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Die Erkrankung verstehen: Parodontitis

Parodont-ose oder -itis?

In der Umgangssprache sagt man meist Parodontose und meint damit Zahnausfall durch Knochenschwund. Das ist medizinisch auch zutreffend. Der Fachmann verwendet aber oft den Begriff Parodontitis und betont damit, dass dem Vorgang ein entzündliches Geschehen zu Grunde liegt.

Definition

Das steckt dahinter

Klar ist, Parodontitis ist eine komplizierte Infektionskrankheit. Da die Bakterien außerhalb des Körpers sitzen kann sie das Immunsystem schlecht erreichen. Aber dennoch sind so geschützt, dass sie weder mechanisch über Speichel noch über das Immunsystem eliminiert werden können. Durch die Beläge schließlich wird die Situation für den Körper unbeherrschbar. Der Übergang von Zahnfleisch und Zahn ist eine der Sollbruchstellen, die von der Evolution nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten. Eine natürliche Ernährung ohne Zucker und mit ungekochter, faseriger Pflanzennahrung war dennoch ein guter Schutz. Da die Lebenserwartung in früheren Zeiten sehr kurz war, wurde Zahnverlust nicht zu einem Überlebensfaktor. Mit diesen Folgen müssen wir leben.

Alter Bauplan, neue Sitten

Alle Zähne bedürfen einer sanften Reinigung. Bei den Tieren übernimmt die Nahrung diese Putzfunktion. Wir aber kochen alles und verzehren mundgerechte weiche Happen. Dazu kommt Zucker und weißes Mehl, Lebensmittel ohne Mineralien und Fasern. Sie reinigen nicht und enthalten keine antibiotischen Bestandteile. Im Gegenteil: Sie sind der Dünger für jeden Untermieter, der die Fähigkeit zu haftenden Zahnbelägen hat. Es liegt auf der Hand, dass wir hier aktiv gegensteuern müssen. Mundhygiene ist nur eine Antwort auf ein vielschichtiges Problem.

Formen

Üblicherweise geht Parodontitis vom Zahnfleischrand au

  • marginaler Parodontitis.

Sie kann aber auch von einer Zahnwurzel entstehen. Ursache ist oft eine Infektion des Zahninneren („Pulpa“) oder eine mechanische Reizung. Der Fachausdruck ist

  • apikale Parodontitis.

Sie beginnt an der Wurzelspitze und greift auf andere Gewebe über. Im Verlauf drohen Zysten, Abszesse oder gutartige Geschwülste (Granulome).

Häufigkeit

Bei etwa 70 % der Bevölkerung ist die genetische Anlage zu Parodontitis in mehr oder minder starker Form gegeben. Etwa 20% der älteren Menschen (65-70) haben durch die Krankheit ihre Zähne verloren. Akut erkrankt sind mehr als die Hälfte der Menschen. In armen Ländern mit schlechter Ernährung, Vitaminversorgung und Hygiene sind die Probleme noch gravierender und oft verlieren schon junge Menschen ihre Zähne. Bemerkenswert ist, dass bei einer traditionellen Ernährung reich an Pflanzenfasern und Mineralien sowie arm an Zucker und raffinierten Produkten der Zahnstatus ausgezeichnet ist.

Ursachen

Klar, bei Parodontitis gibt es unvermeidbare Faktoren (wie etwa die genetische Veranlagung und das Alter), aber so manch anderer Faktor macht die Krankheit aggressiver:

  • Unzureichende Mundhygiene und Karies legt den Grundstein für den Zahnstein. Hier haben Männer offensichtlich mehr Schwächen als die Frauen.
  • Rauchen ist einer der wichtigsten vermeidbaren Angewohnheiten. Zigarettenrauch schädigt nicht nur die Lunge, er beginnt schon im Mund mit seiner zerstörerischen Tätigkeit. Raucher bekommen 3-4-mal häufiger Parodontitis. Dabei bemerken Raucher die Erkrankung erst spät, da sie seltener Zahnfleischbluten bekommen.
  • Die Kieferorthopädie verschiebt Zähne über leichten dauerhaften Druck. Dabei wird die Zahnwurzel aber gegen den Knochen gedrückt, so dass auch automatisch tiefere Zahntaschen entstehen. Damit steigt die Anfälligkeit für Parodontose.
  • Psychosomatische Probleme schlagen sich manchmal in nächtlichem Zähneknirschen nieder. Geschädigt wird dabei nicht nur die Zahnsubstanz, auch der Kieferknochen leidet auf die Dauer.
  • Eine Schwächung des Immunsystems durch innere und äußere Faktoren schafft einen weiteren Nährboden zum Ausbruch einer Parodontitis. Der Körper kann sich dann nicht ausreichend wehren.
  • Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes schmälern Abwehr und Durchblutung. Da haben die Keime gute Voraussetzungen für eine zügellose Vermehrung.
  • Auch Schwangere haben vermehrt Zahnfleischprobleme. Das liegt daran, dass die Schwangerschaftshormone das Bindegewebe lockerer machen. Auch zu hoch dosierte hormonelle Verhütung hinterlässt Spuren am Zahnfleisch.
  • Mit höherem Alter und abnehmenden Sexualhormonen ist die Gefahr von Parodontose generell höher.
  • Menschen mit Mundatmung haben trockenere Schleimhäute und ein höheres Risiko sich mit dem Parodontalkeimen zu infizieren.
  • Daneben können altersbedingte Probleme wie Mundtrockenheit in der Folge einer nachlassenden Speichelproduktion und geringerer Flüssigkeitsaufnahme beobachtet werden.
  • Viele Medikamente verursachen einen trockenen Mund. Antibiotika zerstören den natürlichen Bakterienaufwuchs und können im Nachlauf zu einem Kippen des Milieus führen. Ganz zu schweigen von zahlreichen Wirkstoffen, welche die Darmflora stören und die gesamte Schleimhaut des Magen-Darmtrakts entzündlich schädigen.
  • Nicht zu Letzt sind unverträgliche Metallkombinationen oder Piercings die mögliche Ursache für den Schwund.

Neben diesen harten Fakten hat die Alternativ-Medizin einen ganzheitlichen Blick auf die Parodontose. Untersuchungen aus der Praxis zeigen, dass bei allen zahnfleischkranken Patienten eine individuelle Veränderung des Mundmilieus vorliegt, in deren Folge sich die Bakterienflora ändert. Dieses Milieu begünstigt die sogenannten „Virulenzfaktoren“, also den Grad der Schädlichkeit der Bakterien (Verlauf).

Prävention

  • Zahnpflege entfernt immer nach dem Essen die weichen Zahnbeläge. Damit kann man auch die Zahnsteinbildung verringern.
  • Vermeiden sie alles, was das Zahnfleisch reizt. Rauchstopp ist eine wirkungsvolle Maßnahme, wenn sie bei Beginn der Probleme erfolgt.
  • Eine naturnahe Ernährung wäre eine der effektivsten und billigsten Maßnahmen:
  • reichlich Pflanzenrohkost und Fasern
  • wenig Zucker und weißes Mehl
  • kein Übermaß an Fleisch und Fett
  • Gifte meiden
  • Je nach Situation sollte man 2 bis 4-mal im Jahr eine Sitzung zur professionellen Zahnreinigung vereinbaren. Damit verringern Sie die Bakterien im Mund, und stellen sicher, dass die pathogenen Arten nicht überhand nehmen. Nur so lässt sich bei Parodontose der aktuelle Status erhalten.
  • Achten sie auf ein intaktes Immunsystem indem sie natürliche Faktoren nutzen: Sonne, Bewegung, Temperatur, Entspannung.

Verlauf und Komplikationen

Währet den Anfängen

Parodontitis beginnt ganz harmlos mit Zahnbelag. Viele Bakterienarten haben sich für die Mundhöhle spezialisiert und bilden Halftelemente aus. Damit kleben sie hartnäckig an den Zähnen fest und schließen sich mit anderen Spezies zu dichten Kolonien zusammen. Biofilme heißen diese schwer bekämpfbaren bakteriellen Ansiedlungen auch. Am Anfang kann man sie noch gut mechanisch entfernen. Doch im Speichel sind zahlreiche Mineralien, die eigentlich den Zahnschmelz regenerieren sollen. Manchmal kommt er nicht dort an, weil Zahnbelag dazwischen liegt. So verhärten die Mineralien den Zahnbelag. Damit beginnt ein chronisches Problem. Während eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) noch spurenlos abheilt, ist Parodontitis folgenreich. Dann nämlich schieben sich die Kolonien und der Zahnstein unter den Zahnfleischrand in die Wurzelhöhle vor. Es folgt eine chronische Reizung mit Entzündung. Der Körper möchte die Bakterien zwar enzymatisch zersetzen, greift sich dabei aber selbst an. Das Gewebe wird zerstört und die Wurzeltasche wird tiefer, das Zahnfleisch zieht sich zurück und auch der Knochen bildet sich zurück. Wenn der Zahn keinen Halt mehr findet, lockert er sich und fällt am Ende aus.

Kann man Parodontitis heilen?

Ja und Nein. Eine Zahnfleischentzündung kann mit der richtigen Hygiene spurenlos ausheilen. Auch leichte Anfangsformen von Parodontitis lassen sich so behandeln, dass man kaum kosmetische Beeinträchtigungen hat. Bei späteren Stadien erreicht man oft eine Festigung gelockerter Zähne, auch der Kieferknochen kann mit Medikamenten zur Regeneration angeregt werden. Dennoch lässt sich geschwundenes Zahnfleisch nicht mehr regenerieren, das bleibt dauerhaft kosmetisch sichtbar. Selbst dann können noch kosmetische Operationen Material verpflanzen. In den meisten Fällen kann die moderne Zahnmedizin die Krankheit über Jahre stabil erhalten. Daraus ergibt sich eine ganz klare Folgerung: Je früher man reagiert, desto besser sind die Ergebnisse.

Komplikationen

Die Keime bleiben leider nicht im Mund. Mit den Blutungen erreichen sie den Blutstrom und von dort jeden Winkel des Körpers. Die Wissenschaft ist sich schon seit längerem darin einig, dass die Parodontitis nicht als isolierte Erkrankung zu betrachten ist, sondern nur ein Symptom innerhalb eines Symptomkomplexes darstellt, das wiederum mit verschiedenen anderen Gesundheitsrisiken verbunden ist.

  • Je schlimmer die Zahnfleischentzündung ausfällt, umso größer ist die Gefahr für Verkalkungen in den Adern (Arteriosklerose).
  • Die Erreger können auch Gerinnsel im Blut auslösen (Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit). Mögliche Folgen sind daneben eine Lungenembolie oder ein Schlaganfall. Parodontose erhöht das Risiko eines Schlaganfalls um 25 %.
  • Die entzündliche Neigung, zieht noch weitere Kreise und steigert die Gefahr für Rheuma, Autoimmunerkrankungen und chronisch obstruktive Lungenerkrankungen. Auch an den künstlichen Oberflächen von Gelenkprothesen oder Implantaten verursachen die Keime mitunter Probleme.
  • Daneben können die verschluckten Keime auch den Magen chronisch reizen.
  • Erstaunlicher Weise findet man bei diesen Patienten auch häufiger Alzheimer.
  • Gerade Diabetiker müssen ihre Zähne pflegen. Parodontose gefährdet die Blutzuckereinstellung. Diabetiker haben ein achtfach höheres Sterberisiko, wenn Parodontose nicht kontrolliert wird.
  • Zurzeit diskutiert man außerdem Daten, die darauf hinweisen, dass Parodontitis sogar Diabetes verursachen könnte.
  • Schwangere Frauen mit Parodontose haben ein siebenfach erhöhtes Risiko eine Frühgeburt zu erleiden oder ein Kind mit Untergewicht zu gebären.

Neue Studien zeigen uns ganz deutlich, wie sehr die Zähne auf die Gesundheit Einfluss nehmen. Ein schönes Lächeln ist am Ende auch ein Gesundheitspass.

Quellen/Weitere Informationen

Quellen

Literatur

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