Botanik: Aussehen und Verbreitung
Aussehen: gelbe Kerzen
Der Kleine Odermennig gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae ) und zählt zu den berühmten Heilpflanzen der Vergangenheit, darum sollte man sie kennen. Die mehrjährige krautige Heilpflanze hat einen aufrechten, bis zu 1 m hohen Stängel. Der traubige Blütenstand (Blüten sind also kurz gestielt) erinnert im Erscheinungsbild an eine Königskerze .
Die Blätter sind unterbrochen gefiedert
© C. Heyer/PhytoDoc
Aber der zweite Blick fällt auf die gefiederten und gezähnten Blätter und macht den Unterschied klar. Ganz typisch auch die klettenartigen Samen. Sie kleben an der Kleidung und werden auch durch Tiere verbreitet. Wer im Juni bis August die Augen aufhält, findet die blühende Pflanze eventuell an Wegrändern oder zwischen lockerem Gebüsch.
Herkunft und Verbreitung
Die Gattung Agrimonia ist in Europa und Asien zu Hause. Den Kleinen Odermennig triff man also von Nordeuropa bis Nordafrika im Süden und Klein/Mittelasien im Osten. Die bei uns verwendete Ware stammt vorwiegend aus Wildbeständen in Osteuropa. Auch wird er schon gezielt angebaut. In einem ganz ähnlichen Gebiet findet man den Wohlriechenden oder Großen Odermennig (A. procera ). Von Europa noch viel weiter östlich von Nord bis Südasien erstreckt sich das Verbreitungsgebiet des Chinesischen Odermennigs (auch Behaarter O., A. pilosa ).
Spitzname „Sängerkraut“
Das Odermennigkraut war beliebt bei Sängern und Rednern, denn es hilft bei stark beanspruchter Stimme und Entzündungen in Rachen und Hals. Die Liste der traditionellen Namen ist beachtlich lang und amüsant zu lesen. "Leberklette" verbindet die Wirkung auf die Leber und die klettenartigen Früchte. „Königskraut“ erinnert an die Ähnlichkeit mit der Königskerze. „Heil aller Welt“ und "König aller Kräuter" zeigt ganz deutlich, dass man eine ganze Menge von der Heilpflanze erwartete. Auch beim aktuellen deutschen Namen ist man sich nicht einig und so läuft die Pflanze unter mehreren Bezeichnungen: Gewöhnlicher, Gemeiner, Kleiner Odermennig oder Ackerkraut.
Odermennig, Agrigomina eupatoria: Woher kommen die Namen?
Der Gattungsname Agrimonia leitet sich wahrscheinlich vom griechischen agros (Feld) und moné (Wohnort) ab, was sich auf den Standort der Wildpflanze bezieht. Der Artname eupatoria nimmt Bezug auf König Mithridates Eupator von Pontos (124 v. Chr.), dessen Arzt ihm den Odermennig als sogenanntes Mithridat (also Schutz gegen Vergiftungsversuche) verordnete. Die deutsche Bezeichnung Odermennig ist eine Umbildung aus dem lateinischen Agrimonia.
Odermennig als Mithridatikum
Mithridate bezeichnen Arzneimittel, die als Gegengifte fungieren. Der Name bezieht sich auf Mithridates VI Eupator, der im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung König von Pontos (Kleinasien) war und ein ausgeprägtes Interesse an Botanik, Pharmakologie sowie der Vermeidung einer Vergiftung durch politische Feinde hatte. Mit seinem Leibarzt entwickelte er ein Gemisch, welches eine bereits bestehende Kräutermixtur aus Anis , Fenchelsamen und Kümmel auf 54 Zutaten erweiterte – darunter auch der Odermennig. Diese Mixtur fungierte als Antidot und ging als Mithridatikum in die Geschichte ein.
Durch seine Begeisterung für die Pflanze und ihre Wirkung bekam sie seinen Beinamen: Agrimonia eupatoria . "Eupator" bedeutet so viel wie "von einem vornehmenden/edlen Vater abstammend".
Was wird vom Odermennig verwendet?
Zur Blütezeit sammelt man die oberirdischen Teile (Kraut –Agrimoniae herba ). Die Ernte erfolgt kurz vor oder während der Blütezeit von Juni bis August. Die Pflanze wird anschließend an der Luft oder unter künstlicher Wärmezufuhr (<40°C) getrocknet. Für die pharmakologische Wirkung wird das Kraut klein geschnitten oder pulverisiert. Die verwendete Ware stammt vorwiegend aus Wildbeständen in Osteuropa.
Heilwirkung von Odermennig
Odermennig wirkt „abtrocknend“
Wichtige Inhaltsstoffe des Odermennigs sind die zusammenziehenden Gerbstoffe (Polyphenol e aus der Gruppe der Catechine und Gallotannine). Wie viele andere gerbstoffhaltige Heilpflanzen wird Odermennig bei äußerlichen Verletzungen, insbesondere zur Blutstillung, verwendet. Die Gerbstoffe schließen die Oberfläche ab und trocknen sie aus. Dabei haben Sie noch einen sehr günstigen Nebeneffekt. Diese adstringierend en Stoffe sorgen auch für die antivirale und deutliche antibakterielle Aktivität von Odermennig-Extrakt en. Dieser Umstand wird durch Laborversuche gestützt. Kompressen und Spülungen der Haut sollen darüber hinaus das Abheilen leichterer Wunden oder Hautentzündungen beschleunigen.
Odermennig für die Schleimhaut
Aber nicht nur bei äußerlicher Anwendung entfalten die Inhaltsstoffe ihre Wirkung, sie können genauso gut innerlich eingesetzt werden. Angriffsziel sind dann die Schleimhäute. Bei Schleimhautentzündungen im Mund oder dem Rachen kann man mit der Abkochung spülen und gurgeln. Dabei nimmt man die Wirkung am pelzigen Gefühl auf der Zunge wahr. Genau das ist gemeint mit der Eigenschaft „abtrocknend“. Die Gerbstoffe vernetzen die Oberflächenproteine der Schleimhaut. Was zurück bleibt, ist eine verdichtete und schützende Schicht. Typische Anwendung sind alle Beschwerden in Mund, Rachen und Hals sowie Zahnfleischentzündung, Mundsoor oder Aphthen .
Zum Trinken eignet sich der weniger konzentrierte Odermennigtee bei leichterem akutem Durchfall. Der Überlieferung nach soll er auch den Darm entspannen. Auch bei Hämorrhoiden ist eine Waschung mit dem Sud sinnvoll. Und noch eine Wirkung hat der Odermennig im Darm: Das „Agrimophol“ aus dem Chinesischen Odermennig setzt Darmwürmer schachmatt.
Odermennig als Blasentee fraglich
Die Überlieferung schreibt dem Odermennig eine harntreibende Wirkung zu. Möglich wäre es, denn Polyphenol e haben häufig eine diuretische Wirkung. Damit sind die Indikation Blasenentzündung/Harnwegsinfekte /Nierengries durchaus nicht falsch, wenn auch wissenschaftliche Belege dieser traditionellen Anwendung fehlen. Ebenfalls unklar, ob Odermennig Harninkontinenz lindert. In der Erfahrungsheilkunde gilt Odermennig als Mittel gegen Bettnässen.
Traditionelle Anwendungen: Leber- und Gallenleiden
Zu den in vielen Ländern verbreiteten Anwendungsgebieten des Odermennigs zählen Leberkrankheiten und Galle nstauungen. Wenn es auch keine Untersuchungen am Menschen gibt, beschreibt eine koreanische Arbeitsgruppe eine schützende Wirkung auf die Leber von Versuchstieren. Sie wurde durch chronischen Alkohol geschädigt. Dabei scheint die antientzündliche sowie die antioxidativ e Wirkung unterstützend zu wirken.
Experimentell: Odermennig fängt Radikale
Oxidative Vorgänge durch reaktive Sauerstoff-Spezies („ROS“) sind im Körper an vielen Gewebeschäden und Alterungsprozessen oder degenerativen Erkrankungen beteiligt (Nervenerkrankungen, Krebs, Katarakt , Diabetes…). Oxidativer Stress entsteht auch durch fatale Nebenwirkungen von chronischen Entzündungen . Außerordentlich viele Heilpflanzen haben antioxidativ e Nebenwirkungen, Odermennig ist hier keine Ausnahme. Dennoch schlägt der Odermennig - mit seinen hohen Konzentrationen an Polyphenol en - im Wettbewerb die Artischocke .
Die „Polyphenol e“ des Odermennigs gehören zu den typischen antioxidativ en Verbindungen. Diese Stoffe fangen gefährliche Radikale ab und entschärfen sie. Dabei schützt der Extrakt , zumindest im Tierversuch, die Leber und die Nerven im Gehirn vor Schäden. Und noch eine positive Botschaft gibt es: Sogar nach regelmäßigem Teegenuss ließ sich der antioxidativ e Effekt im Blut nachweisen (2 x 200 ml Tee, 30 Tage).
Tierversuch: Odermennig senkt Blutzucker
Beginnt die Zuckerkrankheit (Diabetes Typ 2) muss die Bauchspeicheldrüse immer mehr arbeiten, um gegen die Insulin resistenz anzukämpfen. Odermennig wurde nach Tierversuchen mit dem Prädikat „insulin-artige Wirkung" belegt. Dabei stärkt er nicht nur die Funktion der Bauchspeicheldrüse. Der Extrakt aus Odermennig sorgt dafür, dass weniger Glukose ins Blut kommt: Er bremst nämlich den Abbau von Stärke zu kleineren Bausteinen (α-Glucosidase-Hemmung im Dünndarm). Die Kohlenhydrate werden so weniger schnell verdaut. Zumindest im Tierversuch flutet dann der Blutzuckerspiegel weniger schnell an. Zusätzlich hilft die antioxidativ e Wirkung den oxidativen Stress durch die Zuckerkrankheit zu mildern.
Im Übrigen: Der Traditionellen Chinesischen Medizin ist der ansässige Behaarte Odermennig (Agrimonia pilosa ) als Mittel gegen Diabetes wohl bekannt. Offizielle Tests am Menschen gibt es nicht.
Auch die Linderung der Beschwerden bei Rheuma , Arthritis und Galle nblasenproblemen wurde bisher nicht näher untersucht.
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen Odermennig gesichert helfen kann
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen Odermennig aus Erfahrung helfen kann
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen von Odermennig
Zu Nebenwirkungen und Gegenanzeigen des Odermennigs liegen keine Informationen vor. Die systematischen Überprüfungen zur Pharmakologie und Giftigkeit sind nur sehr lückenhaft. Bisher wurden keine negativen Effekte gemeldet.
Sollte die Durchfall erkrankung und andere Beschwerden länger als 3 Tage anhalten, sollte man einen Arzt aufsuchen.
Diabetiker sollten bei Einnahme von Odermennig den Blutzuckerwert engmaschig kontrollieren. Es könnte sein, dass der Zuckerspiegel unvorhergesehen stark sinkt.
Über die Einnahme in der Schwangerschaft oder Stillzeit liegen keine Daten vor.
Medikamente sollen nicht gleichzeitig eingenommen werden, da die Gerbstoffe möglicherweise die Aufnahme stören.
Praktische Anwendung: Produkte & Hausmittel
Odermennig wird meist als Tee angeboten, wegen der schwachen Wirkung kann er auch mit anderen Heilpflanzen gemischt werden wie mit Gänsefingerkraut , Kamille oder Heidelbeeren . Standardisierte Fertigarzneimittel als pflanzliches Medikament gibt es nicht, wohl aber werden im Internet verschiedene Tabletten oder homöopathische Urtinkturen sowie homöopathische Komplexmittel angeboten. Ihre Anwendung sollte von Fachpersonal erläutert werden.
Hausmittel und Rezepte
Anwendung als Tee
Wer den Tee selber machen möchte, nimmt pro Aufguss 1,5 g der Blätter und übergießt sie mit kochendem Wasser. Nach 10 Minuten abseihen. Tagesgesamtdosis für einen Erwachsenen entspricht 3-12 g Kraut und für Kinder (10-16 Jahre) 3-6 g. Da Untersuchungen fehlen, wird die Anwendung für Kinder unter 12 Jahren nicht empfohlen. Bei Bedarf 2-3 mal täglich eine Tasse trinken.
Umschläge und Gurgeln:
Für diese Anwendungen darf die Konzentration deutlich höher sein als für die innerliche Behandlung. Man kann bis zu 10 g Kraut in 100 ml kaltem Wasser ansetzen und kurz aufkochen. Dann lässt man den Sud 10 Minuten erkalten und seiht ab. Einen Lappen tränken und mehrfach auf die entzündeten Hautstellen legen. Bei Halsschmerzen oder entzündetem Mund- und Rachenraum empfiehlt sich mehrmaliges Gurgeln mit dem noch warmen Sud. Wer den Tee nach dem Gurgeln schlucken möchte, nimmt das obige Rezept.
Die andere Seite von Odermennig: Bachblüte Nr. 1
„Berühmt“ geworden ist der Odermennig auch bei den Bachblüten, einer Spielart der Homöopathie. In erster Linie behandeln Bachblüten Symptome des Gemüts. Die „Schwingungen der Pflanze“ sollen es richten. Odermennig wird konfliktscheuen Menschen empfohlen . Das Mittel soll dazu beitragen Probleme anzusprechen und Streitigkeiten offen und ehrlich auszutragen. Was letztendlich den Umschwung bringt, könnte auch die pure Erkenntnis über die charakterliche Neigung sein... So einfach klärt Odermennig Probleme!
Wirkstoffe des Odermennigs
Gerbstoffe , insbesondere Catechingerbstoffe, weniger Gallotannine, AgrimoniinPolysaccharid e (20 %)Triterpene Flavonoid e (Glucoside von Luteolin und Apigenin)ätherisches Öl (A. procera )
Der Chinesische Odermennig Agrimonia pilosa enthält zusätzlich noch Agrimophol (Polymer der Gallussäure).