Diesmal zwickt die Gans im Magen nicht!
Natürliche Verdauungshilfen
Mit unseren Ernährungstricks und pflanzlichen Helfern aus der Natur kann man den Folgen von Weihnachtsgans & Co erfolgreich Paroli bieten.
Von: Eva Pantleon
Feiertage bedeuten Stress
Zumindest für unsere inneren Organe. Denn so lecker sie auch alle sind: der knusprige Gänsebraten, der duftende Marzipanstollen, das Gläschen Eierpunsch, dazu die feinen Nusskipferl von Oma – unsere Verdauungsorgane müssen an den Feiertagen regelmäßig Überstunden machen, um das Übermaß an Fett und Zucker verarbeiten zu können. Und manchmal ist es eben einfach zu viel – und dann sind Trägheit, Oberbauchbeschwerden, Völlegefühl und Blähungen die Quittung. Doch mit ein paar Ernährungstricks und pflanzlichen Helfern aus der Natur kann man den Folgen von Weihnachtsgans & Co erfolgreich Paroli bieten.
Worauf beim Essen achten?
Klar, niemand hat Lust, sich an Weihnachten die Plätzchen vom Munde abzuzählen oder den Gänsebraten als Mikro-Portion zu verspeisen. Dennoch ist das beste Mittel gegen ein post-weihnachtliches Verdauungssyndrom ein sehr schlichtes: aufhören, wenn man satt ist. Eine Portion nährt, die zweite belastet die Organe.
Wichtig sei weiterhin, so Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Mahlzeiten voneinander abzugrenzen und nicht auch noch zwischendurch „alles Mögliche in sich hineinzustopfen“. Also: weihnachtliche Knabberteller besser außer Reichweite stellen – nicht nur wegen der Kinder …
Ferner sollte das Essen über die Tage variieren, rät die Ernährungswissenschaftlerin. Einmal sei ein schweres Gänsebraten-Essen kein Problem. Doch um die Verdauungsorgane zu schonen, solle am darauffolgenden Tag besser etwas Leichtes mit viel Gemüse und Salat folgen.
Auch beim Kochen hat die Expertin ein paar Tipps: zu fetten Braten lieber eine fettarme Beilage wählen - also statt Pommes oder Kroketten lieber gekochte Kartoffeln servieren. Sinnvoll sei es auch, den Braten mit Äpfeln, Nüssen oder Datteln anzureichern - so würden dem Verdauungssystem Ballaststoffe zugeführt. Und: möglichst viel mit Gewürzen kochen – sie enthalten ätherische Öle, welche Verdauung und Gallenfluss anregen. Dies gilt insbesondere für: Ingwer, Kümmel, Majoran, Oregano, Petersilie und Kardamom.
Bitterstoffe nicht vergessen!
In Frankreich, Italien oder der Schweiz ist es eine feste Sitte: der Aperitif - das kleine Gläschen vor dem Essen. Und auch die Briten würden – ob nun gerührt oder geschüttelt – auf ihren trockenen Martini vorm „Dinner“ nur ungern verzichten. Und das mit gutem Grund. Denn ein Martini enthält Wermut und der wiederum jede Menge Bitterstoffe. Und wer sich die vor dem Essen zuführt, bringt schon mal alle Verdauungsorgane in Schwung und bereitet sie auf die kommenden Aufgaben vor. Eine historische Variante hiervon ist der Wermutwein, den schon Hildegard von Bingen zur besseren Verdauung empfahl. Der lässt sich heute fertig in der Apotheke erstehen – oder selber machen. Hier ein Rezept.
Ebenso wirksam ist es, vor dem Essen ein Gläschen Grapefruitsaft zu trinken (das zudem die Leber schont, die bis Neujahr ja noch genug strapaziert wird). Und am besten, aber leider auch am wenigsten schmackhaft: ein Tässchen Tausendgüldenkraut-Tee. Der enthält nämlich die meisten Bitterstoffe. Und die sind es, die bereits über die Geschmacksrezeptoren im Mund eine Reflexkette auslösen – beginnend mit vermehrtem Speichelfluss. Dadurch wiederum werden Signale an Magen, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse gesendet: Achtung, Arbeit im Anmarsch! Und das wirkt sich förderlich auf die Produktion der Verdauungssäfte und damit auf die gesamte Verdauung aus - insbesondere wenn diese Überstunden machen muss.
Lieber Kaffee statt „Verteiler“
Bei uns und in den anderen nördlichen Ländern ist es hingegen eher Sitte, die Bitterstoffe nach dem Essen zuzuführen – etwa in Form eines Magenbitters oder anderen Kräuterschnapses, gern auch „Verteiler“ genannt. Ob dieser seinem Namen Ehre macht, ist allerdings umstritten – ebenso wie die Frage, ob die Wirkung auf den hochprozentigen Alkohol oder die Kräuter zurückzuführen ist.
Die bessere und gesündere Alternative ist in jedem Fall ein schlichter Kaffee oder ein Espresso als Digestif. Auch dieser enthält Bitterstoffe sowie Koffein, und beides regt die Verdauung an. Kombiniert mit einem Spaziergang – sofern der innere weihnachtliche Schweinehund sich dazu überreden lässt – das perfekte Mittel, um das Essen besser rutschen zu lassen.
Was hilft, wenn der Magen drückt?
Was aber, wenn es trotz aller guten Vorsätze des Guten doch zu viel war? Wenn der Magen drückt oder „sauer“ reagiert, der Darm rebelliert? „Gefährdet sind besonders Menschen mit einem empfindlichen Verdauungstrakt“, sagt Professor Gerald Holtmann vom Universitäts-Klinikum Essen. Hier komme es bei sehr fett- und zuckerhaltiger Kost schnell zu Völlegefühl oder Sodbrennen. „Fett setzt bestimmte Hormone frei, die den Darm sensibilisieren“, so der Internist. „Die Weihnachtsgans wird daher nicht von jedem vertragen“.
Altbewährt - die Artischocke
Wer daher bereits damit rechnet, Beschwerden zu bekommen, kann mit einem altbewährten Mittel vorbeugen: der Artischocke. Diese enthält unter anderem Cynarin, welches die Produktion von Gallensaft stimuliert und die Darmbewegung anregt. Außerdem führen die Bitterstoffe der Artischocke zu einer gesteigerten Magensaftsekretion, was den Verdauungsprozess auf sanfte Weise fördert. Das pur gegessene Gemüse zeigt dabei allerdings kaum eine Wirkung. Hilfreich bei Beschwerden sind dagegen Extrakte aus getrockneten oder besser noch aus frischen Artischockenblättern (in Kapseln erhältlich). Diese können – wie klinische Studien belegen – die Fettverdauung sehr erleichtern. Wichtig: Artischocke ist als Tee nicht geeignet, kann aber etwa in Form von alkoholfreien Artischocken-Cocktails auch als Aperitif getrunken werden.
Sollte es nach dem Essen aber trotzdem im Magen zwicken, könnten folgende pflanzliche Mittel helfen:
- Gegen Blähungen: Diese entstehen durch unvollständig verdaute Nahrung. Wirksame Gegenmittel sind unter anderem Anis, Fenchel, Kümmel, Schafgarbe oder Pfefferminze. Ihre ätherischen Öle sind blähungstreibend und entkrampfen die Muskulatur im Darm. So wird der natürliche Ablauf der Verdauung wieder hergestellt. Kümmel lässt sich gut als Gewürz im Essen verwenden, die anderen Kräuter als Tee – dazu jeweils ca. 1 Teelöffel der Droge (oder auch einer Mischung aus mehreren der genannten Kräuter) mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen, ziehen lassen, dann langsam trinken (mehrere Tassen am Tag). In Apotheken erhältlich ist das so genannte „Windwasser“ oder Aqua Carminativa. Das ist eine Lösung von Ätherischen Ölen (Kümmel-, Kamillen-, Zitronen-, Fenchel- und Pfefferminzöl) in Wasser und löst erfolgreich Blähungen bei Kleinkindern – kann aber auch bei Erwachsenen höchst hilfreich sein (ein bis zwei Esslöffel des Windwassers nach dem Essen einnehmen!).
- Bei Völlegefühl: helfen konzentrierte pflanzliche Bittermittel in flüssiger Form wie z. B. Enzianwurzel, Tausendgüldenkraut, Angelikawurzel oder Wegwarte. Sie sind als Fertigpräparat in der Apotheke erhältlich (z. B. „Bitterkraft“, „Schwedenbitter“) und wirken appetitanregend und verdauungsfördernd. Ähnlich wirksam – nämlich durch ihre Bitter- und Gerbstoffe sowie ätherische Öle – sind Wacholderbeeren: Sie regen den Stoffwechsel an, weshalb sie auch bei der Zubereitung schwer verdaulicher Speisen verwendet werden. Bei Verdauungsbeschwerden einen Teelöffel Beeren mit 250 ml siedendem Wasser übergießen und nach 10 Minuten abseihen. Der Tee schmeckt zwar bitter, doch genau das macht seine Heilwirkung aus (zwei bis drei Tassen pro Tag). Hilfreich bei Völlegefühl sind auch Extrakte aus der Mariendistelfrucht. Diese hat einen hohen Gehalt an Silimarin, welches eine überbelastete Leber bei der Regeneration unterstützen kann. (Fertigpräparate im Handel: 1 bis 2 Kapseln zu oder nach den beiden Hauptmahlzeiten nehmen).
- Bei Sodbrennen: Heiltees mit Kamille, Eibischwurzel, Süßholzwurzel, Fenchel, Anis oder Kümmel können die Beschwerden lindern. Bitterstoffe wie Wermut, Chinarinde oder Tausendgüldenkraut sind hier nicht zu empfehlen – sie können die Beschwerden verschlimmern. Das Gleiche gilt für Natron, auch wenn viele das noch immer für ein gutes Hausmittel gegen Sodbrennen halten. Doch aus medizinischer Sicht ist „Natron“ ein überholtes und riskantes Therapieprinzip. Die Haupt-Risiken sind eine verstärkte Gasbildung im Magen und eine vermehrte Säurebildung nach Abklingen der Wirkung sowie die Gefahr einer Stoffwechsel-Entgleisung. Also lieber Tee trinken oder ein altes, aber wirksames Hausmittel anwenden: Mandeln zerdrücken, mit ein wenig kalter Milch zu einem Brei anrühren und essen.
- Bei Krämpfen und Darmproblemen: gut wirksam ist hier eine Mischung aus Pfefferminz- und Kümmelöl (in der Apotheke als Liquidkapsel erhältlich), aber auch der gute alte Kamillentee. Sollte Durchfall hinzu treten, empfehlen sich Präparate, die Uzarawurzel enthalten. Diese hemmt die muskulären Bewegungen des Dünndarms und wirkt entkrampfend. So sollte sich die Darmtätigkeit bald wieder regulieren.