und zerebrale Durchblutungsstörungen.
Sonstiges: Schützend und regulierend
Glucoside der Paeonia lactiflora schützen die Versuchstiere vor Leberschäden (Giftschäden) sowie Leberveränderungen (Absterben, Leberfibrose, Fettleber). Die Verbindungen greifen in den Stoffwechsel ein und bessern Blutfette und Zuckerwerte. Daneben lässt sich der Stau des Gallenflusses beleben. Bei übergewichtigen Mäusen schützt Paeoniflorin Herz und Kreislauf durch eine Harmonisierung des Stoffwechsels. Auch ein Nierenschutz bei Diabetes ist im Tierversuch belegt (Glucoside). Chinesische Forscher untersuchen außerdem eine mögliche Wirkung gegen Krebs. Nebenbei weisen Vorversuche auf eine Stimulation der Fruchtbarkeit hin. Die klinische Relevanz der Daten ist noch unklar.
Insgesamt scheinen die Echte und vor allem die Chinesische Pfingstrose erfolgversprechende Heilpflanzen zu sein. Wegen der regen Forschungstätigkeit in China dürften brauchbare Ergebnisse nicht lange auf sich warten lassen.
Praktische Anwendung: Produkte & Hausmittel
Hochwertige Präparate mit Chinesischer Pfingstrose sind derzeit nicht am Markt. Extrakte werden einigen kosmetischen Produkten zugesetzt. Am ehesten bekommt man noch die geschnittene, getrocknete Wurzel (Chinesische und Echte Pfingstrose) für Teezubereitungen in der Kategorie Lebensmittel (Kräuter und Gewürze). Auch in verschiedenen komplexen Heilpflanzenmischungen der Traditionellen Chinesischen Medizin kann Pfingstrose ein Zusatz sein („Baishao“). Hier wird oft auch die pulverisierte Wurzel verwendet (Nahrungsergänzungsmittel). Wer im Netz länger stöbert findet vereinzelt auch Wurzelextrakte (aus Chinesischer und Echter Pfingstrose). Man sollte auf eine seriöse Herkunft und geprüfte Qualität achten (Apothekenqualität).
Sud aus Chinesischer Pfingstrosenwurzel
Die Wurzel wird in China für die genannten Beschwerden als Abkochung zubereitet. Eine Tagesdosis entspricht 6 bis 15 g getrockneter Wurzel. Sie wird mit etwa einem halben Liter kaltem Wasser übergossen und 20 Minuten mit offenem Deckel gekocht. Danach abseihen und abkühlen lassen. Der Sud wird über den Tag schluckweise getrunken.
Pfingstrosen-Elixier nach Hildegard von Bingen
Bei Hildegard von Bingen wird die Wurzel der Echten Pfingstrose (50 g) zusammen mit den Samen (30 g) in einem Liter Wein 5 Minuten gekocht. Ihr Rezept soll gegen Bronchitis und Stirnhöhlenentzündung helfen. Eingenommen wird der Sud dreimal täglich, jeweils ein halbes Likörglas.
Pfingstrosentee
Wegen ihres schönen Äußeren verwendet man die Blütenblätter der Echten Pfingstrose gerne in Teemischungen („Schmuckdroge“). Auch in Entspannungstees findet man immer wieder Pfingstrosenblüten als Einzelbestandteil. Von den getrockneten Pfingstrosenblüten nimmt man 1 Teelöffel und übergießet ihn mit siedendem Wasser, nach 5-10 Minuten abseihen. Früher hat man Haut- und Schleimhauterkrankungen, Gelenkbeschwerden und Muskelkrämpfe und Menstruationsbeschwerden damit behandelt.
Die Blütenblätter bleichen mit der Zeit aus und werden unansehnlich. Es wird empfohlen, alle Pfingstrosenprodukte vor Licht und Feuchtigkeit geschützt aufzubewahren.
Wirkstoffe
- Monoterpenglukoside: Hauptinhaltsstoff Paeoniflorin (bis zu 5 %) und verwandte Stoffe
- Gerbstoffe: Gallotannine (Wurzel und Blüten)
- Phenole: Paeonol (Wurzel)
- Anthocyane: Paeonin (Kronblätter)
- Flavonoide: Kämpferolderivate (Kronblätter)
- Triterpenoide: ß-Sitosterol und Daucosterol
- Isoflavone: Formononetin
Bei den Wirkstoffgehalten in der Pfingstrosenwurzel gibt es große Schwankungen je nach Erntezeitpunkt und Aufarbeitung (geschält/ungeschält).