Botanik: Aussehen und Verbreitung der Artischocke
Die Pflanze besitzt große, einfache bis fiederspaltige Blätter und etwa 8 - 15 cm breite Blütenblätter mit eiförmig stumpfen, dachziegelartig angeordneten Hüllblättern. Die Artischocke wird als Blatt- oder Gemüsekultur angebaut. Die fleischigen Hüllblätter und der Blütenboden des Gemüses werden als Delikatesse verzehrt. Hierfür wird die Artischocke heute in südeuropäischen Ländern sowie Kalifornien angebaut.
Die therapeutischen Wirkstoffe befinden sich weniger in den frischen Artischockenherzen als in den Rosettenblättern, also den Grundblättern der Pflanze. Für Heilzwecke werden ausschließlich Blattkulturen verwendet, die in Deutschland (besonders in Franken, Thüringen, Brandenburg) und in Frankreich (Bretagne) angebaut werden. Die Ernte erfolgt in einem bestimmten Reifestadium, dem Rosettenstadium.
Schon die Griechen und Römer nutzten sie
Die Artischocke (Cynara scolymus L.) war schon in der Antike als Heilpflanze bekannt. Bereits die Griechen und Römer nutzten ihre verdauungsfördernde Wirkung. Die wärmeliebende Artischocke kommt ursprünglich aus Nordafrika und verbreitete sich von dort im gesamten Mittelmeergebiet.
Gewinnung
An idealen, warmen Standorten bildet die Artischocke im ersten Jahr nach der Keimung eine grundständige Blatt-Rosette aus. In diesem Stadium erfolgt die Ernte für pharmazeutische Zwecke. Die wässrige Extraktion der Blätter wird bei etwa 80 bis 90°C durchgeführt. Dabei finden chemische Veränderungen (Umesterungen) bei bestimmten Säuren (den Caffeoylchinasäuren) statt.
Heilwirkung von Artischocke
- Regt die Gallensaftsekretion an (cholagog)
- Schützt die Leber (hepaprotektiv)
- Senkt die Blutfette (lipidsenkend)
Artischocken-Extrakte sind Bestandteile zahlreicher Mono- und Kombinationspräparate, die bei Verdauungsstörungen, bedingt durch verminderte Gallensekretion, angewendet werden. Die verdauungsfördernde Wirkung beruht auf besonderen Inhaltsstoffen: Den bitteren Sesquiterpenlactonen (besonders Cynaropicrin) und den Coffeoylchinasäuren
Artischockenblätter werden in entsprechender Zubereitung als Cholereticum (= die Gallensaftproduktion anregend) bei Verdauungsbeschwerden, darüber hinaus aber auch zur Entwässerung (Diuretikum) und als Bitterstoff verwendet.
Wie alle Choloretika fördern Artischockenblätter in entsprechender Zubereitung die Produktion und Ausscheidung von Cholesterin über Gallensäuren. Dadurch wird der Cholesterinspiegel gesenkt. Zubereitete Artischockenblätter werden daher auch zur Vorbeugung der Arterienverkalkung (Arteriosklerose) verwendet. Artischockenblätter zeigen weiterhin eine schützende Wirkung auf die Leber.
Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt
Die Symptome bei Verdauungsstörungen (funktionelle Dyspepsie) und Reizmagen (Non-Ulcer-Dyspepsie) umfassen Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Unverträglichkeiten von fettreichen Mahlzeiten, Blähungen, Übelkeit oder sogar Erbrechen sowie unspezifische (eher rechtsseitige) Bauchschmerzen.
Eine Therapieart dieser Beschwerden ist die Förderung der Ausscheidung von Gallensäuren aus der Leber (Cholerese). Artischocken-Extrakt fördert die Gallensaftproduktion. Dies wurde sowohl in Zellkulturen als auch in Tierversuchen und klinischen Studien am Menschen nachgewiesen. Bei Personen mit Verdauungsstörungen zeigte sich bei einer täglichen Verabreichung von 1,5 g Artischocken-Extrakt ein Rückgang der Beschwerden. Auch bei Patienten mit Reizdarm verbesserte der Artischocken-Extrakt die Symptome.
Gefäßerweiternde Wirkung
In Zellkulturen mit bestimmten menschlichen Zellen wurde festgestellt, dass Artischocken-Extrakt die Produktion eines Stickstoffmonoxid (NO) produzierenden Enzym (eNOS) anregt.
Stickstoffmonoxid erweitert die Gefäße und trägt somit zur Blutdruckkontrolle bei. Weiterhin schützt Stickstoffmonoxid die Blutgefäße vor Blutpfropfbildung (Thrombose). In einem Tierexperiment konnte gezeigt werden, dass die Hemmung des Enzyms eNOS Arterienverkalkung (Arteriosklerose) verursacht. Für die Stimulierung des Enzyms eNOS werden zwei im Artischocken-Extrakt enthaltene Flavonoide verantwortlich gemacht: Luteolin und Cynarosid (7-O-Glucosyl-Lutoelin).
Wirkung auf die Blutfette und Schutz vor Arteriosklerose
Folgende Wirkmechanismen des Artischocken-Extrakts (festgestellt in Zellkulturen, Tierversuchen und klinischen Studien) tragen zur Senkung der Blutfette und damit vor allem einer Vorbeugung vor Arteriosklerose bei:
- Eine Hemmung der Cholesterinsynthese
- Eine Senkung der Blutfette im Serum
- Eine Hemmung der Oxidation von LDL
- Cholesterin (erster Schritt bei der Entstehung der Arteriosklerose)
- Eine antioxidative Wirkung
Wie im Experiment mit gezüchteten Ratten-Leberzellen gefunden wurde, hemmt Artischocken-Extrakt die Herstellung von Cholesterin. Dies geschieht durch Hemmung des Schlüsselenzyms (der HMG-CoA-Reduktase).
Vor einigen Jahren wurde festgestellt, dass die Substanzen Cynarosid und Luteolin für diesen Effekt verantwortlich sind und nicht - wie lange angenommen - Cynarin. Patienten mit Verdauungsbeschwerden konnten durch eine tägliche Verabreichung von Artischocken-Extrakt ihre Gesamtcholesterin- und Triglyceridwerte senken. Die Konzentration an HDL-Cholesterin, welches das Risiko einer Arteriosklerose verringern kann, stieg leicht an. Auch bei gesunden Testpersonen mit hohen Cholesterinwerten konnte nach täglicher Verabreichung von Artischockenextrakt eine Senkung der Triglyceridkonzentration und ein leichter Anstieg der HDL-Fraktion beobachtet werden.
Wirkungen auf die Leber
Die Artischocke fördert die Stoffwechselleistung der Leberzellen, regt Zellwachstum und Zellteilung an, fördert Reparaturvorgänge, schützt gegen Zellgifte, hemmt Radikale, bewahrt den Glutathion-Pool (und somit das Redox-Gleichgewicht = Gleichgewicht von Oxidation und Redaktion in der Zelle) und fördert die Durchblutung der Leber.
Die Schutzwirkung auf die Leber wurde durch Versuche mit Zellkulturen, Ratten und durch klinische Studien am Menschen bestätigt. Bei Arbeitern in der kunststoffverarbeitenden Industrie, die dauernd mit Schwefelkohlenstoff in Berührung kamen, und täglich 0,9 g Artischocken-Extrakt einnahmen, normalisierte sich nach einem Jahr bei 28 % der Personen das Elektroretinogramm (diagnostisches Hilfsmittel zur Untersuchung der Netzhautfunktion).
Die Einnahme von Artischocken-Extraktverbesserte in einer anderen Studie nach zwei Jahren auch eine anfängliche Verklumpung der Blutplättchen (Thrombozytenaggregation).
Auch bei Malaria-Patienten, die mit Chinin (= Medikament gegen Malaria) als Basistherapie behandelt wurden, unterstützte der Artischocken-Extrakt die Rückbildung der Symptome. Dies wird damit erklärt, dass der Extrakt die Leber schützt und deren Funktion unterstützt.
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen Artischocke gesichert helfen kann
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen Artischocke aus Erfahrung helfen kann
Nebenwirkungen von Artischocke
Gemäß der Monographie „Artischockenblätter“ sind keine Nebenwirkungen bekannt.
Gegenanzeigen sind:
- bekannte Allergie gegen Artischocken und Korbblüter
- Verschluss der Gallenwege
- bei Gallensteinen sind Präparate aus Artischockenblättern nur nach Rücksprache mit einem Arzt anzuwenden
Praktische Anwendung: Produkte & Dosierung
Artischockenpräparate werden in unterschiedlichen Formen angeboten: als Kapseln, Dragees, Tablette, Pflanzensaft oder Tropfen.
Dosierung
Als mittlere Tagesdosis werden 6 g getrocknete Artischockenblätter (z.B. als Tee) bzw. entsprechende Mengen anderer Zubereitungen empfohlen. Artischockenblätter sollten in einem trockenen und dunklen Platz bei 15 - 20°C gelagert werden.
Wirkstoffe der Artischocke
Die Pflanze wird durch drei Inhaltsstoffgruppen gekennzeichnet:
- 0,5 – 5 % Sesquiterpenlacton-Bitterstoffe, darunter Cynaropicrin
- 0,1 – 1,4 % Caffeoylchinasäuren, besonders Chlorogensäure und Cynarin, gebildet als Artefakt bei der Bereitung des wässrigen Extrakts durch Umesterung
- Flavonoide vom Luteolin-Typ