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Warum Omega-3 nicht gleich Omega-3 ist

Omega 3 Kapseln
© luchschen_shutter - Fotolia.com

Gesund mit Omega-3

Über die Wichtigkeit von Omega-3 für die Gesundheit kursieren unterschiedlichste Aussagen. Ein Interview mit Dr. Schmiedel schafft Klarheit.

Von: Corinna Heyer

PhytoDoc befragt einen Experten zum Thema

Dass Omega-3-Fettsäuren gesund sein sollen, haben wir in der Vergangenheit häufig zu Ohren bekommen. Dabei wurde vor allem die vorbeugende Wirkung vor Herz-Kreislauferkrankungen betont. In letzter Zeit häuften sich aber auch gegenteilige Meldungen wie „Fischöl schützt doch nicht vor Herz-Kreislauf-Komplikationen“ oder „Ungesättigte Fettsäuren im Fisch sind gar nicht gesund“. Tja, was stimmt denn nun? Warum sollen Omega-3-Fettsäuren überhaupt wichtig für die Gesundheit sein? Und warum ist das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 wichtig? Und worauf sollte man beim Kauf von Omega-3 als Nahrungsergänzungsmittel achten? Fragen über Fragen, PhytoDoc hat zu diesem Thema Dr. Volker Schmiedel befragt, Chefarzt der Inneren Abteilung der Habichtswald-Klink in Kassel und Herausgeber des „Leitfaden Naturheilkunde“ sowie Autor des „Quickstart Nährstofftherapie“.

Frage: Wieso sind Fette und insbesondere Omega-3-Fettsäuren wichtig für die Gesundheit?

Zunächst einmal sind bestimmte Fettsäuren essentiell, das heißt, sie müssen mit der Ernährung aufgenommen werden. Die essentiellen Fettsäuren haben wichtige Aufgaben, insbesondere als Ausgangspunkt für bestimmte Hormonstoffe, die die Entzündungsprozesse im Körper steuern. Dazu sind die essentiellen Fettsäuren Bestandteile der Zellmembran, was für die Funktionsweise, zum Beispiel im Gehirn, Auge und Nervensystem eine Bedeutung hat.

Die Omega-3-Fettsäuren sind bei fast allen Krankheiten von Allergien bis Zuckerkrankheit hilfreich. Sie wirken antidepressiv, antientzündlich, senken den Blutdruck, die Triglyceride, schützen vor tödlichen Herzrhythmusstörungen, vor Demenz und vor Krebs – um nur einige Beispiele zu nennen.

Frage: Wie gut ist die Bevölkerung mit Omega-3 versorgt? Wie sollte ein idealer Omega-3-Index aussehen? Was hat es mit dem viel zitierten Verhältnis von Omega-6/ Omega-3-Fettsäuren auf sich?

Leider gibt es in der deutschen Diät zu wenig Fische und Fischprodukte. Blutmessungen zeigen einen durchschnittlichen Omega-3-Index von ca. 5,5 % (=Spiegel von marinen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA im Körper), während ein Omega-3-index von über 8 % empfehlenswert wäre. Der Omega-3-Index ist vor allem ein wichtiger Faktor bei Herzkrankheiten. Bei einem Index von über 8 % gab es in Studien 80-90 % weniger Herztodesfälle als bei einem Index von weniger als 4 %.

Omega-3 ist aber nicht die einzige essentielle Fettsäure, auch Omega-6-Fettsäuren werden nur über die Ernährung aufgenommen. Dennoch konsumieren wir generell deutlich zu viele Omega-6-Fettsäuren, deren wichtigsten Quellen industrielle Fleischprodukte und verarbeitete Nahrungsmittel inkl. Junk Food sind. Das Omega-6/3-Verhältnis (gemessen am Verhältnis Omega-6-Arachidonsäure zu Omega-3-Eicosapentaensäure) ist für das Entzündungsniveau im Körper von entscheidender Bedeutung. Bei chronischen Entzündungen sollte ein Verhältnis von unter 2,5 angestrebt werden. In der älteren Normalbevölkerung sehe ich meist Quotienten von 10-15, bei Kindern und jungen Erwachsenen meist 20-30 und in Einzelfällen bei schwer Kranken (z.B. aktives Rheuma, Multiple Sklerose, Neurodermitis, ADS/ADHS) nicht selten auch Werte über 40 – so gut ist die Bevölkerung und vor allem so schlecht sind Kranke mit Omega-3 versorgt, wenn Fischstäbchen aus Seelachs (sehr niedrige Omega-3-Konzentation) einmal pro Woche praktisch die einzige Omega-3-Quelle darstellen.

Frage: Welche Ernährung empfehlen Sie? Was sind denn gute Omega-3-Quellen?

Jeder Mensch tut sich etwas Gutes, wenn er mindestens drei Mahlzeiten mit fettem Kaltwasserfisch (z.B. Hering, Lachs, Makrele, Thunfisch) pro Woche in seine Ernährung einbaut. Wenn er dies aus Geschmacksgründen nicht kann, sollte er täglich natürliches Fischöl (keine Konzentrate) als Nahrungsergänzung einnehmen. Meine Erfahrung besagt, dass im Regelfall die richtige Dosierung gut 2 g Omega-3 (EPA DHA) pro Tag beträgt.

Wenn jemand an Krankheiten leidet, die mit einem Mangel an Omega-3 zusammenhängen, oder ein hohes Risiko hierfür aufweist (z.B. viele Herzinfarkte, Schlaganfälle, Krebs oder Autoimmunerkrankungen in der Familie) würde ich unbedingt eine Messung des Fettsäureprofils empfehlen und dann einen Omega-3-Index von über 8 % und/oder ein Omega-6/3-Verhältnis von unter 2,5 anstreben. Das ist dann in der Regel mit der Ernährung allein kaum noch erreichbar. Hierfür bedarf es dann fast immer Ergänzungen.

Frage: Es reicht also nicht aus, wenn ich täglich einen Esslöffel Leinöl zu mir nehme? Da ist doch auch viel Omega-3 drin?

Leinöl beinhaltet über 50 % Omega-3 Alpha-Linolensäure (ALA) und gilt als eine gute Omega-3 Quelle. Auch ich empfehle generell den Konsum von Leinöl. Dennoch beinhaltet Leinöl nicht die wichtigen „marinen“ Omega-3 Fettsäuren EPA und DHA und die körpereigene Umwandlungsmöglichkeit von ALA in EPA und DHA ist eher beschränkt. Somit bleiben der Konsum von Fisch oder natürliches Fischöl als Nahrungsergänzung die wichtigsten Quellen für Omega-3.

Frage: Was haben Sie für Erfahrungen mit Patienten in der Habichtswald-Klinik gemacht?

Kein Patient hat den niedrigen Omega-6/3-Quotienten, den ich nach der Studienlage für seine Krankheit für optimal halte. Mehr noch, die meisten Kranken sind sogar vom nicht optimalen „Normalwert“ noch weit entfernt, kein Wunder, dass sie Neurodermitis, Hashimoto oder einen Apoplex bekommen haben. Manche Patienten wissen schon aus der Presse um die Bedeutung von Omega-3 bei ihrer Krankheit und sind stolz darauf, ein bis drei Fischölkapseln täglich zu schlucken. Meine Messungen zeigen allerdings, dass diese Dosierungen durchweg unzureichend sind.

Frage: Ab welcher täglichen Menge Omega-3 besteht denn ein therapeutischer Nutzen?

Hier gilt tatsächlich die Maxime: Viel hilft viel! Eine Kapsel ist nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. In der Prävention reichen meist ein bis zwei Gramm EPA DHA aus, in der Therapie benötigen wir hingegen meist zwei bis vier Gramm. Das entspricht einem TL bis einem EL bzw. ein bis zwei EL reinem Fischöl oder 6 bis 12 bzw. 12 bis 24 handelsüblicher Omega-3-Kapseln mit je 500 mg Fischöl.

Frage: Das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) mit Omega-3-Fettsäuren ist schier unüberschaubar. Worauf sollte man beim Kauf achten?

Das ist ganz einfach: Sie müssen nur auf Qualität, Quantität (siehe vorherige Frage) und Preis achten. Die Qualität kann mit einem einfachen Geschmackstest überprüft werden. Beißen Sie auf die Kapsel und das schmeckt ranzig oder Sie stoßen nach dem Genuss mehrerer Kapseln unangenehm fischig auf, dann können Sie nicht von einer guten Qualität ausgehen. Hoch konzentrierte oder veresterte Fischölpräparate haben möglicherweise auch nicht mehr dieselben Wirkungen wie natürliches Fischöl.

Frage: Jetzt haben wir so viel Positives über Omega-3 gehört. Gibt es denn auch handfeste Belege, dass ein Omega-6/3-Verhältnis von 3:1 tatsächlich gut für die Gesundheit ist?

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von epidemiologischen, aber auch schon einige interventionelle Studien, die belegen, dass ein niedriges Omega-6/3- Verhältnis nicht nur Laborparameter wie Triglyceride, HDL und CRP, sondern auch Blutdruck und Rhythmusstörungen positiv beeinflusst. Auch klinisches Outcome wie Depressionsscores bei psychischen Erkrankungen oder Fatigue bei Krebs konnte verbessert werden. Selbst bei harten Endpunkten wie Todesfälle bei Herzpatienten konnten signifikante Unterschiede zwischen guter und schlechter Versorgung mit Omega-3 gefunden werden.

Frage: Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die derzeit kursierenden Aussagen, dass Omega-3-Säuren nicht kardioprotektiv wirken bzw. sogar ungesund sein sollen?

Die negativen Studien haben mich methodologisch durchweg nicht überzeugt. Teilweise werden Studienergebnisse unkorrekt wiedergegeben oder nicht richtig interpretiert. In Einzelfällen kommt es sogar zu regelrechten Studienfälschungen. So behauptete der „Spiegel“ in seiner Ausgabe 14/2006 dass Omega-3-Fettsäuren nicht besser als Schweineschmalz seien. Grundlage hierfür war eine Meta-Analyse englischer Wissenschaftler, die herausgefunden haben sollen, dass unter Omega-3 mehr Todesfälle als unter Placebo aufgetreten seien. Ich habe mir daraufhin die Arbeit im Original angeschaut und fand, dass die Meta-Analyse unter Omega-3 ein 5 % niedrigeres Herzinfarktrisiko und sogar ein 13 % niedrigeres Risiko für die Gesamtmortalität ergab. Das war statistisch nicht signifikant gewesen, aber immerhin gab es eine Tendenz zu weniger Krankheit und Tod und nicht umgekehrt. Ich habe daraufhin den „Spiegel“ der Studienfälschung bezichtigt und warte immer noch auf eine Anklage, würde dem Prozess aber sehr gelassen entgegensehen, da der „Spiegel“ bestimmt nicht möchte, dass seine Studienfälschung justitiabel und als Urteil publiziert wird.

Frage: Gibt es auch Kontraindikationen oder sind Nebenwirkungen bekannt, wenn ich Omega-3 zusätzlich als NEM zu mir nehme?

Wenn Fettverdauungsstörungen bestehen, kann eine zusätzliche Aufnahme von Fett natürlich Beschwerden bereiten. Dann sollte versucht werden, die Ursache (z.B. Gallendysfunktion oder Pankreasinsuffizienz) herauszufinden und optimal zu behandeln. Wenn Gerinnungsstörungen bestehen oder Gerinnungshemmer eingenommen werden, ist die Gefahr von Blutungen oder von Hämatomen erhöht. Bei Einnahme von ASS 100 passiert in der Regel nichts, aber bei Einnahme zweier Gerinnungshemmer z.B. nach Stent, bei Therapie mit oralen Antikoagulantien oder bei parenteraler Heparintherapie sollte die Therapie von einem Arzt gesteuert werden, der sich mit der Blutgerinnung gut auskennt. Omega-3 hat qualitativ eine thrombozytenaggregationshemmende Wirkung wie ASS. Das sind die Hauptnebenwirkungen, die es zu beachten gilt.

Frage: Eine ketzerische Frage zum Schluss: Wenn der Steinzeitmensch so gesund gelebt hat (Omega-6/3-Verhältnis lag bei 1:1), warum sind die dann trotzdem so jung gestorben?

Nun ja, immerhin sind sie nicht an Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs gestorben. Wenn ich mir die Wirkungen von Omega-3 anschaue, dann ist es ja geradezu ein Wundermittel bei fast allen Erkrankungen. Leider schützt es aber nicht vor den Zähnen des Säbelzahntigers, den Stoßzähnen des Wollhaarmammuts und auch bei bakteriellen Wundinfektionen bringt ein guter Omega-6/3-Quotient keinen Nutzen. Und in langen Wintern, Kälte- oder Dürreperioden hatten unsere Vorfahren eben für lange Zeit gar nichts zu beißen. Da hilft es auch nicht, dass das Fleisch und die Kräuter, die sie gegessen hätten, wenn sie denn da gewesen wären, einen guten Gehalt an Omega-3 gehabt hätten. Vor den Haupttodesursachen der Steinzeit (Infektionen, Verletzungen und Verhungern) schützte Omega-3 leider nicht – vor den heutigen aber schon. Und da Eiszeiten, Säbelzahntiger und Mammuts bei uns heute eher selten sind, haben wir bei guter Omega-3-Versorgung eine wirklich gute Chance auf ein langes Leben mit körperlicher und geistiger Gesundheit!

PhytoDoc bedankt sich herzlich für das Gespräch. Das Interview führte Corinna Heyer.

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