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Dufte Medizin: Ätherische Öle

Eine Flasche mit ätherischen Ölen steht zwischen Lavendel und anderen Duftpflanzen auf dem Tisch.
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Nicht nur was fürs Duftlämpchen

Ätherische Öle sind potente Heilmittel. Das zeigt sich anhand klinischer Studien immer deutlicher.

Von: Eva Pantleon

Die Antibiotika der Zukunft

Auf die Frage, was ätherische Öle seien, ist die meist gehörte Antwort heutzutage sicherlich: „Das ist doch das, was in die Duftlämpchen kommt“. Womit sich mal wieder zeigt, dass Bekanntheit ihren Preis hat. Denn seit die ätherischen Öle in den 80ern in eben diesen Lämpchen die bundesdeutschen Wohnzimmer eroberten, haben sie ihren Ruf weg: als wohl riechende Stimmungsmacher, die ihre Moleküle irgendwo im weiten Feld zwischen Wellness und Esoterik verströmen. Und das mag auch erklären, weshalb noch immer viele Schulmediziner einen weiten Bogen um die duftenden Essenzen machen.

Bis heute nämlich beschreiben einschlägige „Aroma-Fibeln“ die Wirkung ätherischer Öle gern mit Begriffen, die in der Schulmedizin eher auf Skepsis stoßen. Da ist viel von „feinstofflichen Ebenen“ die Rede, oder davon, dass der „Geist der Pflanzenessenz im Gegensatz zur Chemotherapie die Lebenskraft und Selbstheilungskräfte des Körpers“ stärke. Oder: "Der Duft fließt durch Ängste und besänftigt sie."

Das sind Aussagen, die im Kontext einer ganzheitlichen Sichtweise ihre Berechtigung haben mögen, aber kaum dazu angetan sind, einen skeptischen Schulmediziner zu überzeugen. Die Folge: In der deutschen Medizin führen ätherische Öle immer noch ein Mauerblümchendasein – zum Nachteil der Patienten. Schließlich zeigt sich in den letzten Jahren anhand klinischer Studien immer deutlicher: Lavendelöl & Co. können weitaus mehr, als duftend unsere Stimmung zu beeinflussen.

Die Aromatherapeutin und Gesundheitswissenschaftlerin Dr. Jane Buckle sagte schon vor Jahren, sie halte ätherische Öle für die Antibiotika der Zukunft - was heute erste Studien bestätigen: Offenbar sind ätherische Öle in der Lage da einzuspringen, wo unsere Antibiotika versagen: bei den gefürchteten MRSA-Keimen – jenen besonders in Krankenhäusern auftretenden Bakterien, die resistent gegen Antibiotika geworden sind.

Ätherische Öle auf dem Prüfstand

Ausgangspunkt entsprechender Forschungen an der Universität Kiel war ein Problem aus der Palliativmedizin. Gesucht wurde ein Mittel, das gegen den äußerst unangenehmen Geruch hilft, der von zerfallenden Tumoren ausgeht. Ein Team von zehn Forschern rund um den Kieler Kiefer- und Gesichtschirurg Prof. Dr. Patrick Warnke und seine Kollegen von der Bond University in Australien kreierte daraufhin eine Ätherisch-Öl-Mischung namens Kielmix®, die laut Hersteller folgende Ingredienzien enthält:

  • Eukalyptusöl 136 mg
  • Teebaumöl 131 mg
  • Lemongrassöl 86 mg
  • Zitronenöl 71 mg
  • Gewürznelkenöl 73 mg
  • Thymianöl 26 mg
  • Ethanol (Weingeist) 347 mg

Die Idee dahinter war, dass man mit Hilfe der ätherischen Öle die Ausbreitung der Zerfallsbakterien eindämmen und so die unangenehmen Gerüche reduzieren könne. Das gelang auch.

Schnell aber zeigte sich, dass die Öle offenbar noch viel mehr bewirkten: Die Wunden begannen, Zeichen von Heilung zu zeigen. Der Bakterienbefall ging deutlich zurück – und das auch, was die besondere Überraschung war, bei den MRSA-Bakterien. Bei einigen Patienten verlangsamte sich sogar das Tumorwachstum.

In einer klinischen Studie von 2009 testeten Prof. Warnke und sein Team weitere ätherische Öle auf ihre Wirksamkeit gegen MRSA – mit Erfolg, wie hier nachzulesen ist. Damit bestätigt sich nun endlich klinisch, was die Naturheilkunde auf empirischer Basis schon lange weiß: Schließlich nutzen die Aborigines in Australien Teebaumöl seit jeher für die Wundheilung.

Multitalente im Krankenhaus

Mittlerweile haben sich aber auch einige deutsche Kliniken dem alten/neuen Erfahrungsschatz geöffnet – und setzen ätherische Öle offiziell zur Therapie ein. So kommen diese etwa am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier in der Schmerztherapie, als Dekubitusprophylaxe und als vorbeugende Maßnahme zur Vermeidung von Lungenentzündungen zum Einsatz.

Am Klinikum München-Neuperlach finden ätherische Öle in der Notfallbehandlung Verwendung: Hämatome werden dort mit den ätherische Ölen von Cistrose, Immortelle und Lavendel behandelt, was offenbar schmerzlindernd und Hämatom auflösend wirkt. Bei Schürfwunden, Brandwunden und Operationsnarben kommen ätherische Öle von "Lavendel fein" (= echter Lavendel im Gegensatz zu "Lavandin, Lavandula hybrida", welches weniger für Heilzwecke geeignet und auch bedeutend billiger ist), Rosengeranie, Niauli, Palmarosa und Manuka zum Einsatz. Diese sollen den Reparaturmechanismus der Hautzellen anregen und zudem desinfizierend und immunstimulierend wirken.

In der Frauenheilkunde

Eine weitere schulmedizinische Verwendung ätherische Öle belegte bereits 1999 die Ärztin Dr. Bèrengére Arnal-Schnebelen, Professorin für Phytotherapie an der medizinischen Hochschule Paris Bobigny. In einer Studie mit 696 Frauen wies sie die überdurchschnittlich erfolgreiche Behandlung von therapieresistenten vaginalen Infekten mit ätherischen Ölen nach – vor allem bei Candida-Vaginitis. Getestet wurde mit „Spanish Oregano“ und Zimtöl. Die Öle zeigten eine über 95 prozentige Wirksamkeit gegen Candida albicans, E. coli und Streptokokken.

Auch die Kieler Gynäkologin Dr. Dorothee Struck berichtet in der „deutschen Hebammenzeitschrift“ über einen erfolgreichen Einsatz ätherischer Öle. Allerdings empfiehlt sie bei Vaginalinfektionen in der Schwangerschaft mildere Öle als die in der französischen Studie getesteten. Diese führten nämlich „wegen ihrer Schleimhaut reizenden Wirkung zu häufigen Nebenwirkungen“ und dezimierten „leider auch die H2O2-bildenden Laktobazillen drastisch“. Außerdem setzt Struck für die gezielte Behandlung mit ätherischen Ölen so genannte Aromatogramme ein.

Der Steckbrief für ätherische Öle: das Aromatogramm

Hierbei werden in Versuchsreihen mit verschiedenen ätherischen Ölen jene ermittelt, die gegen die vom Patienten isolierten Infektionserreger am aktivsten sind. Entwickelt wurde die Technik des Austestens bestimmter Öle gegenüber bestimmten Keimen bereits 1971 durch den französischen Gynäkologen Maurice Girault. Allerdings war damals nur das Austesten aerober Keime wie zum Beispiel Streptokokken und Pilze möglich. 2004 aber gelang es dem Institut für Mikroökologie in Herborn, die Anwendung des Aromatogramms auch für anaerobe Keime wie Gardnerella vaginalis zu ermöglichen. Heute können Ärzte oder Therapeuten dort (oder in andere darauf spezialisierten Labore) Abstriche einschicken und Aromatogramme für ihre Patienten anfordern.

Die Kosten müssen allerdings vom Patienten selbst getragen werden, da dies keine Kassenleistung ist. Was sich vielleicht zukünftig ändern wird. Denn ein Blick auf die britische Datenbank www.essentialoilresource.com, die einen Überblick über weltweite klinische Studien zu ätherischen Ölen gibt, lässt ahnen, dass Jane Buckle vielleicht tatsächlich recht hat - vielleicht sind ätherische Öle die Antibiotika der Zukunft. Wie wirksam die Öle da sind, wo gegen herkömmliche Mittel bereits Resistenzen auftreten, zeigt auch eine der aktuellsten Studien:

Mit Lavendel gegen Pilze

Im Februar 2011 veröffentlichten Forscher der Universität in Coimbra (Portugal) die Ergebnisse ihrer Studie zu Lavendelöl - mit dem Fazit: Bereits in geringen Konzentrationen vermag das Öl verschiedene Hefe- und Fadenpilze abzutöten. Die Bedeutung der Entdeckung erläutert Lígia Salgueiro, eine der Leiterinnen der Studie: "In den letzten Jahren treten vermehrt Pilzerkrankungen auf, besonders bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem. Unglücklicherweise steigen auch die Resistenzen gegen Medikamente, die diese Pilze bekämpfen. Die Forschungen unserer Gruppe und anderer zeigen nun, dass ätherische Öle eine günstige und effiziente Alternative mit minimalen Nebeneffekten sein können."

Offenbar sind ätherische Öle Multitalente – sofern sie richtig, das heißt gezielt zum Einsatz kommen. Und das bedeutet: Ätherische Öle sollten wie Medikamente behandelt und nur überlegt und möglichst gering dosiert verwendet werden.

Niemals zu viel des Guten

Absolut tabu sollte daher die tägliche olfaktorische Dauerberieselung per Duftlämpchen sein. Denn durch die Gewöhnung an den Duft werden die Öle oft in viel zu hoher Konzentration eingesetzt. Die Folgen schildert Reinhard Saller, Naturheilkundeprofessor und Aromatherapie-Experte in Zürich: „Das Risiko einer unerwünschten Wirkung und Allergie ist höher, wenn ätherische Öle in hohen Konzentrationen oder gar unverdünnt verwendet werden“.

Daher gilt: Ätherische Öle immer sparsam anwenden und niemals in Kontakt mit Augen oder Schleimhäuten kommen lassen. Allergische Reaktionen, Asthma und epileptische Anfälle sind mögliche Nebenwirkungen – besonders bei innerlicher Anwendung. Experte Saller warnt daher: „Die orale Anwendung ätherischer Öle sollte nur durch Ärzte oder spezielle Aromatherapeuten erfolgen, die das jeweilige ätherische Öl in allen therapierelevanten und toxikologischen Aspekten genau kennen.“

Tabu für die ganz Kleinen

Und ganz tabu sind die Öle für Babys und Kleinkinder: „Schon kleinste Mengen (zum Beispiel wenige Tropfen), die in Mund oder Nase geraten, können bei Säuglingen und Kleinkindern zu lebensbedrohlichen Verkrampfungen des Kehlkopfs und zu Atemstillstand führen“, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung in einem Informationsblatt. Und das gilt auch für Cremes, die ätherische Öle enthalten, wie etwa Erkältungs-Balsame.

Denn gerade auf Kampfer-, Eukalyptus-, Pfefferminz- und Teebaumöl reagieren kleine Kinder oft besonders empfindlich – und das kann nicht nur zu überreizten Schleimhäuten führen. Im schlimmsten Fall verschließt sich die Luftröhre durch einen krampfhaften Reflex, und es kann zum Atemstillstand kommen. Also im Erkältungsfall bei den Kleinen den Wick VapoRub- oder Babix-Topf unbedingt geschlossen lassen – und lieber zu sanften Schleimlösern wie etwa Efeupräparaten greifen.

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