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Gänsefingerkraut: Von der Gänseweide in den Arzneischrank

Gänse-Fingerkraut hilft aufgrund der Gerbstoffe bei Schleimhautproblemen aller Art.
© Joachim - Fotolia.com

Adstringierende Gerbstoffe mit Heilwirkung

Die hervorstechende Eigenschaft des Gänsefingerkrauts sind die adstringierenden Gerbstoffe. Früher hat man die Pflanze zur Lösung der Gerbstoffe in Milch gesotten. Heute bevorzugt man dafür die Zubereitung als Tee.

Von: PhytoDoc-Redaktion

Von: PhytoDoc Redaktionsteam

Dieser Artikel ist eine Gemeinschaftsarbeit des dreiköpfigen Redaktionsteams. Er wurde sorgfältig auf Basis der aktuellen, phytotherapeutischen Fachliteratur erstellt. Dabei obliegt die fachliche Endprüfung dem Heilpflanzen-Experten Prof. Dr. Michael Wink.

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Gänsefingerkraut: Das Wichtigste im Überblick

Das Gänsefingerkraut ist eine heimische Wildpflanze, die verbreitet in Pionierrasen, an Wegen, Ufern und Gänseangern vorkommt. Sie wird traditionell und auch heute noch in der Heilkunde eingesetzt.

Was wird verwendet?

Es wird hauptsächlich das getrocknete Kraut verwendet.

Wirkung und Anwendung

Der wichtigste Wirkstoff des Gänsefingerkrauts sind die Gerbstoffe mit ihrer abschließenden und abtrocknenden Wirkung. Dementsprechend erfolgt die Verwendung bei leichtem Durchfall und Entzündungen von Mund- und Rachenschleimhaut.

Gibt es Nebenwirkungen?

Die Verträglichkeit ist sehr gut, nur bei Reizmagen könnte Gänsefingerkraut problematisch sein.

Produkte mit Gänsefingerkraut

Verwendet wird meist der Tee, es gibt jedoch auch konzentriertere Fertigarzneimittel mit dem Extrakt.

Das war's in aller Kürze: Zu vertiefenden Informationen gelangen Sie über das Inhaltsverzeichnis.

Wobei hilft Gänsefingerkraut?

Anerkannt ist die Wirkung des Gänsefingerkrauts bei Schleimhautproblemen (Mund und Rachenraum), Halsschmerzen und bei leichtem Durchfall. Aufgrund der Gehaltes an Gerbstoffen ist die Wirkung plausibel, klinische Studien gibt es nicht. Traditionell verwendet man die Heilpflanze auch als Krampflöser bei Menstruationskrämpfen.

Alle Anwendungen im Überblick, sortiert nach Wirksamkeit

Hinweis: die möglichen Anwendungsgebiete sind zwei verschiedenen Kategorien zugeordnet, je nach Studienlage.

Eine ausführliche Definition erhalten Sie, wenn Sie mit der Maus über die jeweiligen Blätter fahren.

Wirksamkeit laut Erfahrungsheilkunde

Botanik: Aussehen und Verbreitung

Schöner Stich von Gänsefingerkaut.

Gelbe Blüte mit fünf Kronblättern, schön gefiederte Blätter

Das Gänsefingerkraut (richtige Schreibweise eigentlich Gänse-Fingerkraut) aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) fällt durch seine lebhaft gelben Blüten auf. Besonders für Insektenaugen leuchtet das dunkelgelbe Saftmal am Grund der Blütenblätter. Sie finden dort ausdauernd lange Nektar: Die Blüten bilden sich nämlich von Mai bis September. Sehr dekorativ sehen auch die gefiederten Blätter mit den gesägten Teilblättern aus. Eine seidige Behaarung verleiht den Laubblättern oft einen silbrigen Hauch.

Trittfestes Gänsefingerkraut: wo wächst es?

Das Gänsefingerkraut (alter wissenschaftlicher Name Potentilla anserina, nach neueren molekularsystematischen Erkenntnissen zur Gattung Argentina gestellt) ist in der ganzen nördlichen Halbkugel verbreitet. Mit seinen 10 bis 20 cm Höhe ist die Rosettenpflanze wahrlich kein Riese. Dafür ist sie sehr robust: Gänsefingerkraut ist eine Pionierpflanze und behauptet sich selbst auf viel begangenen Rasenflächen. Die Pflanze ist mit ihren Ausläufern immer unterwegs und bildet Kolonien, am liebsten auf nährstoffreichem Boden. Der lateinische Artname „anserina“ bedeutet so viel wie „gehört zur Gans“, wohl weil das Kraut auf gut gedüngten Weiden gerne zu Gast ist. In alten Werken wird es auch unter den alternativen Namen Gänsefutter, Gänsegarbe und Gänsekraut geführt. Es ist reich an Vitaminen und wird heute ganz modern in Smoothies und Wildkräutersalaten verwendet.

Welche Arten gibt es noch in Deutschland?

Zur Gattung Fingerkräuter „Potentilla“ gehören in Deutschland 23 Arten. Weltweit gibt es rund 400 Mitglieder, darunter auch beliebte Ziersträucher für Gärten oder Parks, wie z.B. das Strauch-Fingerkraut oder Fingerstrauch (Potentilla fruticosa), das hier nicht heimisch ist, aber manchmal verwildert.

Eingang in die Medizin haben wegen der Gerbstoffe mehrere Arten gefunden. Dazu zählt auch die heimische Blutwurz/Tormentille (Potentilla erecta), die zu den wichtigsten Gerbstofflieferanten bei der Behandlung von Durchfall zählt. Man erkennt die Pflanze daran, dass sie vier und nicht fünf gelbe Blütenblätter hat. Insgesamt ist die Pflanze von zarterer Gestalt und hat dreiteilige Blätter. Unverwechselbar auch die Rotfärbung der Schnittfläche am durchgeschnittenen Stängel.

Besteht Verwechslungsgefahr?

Wer das Gänsefingerkraut selber sammeln möchte, sollte sich vor allem die unterbrochen gefiederten Blätter einprägen. Die silbrig-seidene Unterseite der Blättchen ist zusammen mit der charakteristischen Blattform unverwechselbar.

Wer nur nach gelben Blüten Ausschau hält, könnte die Heilpflanze mit anderen Fingerkräutern, der Echten Nelkenwurz oder giftigen Hahnenfußarten verwechseln.

Wenn die Pflanze gerade nicht blüht, mag man sie auch für Odermennig halten. Diese Heilpflanze hat ebenfalls gefiederte Blätter, doch der kerzenförmige, aufrechte Blütenstand ist unverwechselbar. Der Odermennig kriecht nicht und schiebt auch keine Ausläufer.

Welche Pflanzenteile werden verwendet?

Man nutzt überwiegend das getrocknete Kraut der Pflanze, denn die wirksamen Gerbstoffe sind in den Blättern höher konzentriert als in den Wurzeln.

Heilwirkung von Gänsefingerkraut

Prädikat: abtrocknend und adstringierend

Gänsefingerkraut ist reich an Gerbstoffen. Die Pflanze zählt unter den Gerbstoffdrogen aber eher zu den schwachwirksamen Vertretern. Gerbstoffe entziehen der Oberfläche Wasser und trocknen so die Haut oder Schleimhaut ab. Dabei entsteht ein abschließender Überzug, die Ko­­agulationsmembran. Sie dichtet das Gewebe ab, stillt Blutungen, schirmt Reize ab und hemmt Entzündung sowie Sekretion. Krankheitserreger werden bei Kontakt mit Gerbstoffen inaktiviert, das erklärt auch die schwach antimikrobielle Wirkung. Damit steht einer regulären Wundheilung nichts mehr im Weg.

Gänsefingerkraut setzt man erfolgreich bei Schleimhautentzündungen ein, gerade im Mund- und Rachenraum oder blutenden Hämorrhoiden, aber auch innerlich bei Durchfallerkrankungen (auch infektiöser Ursache). Die Volksmedizin nutzt es bei Zahnfleischbluten und Zahnfleischentzündung. Wer das Kraut bei dieser Indikation anwenden will, achtet am besten begleitend auf eine professionelle Zahnfleischsanierung (Parodontitis). 

Bei der Behandlung von schlecht heilenden Wunden mit Gänsefingerkraut ist eine mögliche Infektionsgefahr zu beachten. Ungefährlich gelten Waschungen von geschlossenen Hautentzündungen (Ekzemen) mit dem Sud von Gänsefingerkraut.

Spitzname Krampfkraut: krampflösende Wirkung

In der Überlieferung gilt Gänsefingerkraut als Krampflöser für die Muskulatur innerer Organe („glatte Muskeln“). 

Diese Muskeln sind willentlich nicht steuerbar, so dass man sie auch nicht „bewusst“ entspannen kann. Gänsefingerkraut wird besonders bei schmerzhaften (Bauch-) Krämpfen und Koliken eingesetzt. Das trifft auch zu, wenn es bei der Regelblutung der Frau zu Menstruationskrämpfen (Dysmenorrhö) kommt. Im Tierversuch beobachtet man neben der entspannenden (spasmolytischen) auch eine kräftigende (tonisierende) Wirkung auf die Gebärmutter. Insgesamt wären noch mehr Daten zur Wirkung auf die Muskulatur wünschenswert.

Übrigens setzt auch die Homöopathie Verdünnungen von Gänsefingerkrautextrakt bei Krämpfen/Wadenkrämpfen ein. Ob hier die Wirkstoffmengen für eine konventionelle Wirkung ausreichen, ist wissenschaftlich nicht gesichert.

Nebenwirkungen, Wechselwirkungen & Gegenanzeigen von Gänsefingerkraut

Nebenwirkungen: Gerbstoffe können den Magen belasten.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln sind nicht bekannt. Da Gerbstoffe die Schleimhautoberfläche verändern und auch diverse Wirkstoffe direkt binden können, sollte man Medikamente nicht zusammen mit Gerbstoffen einnehmen.

Gegenanzeigen: Bei Reizmagen könnte Gänsefingerkraut schwer verträglich sein.

Praktische Anwendung: Produkte & Hausmittel

Produkte aus der Apotheke

Konzentrierte Präparate enthalten den Presssaft der Pflanze oder den Trockenextrakt (Dragees, Tinkturen, Tropfen) und sind als Arzneimittel deklariert. Pflanzliche Medikamente gibt es nur als Kombinationspräparate z.B. mit Kamille, Süßholz, Wermut oder Benediktenkraut.

Monopräparate sind als homöopathische Urtinkturen (z.B. Potentilla anserina Ø von Ceres oder DHU) oder geringe Verdünnungen (D1-3) im Handel. Je stärker homöopathische Mittel verdünnt sind, umso weniger ist eine herkömmliche pharmakologische Wirkung zu erwarten.

Beim Gänsefingerkraut verbreitet ist auch die Anwendung als Tee. Wegen der schwachen Wirkung werden oft noch andere Heilpflanzen zugemischt.

Hausmittel & Rezepte mit Gänsefingerkraut

Gänsefingerkrauttee

2 g des Krauts (1 Teelöffel) mit einer Tasse heißem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. Der Tee kann 2-3-mal täglich getrunken werden (Höchstdosis 6 g/Tag). Man kann Aufguss oder Abkochung auch auf der Haut anwenden in Form von Waschungen und Teilbädern. Bei Mund und Rachenerkrankungen empfiehlt sich die Verwendung als Gurgelwasser. Im Intimbereich sind Sitzbäder die geeignete Anwendungsform.

Gänsefingerkraut sammeln und trocknen

Bester Sammelzeitraum ist Mai bis August. Man trocknet das Kraut gut verteilt im luftigen Schatten. Liegt das Kraut sehr dicht, muss man es mehrfach wenden. Wenn die Blätter beim Reiben knistern, ist der richtige Trocknungsgrad erreicht. Man füllt es in Schraubgläser ab oder lagert es in Stoffsäckchen.

Gänsefingerkraut-Tinktur selbst herstellen

Zwar empfiehlt Pfarrer Kneipp, die Heilpflanze gegen Krämpfe in Milch oder fettiger Sahne zu kochen. Heute würde man aber zur Herstellung von gerbstoffhaltigen Präparaten wässrige oder wässrig/alkoholische Auszugsmittel wählen.

Sie brauchen dazu Alkoholika mit 40 % - 70 % Alkohol („Wodka“, Weingeist). Füllen Sie geschnittenes, getrocknetes Gänsefingerkraut bis zu einem Viertel in ein Glas und gießen den Alkohol darüber. Das Glas zuschrauben. Zum Ziehen steht das Gefäß an einem warmen, dunklen Ort. Man sollte es aber regelmäßig schütteln und darauf achten, dass das Kraut stets vollständig bedeckt ist. Nach etwa 3 Wochen wird die braune Flüssigkeit über einen Kaffeefilter gegossen und dann in ein braun getöntes Fläschchen abgefüllt. Kühl und dunkel aufbewahren. Davon etwa einen halben Teelöffel (10-30 Tropfen) 3-mal täglich einnehmen.

Übrigens kann man das Rezept auch mit frischem Kraut anwenden. Früher hat man das Kraut bei Beschwerden der Mundschleimhaut ganz einfach gekaut.

Wirkstoffe von Gänsefingerkraut

  • Gerbstoffe: überwiegend Ellagitannine
  • Flavonoide: Kämpferol und Quercetin, Myricetin, Isorhamnetin
  • Anthocyanidine: Cyanidin und Leucodelphinidin
  • Phenolcarbonsäuren: Ferulasäure, Kaffeesäure
  • Triterpene (Wurzel): Tormentosid
  • Sterine: β -Sitosterol
  • Polyprenole

Quellen/Weitere Informationen

Quellen
  1. Baumann, P.: Homöopathie, homoeopathie-homoeopathisch.de, Stand Februar 2017
  2. Bubenzer, R.H. und Kaden, M.: xxx: BGA Kommission-E-Monographien, Heftnummer: 223., ATC-Code: G02CX., Heilpflanzen Welt, multi MED vision GbR, Homepage, Stand 30.11.1985/13.3.1990
  3. Holl F: Wörterbuch deutscher Pflanzen-Namen. Verlag der Keyser´schen Buchhandlung, Erfurt, 1833
  4. Schilcher, H., Kammerer, S., Wegener, T.: Leitfaden Phytotherapie, 4. Auflage, Nachdruck, Urban & Fischer Verlag, München-Jena, 2010
  5. Van Wyk, B.-E., Wink, C., Wink, M.: Handbuch der Arzneipflanzen, 3. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2015
  6. Wagner, H., Wiesenauer, M.: Phytotherapie, 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2003
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