Ihr Portal für Gesundheit,
Naturheilkunde und Heilpflanzen

natürlich gesund

Andorn: Arzneipflanze des Jahres 2018

Die Blätter des Andorn sind filzig behaart.
© Wikipedia

Gegen Husten, Verdauungsbeschwerden und Hexen

Der Andorn hat als Heilpflanze eine weit zurückreichende Anwendungstradition. Wir haben für Sie nachgeforscht, was das Heilkraut genau kann.

Von: Heidemarie Wolter

Von: Heidemarie Wolter, Diplom-Biologin

Dieser Artikel basiert auf der phytotherapeutischen Fachliteratur und wurde vom Heilpflanzen-Experten Prof. Dr. Michael Wink fachlich geprüft.

Quellen ansehen >

Andorn: Das Wichtigste im Überblick

Der Andorn (Marrubium vulgare L.) ist heutzutage als Heilpflanze fast ein wenig in Vergessenheit geraten. Doch die Arzneipflanze des Jahres 2018 hat einiges „drauf“: Bereits Dioskurides schrieb: „…führt auch den Schleim aus der Brust…“, Paracelsus nannte das Heilkraut den „Arzt der Lunge“ und auch in den Schriften der Hildegard von Bingen taucht der Andorn unter dieser Indikation auf [1, 2].

Was wird verwendet?

Verwendung findet der obere Teil des Andornkrauts.

Wirkung und Anwendung

Heutzutage wird diese Heilpflanze immer noch vornehmlich bei Atemwegserkrankungen eingesetzt. Außerdem findet sie wegen ihres hohen Anteils an Bitterstoffen auch bei Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden Anwendung. [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8].

Gibt es Nebenwirkungen?

Andorn ist als Arzneipflanze sehr gut verträglich und besitzt keine Nebenwirkungen.

Produkte mit Andorn

Verwendet wird er als Extrakt oder getrocknet als Tee.

Das war's in aller Kürze: Zu vertiefenden Informationen gelangen Sie über das Inhaltsverzeichnis.

Wobei hilft Andorn?

Aufgrund seiner expektorierenden Eigenschaften wird der Andorn vornehmlich bei Atemwegserkrankungen wie trockenem Husten, Katarrhen der Luftwege und akuter und chronischer Bronchitis eingesetzt. Diese Wirksamkeit wird zudem durch seine spasmolytischen, analgetischen und gefäßrelaxierenden Eigenschaften unterstützt. Diese Eigenschaften kommen ebenfalls bei Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden wie Blähungen und Völlegefühl zum Einsatz, wobei die in der Heilpflanze enthaltenen Bitterstoffe diese Wirkungen zudem unterstützen [1, 2, 4, 5, 6, 7]

Diese Indikationen werden auch durch die positiven Monografien von HMPC, PhEur7 und der Kommission E bestätigt.

Zudem wird der Andorn in der Volksheilkunde auch als Gurgelmittel bei Mund- und Halsentzündungen eingesetzt, sowie aufgrund seines hohen Gerbstoffgehalts bei Haut- und Schleimhautentzündungen, Geschwüren und Wunden [1, 6].

Diese Indikationen konnten in klinischen Studien bislang jedoch noch nicht ausreichend belegt werden.

Alle Anwendungen im Überblick, sortiert nach Wirksamkeit

Hinweis: die möglichen Anwendungsgebiete (Indikationen) sind zwei verschiedenen Kategorien zugeordnet, je nach Studienlage.

Eine ausführliche Definition erhalten Sie, wenn Sie mit der Maus über die jeweiligen Blätter fahren.

Gesicherte Wirksamkeit
Wirksamkeit laut Erfahrungsheilkunde
  • Mund- und Halsentzündungen
  • Entzündungen der Haut (Ekzem) und Schleimhaut
  • Geschwüre
  • Wunden
  • Amenorrhöe

Botanik: Aussehen und Verbreitung

Detaillierte Zeichnung des schwedischen Botanikers Carl Axel Magnus Lindman von Andorn.
© Dr. Gerhard Keuck

Der Gemeine Andorn ist eine mehrjährige Staude, welche ca. 60 cm hoch wird. Der Stängel ist, wie bei allen Lamiaceen, 4-kantig, an welchem die ca. 2 bis 4 cm langen, rundlichen bis eiförmig-elliptischen Blätter kreuzgegenständig angeordnet sind. Die Blattunterseite ist filzig behaart. Typisch für die Blattoberseite ist das tiefe Nervennetz.

Die weißen Blüten stehen, in Scheinquirlen angeordnet, dicht an dicht in den Blattachseln. Blütezeit ist Juni bis August. Anschließend entwickeln sich die bis zu 2 mm langen, graubraunen Nüsschen [1, 3, 6].

Verbreitung

Andorn stammt ursprünglich aus Südeuropa. Heutzutage kommt er jedoch in ganz Europa vor und ist auf Schuttplätzen, mageren Wiesen und an Hecken und Zäunen zu finden [1, 3, 6]. Die Gattung Marrubium umfasst rund 40 Arten und ist vor allem eurasisch und nordafrikanisch verbreitet.

Namensherkunft

Die Herkunft des Namens Marrubium ist nicht abschließend geklärt. Jedoch könnte er auf die in der Pflanze in großen Mengen enthaltenen Bitterstoffe hinweisen (mar: hebräisch = bitter; rob: hebräisch = viel Saft). Diese These wird durch die Tatsache unterstützt, dass Andorn eines der bittersten Kräuter ist, die beim jüdischen Pessachfest gegessen werden [1, 2].

Gewinnung

Sobald sich die Blüten voll entfaltet haben, wird der obere Pflanzenteil (das blühende Kraut) geerntet und entweder frisch verwendet oder schonend getrocknet [6].

Um Mitternacht gepflückt, haben Hexen keine Chance

Im Mittelalter sprach man dem Andorn hexenvertreibende Wirkungen zu. Jedoch gab es dabei einiges zu beachten: Um erfolgreich Hexen vertreiben zu können, musste die Pflanze um Mitternacht auf einem Friedhof gepflückt werden [1].


Heilwirkung von Andorn

Für Darm und Lunge

Die enthaltenen Diterpen-Bitterstoffe der Pflanze bewirken eine Steigerung der Magensaft- und Gallensäureproduktion und helfen bei Appetitlosigkeit, Magenproblemen und dyspeptischen Beschwerden, z.B. Blähungen und Völlegefühl [1, 2, 4, 5, 6, 7, 8].

Dem Diterpen Marrubiin wird außerdem eine expektorierende Funktion zugeschrieben, da es vermutlich (wie auch andere Bitterstoffe) die Wassersekretion in der Bronchialschleimhaut auf indirektem Weg durch eine Nervenreizung im Magen anregt [6]. Diesen Wirkmechanismus erläutert Prof. Wink, Direktor für Pharmazeutische Biologie an der Uni Heidelberg, folgendermaßen: "Einer unserer parasympatischen Nerven, die auf bittere Substanzen reagieren, ist der Nervus vagus. Er hat im Magen seine Rezeptoren. Wird dieser Nerv im Magen durch Bitterstoffe sehr stark gereizt, wird ein Brechreiz ausgelöst. Unterhalb der Brechschwelle führt die Nervenreizung dazu, dass es in der Lunge zu einer vermehrten Waserausscheidung kommt. Dieses Wasser verflüssigt den Schleim, so dass dieser leichter ausgehustet werden kann." Deswegen findet der Andorn vornehmlich bei Atemwegserkrankungen, z.B. akuter und chronischer Bronchitis, Anwendung [1, 2, 4, 5, 6, 7, 8].

Allrounder Marrubiin

Den Wirkstoffen Marrubiin und Marrubenol werden spasmolytische, analgetische und gefäßrelaxierende Wirkungen zugesprochen [1]. Außerdem weisen mehrere experimentelle Arbeiten den Wirkstoff Marrubiin auch als antinozizeptiv aus [4]. Aus diesem Grund ist auch eine Anwendung des Andorns bei leichten krampfartigen Magen-, Galle- und Darmstörungen plausibel [1].

Gutes durch Gerbstoffe

Durch seinen hohen Gerbstoffgehalt ist der Andorn auch ein wirksames Mittel gegen Diarrhöen unterschiedlichster Genese. In der Volksheilkunde wird das Heilkraut außerdem, aufgrund des hohen Gerbstoffgehalts, auch bei Haut- und Schleimhautentzündungen, Geschwüren und Wunden eingesetzt, da Gerbstoffe antimikrobiell und entzündungshemmend wirken [1, 6].

Nebenwirkungen von Andorn

Nebenwirkungen: Nicht bekannt.

Wechselwirkungen: Nicht bekannt.


Praktische Anwendung: Produkte & Hausmittel

Produkte aus der Apotheke

Die Wirkstoffe des Andorn gibt es als Frischpflanzenpresssaft oder als hochkonzentriertes Andornkraut-Fluidextrakt (MARRUBIN® Andorn-Bronchialtropfen). Vom Presssaft werden als allgemeine Empfehlung täglich 2 bis 6 Esslöffel eingenommen [5]; die exakte Dosierung für den Presssaft von Schoenenberger lautet: 3 Mal 15 Milliliter täglich.

Für den Andornkraut-Fluidextrakt ist die übliche Dosis für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene 3 Mal täglich 40 Tropfen (Tagesgesamtdosis 120 Tropfen).

Hausmittel: Andorntee

Auch ist das Andornkraut als getrocknete Droge zur Zubereitung als Tee in Apotheken erhältlich. Dazu 2 Teelöffel des getrockneten Krauts mit ¼ L kochendem Wasser übergießen und 3 bis 5 Minuten ziehen lassen. Dann abseihen. Von diesem Tee können bis zu 5 Tassen täglich getrunken werden [1, 5, 6, 7, 8].

Wirkstoffe von Andorn

  • Diterpen-Bitterstoffe der Labdanreihe: mit Premarrubiin bzw. Marrubiin als Hauptinhaltsstoff (bis zu 1%) und mit einem Bitterwert von 3000 (weitere in der Pflanze enthaltene Diterpene sind z.B. Marrubenol, Peregrinol und Vulganol)

  • Gerbstoffe: 5 - 7 % (Chlorogen-, Kaffee- und Caffeeoylchinasäure)

  • Phenylethanoidderivate: ca. 5 % (u.a. Acetosid, Forsythosid, Arenariosid)

  • Flavon- und Flavonolglycoside: u.a. Quercetin, Luteolin, Apigenin

  • N-haltige Verbindungen: Cholin, Stachydrin, Betonicin

  • Ätherische Öle mit Monoterpenen: 0,05 – 0,06 %, z.B. Camphen, Cymol, Fenchen, Limonen u.a.

Quellen/Weitere Informationen

Quellen
  1. Bäumler S. (2012): Heilpflanzen Praxis heute, Elsevier / Urban & Fischer, München
  2. Bühring U. (2005): Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde, Sonntag-Verlag, Stuttgart
  3. Dingermann T., Hiller K., Schneider G., Zündorf I. (2004): Schneider Arzneidrogen, Elsevier / Spektrum Akademischer Verlag, München
  4. Sticher O., Heilmann J., Zündorf I. (2015): Hänsel/Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart
  5. Schilcher H., Kammerer S., Wegener T. (2010): Leitfaden Phytotherapie, Elsevier / Urban & Fischer, München
  6. van Wyk B.-E., Wink C., Wink M. (2015): Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart
  7. Wichtl M. (2009): Teedrogenbuch und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart
  8. Heilpflanzenwelt Bibliothek: Monographie Marubii Herba Kommision E
x
Bitte deaktivieren Sie Ihren Adblocker!
Um unsere hochwertigen Artikel schreiben und bezahlen zu können, sind wir auf Werbeeinnahmen angewiesen.
Wir zeigen aber keine nervige Werbung und legen Wert auf eine Ausgewogenheit zwischen informativem Text und Werbebannern.
Probieren Sie es aus. Danke und weiterhin viel Erkenntnis beim Surfen auf PhytoDoc!
x