Botanik: Aussehen und Herkunft des Wacholders
Wo wächst der Wacholder?
© wikimedia - Köhlers Medizinalpflanzen, 1887
Der Gemeine Wacholder, mit wissenschaftlichem Namen Juniperus communis, gehört zur Pflanzenfamilie der Zypressengewächse (Cupressaceae ) und zählt wie Tanne oder Fichte zu den Nadelbäumen (Koniferen). Er kommt fast überall in den nördlichen Breiten der Erde vor und wird auch Zypresse des Nordens genannt.
Standort: Er bevorzugt trockene, steinige Böden. Man findet ihn auf Schafweiden, Magerrasen, Heiden und in lichten Nadelwäldern. [7]
Wie sieht der Wacholder aus?
Der Wacholder ist immergrün und seine nadelförmigen Blätter stehen zu dritt in einem Quirl. Sie sind beim Anfassen furchtbar pieksig: Die Nadeln sind 1 – 2 cm lang, scharf zugespitzt, graugrün und auf der Unterseite mit einem weißen Wachsstreifen versehen, der als Verdunstungsschutz dient.
Der Wuchs ist eine Besonderheit
In tiefen Lagen wächst der Gemeine Wacholder säulenförmig und erreicht Höhen von 3 bis 5 Metern, in Ausnahmefällen wird der Baum bis zu 12 Meter hoch.
In hohen alpinen Lagen von 1500 bis 2500 Metern wächst die Pflanze als niederliegender Strauch und gilt als Varietät des Gemeinen Wacholders . Er wird als Alpen-Wacholder (Juniperus communis var. saxatilis ) oder auch Zwerg-Wacholder bezeichnet.
Wann blüht der Wacholder?
Da die Blüten getrenntgeschlechtlich sind, findet man männliche und weibliche Blüten auf verschiedenen Pflanzen. Die Blütezeit erstreckt sich von April bis Mai. Die aufrechtstehenden befruchteten weiblichen Blüten wachsen zu kugeligen, beerenförmigen Früchten von 4 - 9 mm Durchmesser heran. Botanisch werden sie als Zapfen bezeichnet. Sie sind im 1. Jahr nach der Befruchtung noch grün, erst im 2. und 3. Jahr reifen sie heran und sind dann schwarz und mit einer Wachsschicht bläulich bereift. [7] [8]
Verwechslungsgefahr mit dem Gift-Wacholder (Sadebaum)
Der Sadebaum (Juniperus sabina) wächst an heißen trockenen Hängen und kommt in Deutschland nur an extremen Standorten in den Alpen vor. Alles an ihm ist giftig und es besteht daher Verwechslungs-Gefahr beim Sammeln von Wacholder-Beeren, die sich sehr ähnlich sehen. Diese Gefahr besteht aber hauptsächlich in Südeuropa, wo der Gift-Wacholder viel häufiger vorkommt. Der Sadebaum wächst strauchförmig und die Blätter sind schuppenförmig.
Gewinnung: Welche Pflanzenteile werden verwendet?
Beerenzapfen
Es werden reife getrocknete oder reife frische Beerenzapfen (Juniperi galbulus ) verwendet.
Wacholderöl
Aus den Beerenzapfen wird durch Wasserdampfdestillation das ätherische Wacholderöl (Juniperi aetheroleum ) gewonnen.
Zur Kulturgeschichte des Wacholders
Einige Volksnamen : Feuerbaum, Krammetsbaum, Kranewitt, Machandelbaum, Queckholter, Reckholder, Räucherstrauch, Wachandel, Wachtelbeerstrauch, Wecholter, Weckhalter, Wachtelbeerstrauch.
Seit Jahrtausenden genießt der Wacholder ein hohes Ansehen. Ihm wurden magische Kräfte zugeschrieben, er wurde als heilig verehrt. Um ihn ranken sich unendlich viele Mythen, Sagen und Bräuche. Er half gegen Hexen, Teufel, und Unglück. Er war ein Allheilmittel gegen Krankheiten. Man glaubte, dass der Wacholderbaum Seelen von Verstorbenen beherbergen könne und dass diese unter bestimmten Bedingungen wieder ins Leben zurückfinden könnten. Wacholder-Räucherungen wurden zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten vorgenommen. So entzündete man während der großen Pestepidemien im Mittelalter Wacholderfeuer in den Städten. Rheumatischen Schmerzen, Quetschungen, Lähmungen und Geschwüre behandelte man mit Räucherungen von Wacholderharz. Bis in das 19. Jahrhundert räucherte man Krankenzimmer mit Wacholder.
Während der Pestzeit sollen Vögel den Menschen zugezwitschert haben: "Esst Kranewit (Wacholder) und Bibernell dann sterbts nit so schnell” [12].
Außermedizinische Anwendung
Wacholderbeeren werden als Gewürz besonders für Wildgerichte und Sauerkraut verwendet und sind auch in Räuchermitteln für Fleisch und Wurstwaren enthalten. Zudem sind sie die Grundlage für Spirituosen wie Gin und Genever.
Heilwirkung des Wacholders
Wacholderbeeren werden gekaut, als Tee getrunken oder als Pulver in Kapselform eingenommen. Das ätherische Öl der Beeren wird in Form von Salben eingerieben oder in Kapselform eingenommen.
Anregung der Nierentätigkeit
Vermutlich lösen Wacholderbeeren eine Reizung des Nierengewebes aus, wobei die Durchblutung verstärkt und damit die Wasserausscheidung angeregt wird. In Tierversuchen konnte ein harntreibender Effekt des Wacholderöles festgestellt werden. Wacholderbeeren eignen sich zur Durchspülungstherapie bei Infekten der ableitenden Harnwege, bei Rheuma und Gicht sowie bei Frühjahrskuren. [9][10]
Anregung derVerdauungsorgane
Mit ihrem aromatischen, leicht bitteren Geschmack haben Wacholderbeeren eine magenstärkende, blähungstreibende, appetitanregende und verdauungsfördernde Wirkung.
Als Gewürz verwendet, können sie viele Speisen bekömmlicher machen.
Krampflösend
Wacholderbeeren haben eine krampflösende Wirkung auf die glatte Muskuklatur, so können sie leichte Krämpfe in den ableitenden Harnwegen und im Magen-Darmbereich lindern. [8] [9]
Muskel- und Gelenkschmerzen
Wacholderöl hilft als Einreibung angewendet durch seine hautreizende und durchblutungsfördernde Wirkung bei Muskelverspannungen und rheumatischen Muskel- und Gelenkschmerzen sowie bei Neuralgie n und Ischiasschmerzen.
Antiseptische Wirkung
Wacholderöl hat auch eine antiseptische Wirkung. [8]
Bei Erkältungskrankheiten
Das ätherische Öl des Wacholders kann bei Husten, Schnupfen und Bronchitis als Dampfinhalation hilfreich sein. [5]
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen Wacholder gesichert helfen kann
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen Wacholder aus Erfahrung helfen kann
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen des Wacholders
Bei äußerlicher Anwendung können gelegentlich Hautreaktionen auftreten.
Bei lang andauernder Anwendung oder bei Überdosierung von Wacholderbeeren oder ätherischem Öl (über 150 mg) kann es zu Nierenschäden kommen. Diese können auch auftreten wenn schlechte oder pharmazeutisch ungeeignete Qualität verwendet wird. [9]
Wacholderbeeren oder deren Zubereitungen sollten bei bekannter Nierenschädigung und bei entzündlichen Nierenerkrankungen nicht eingenommen werden.
Da für die Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren noch keine Untersuchungen für die Unbedenklichkeit von Wacholderbeeren und Wacholderöl vorliegen, wird von einer Anwendung abgeraten.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen sind nicht bekannt, aber vorsichthalber sollten Wacholderbeerzubereitungen nicht mit synthetischen entwässernden Arzneimitteln (Diuretika) kombiniert werden.[10]
Praktische Anwendung: Produkte & Hausmittel
In Deutschland gibt es nur ein pflanzliches Arzneimittel, das Wacholderöl in Weichgelatinekapseln enthält (Firma Roleca). Daneben gibt es einige homöopathische Produkte als Urtinkturen von DHU oder als homöopathische Komplexmittel von zum Beispiel Nestmann oder Pascoe (Juniperus Similiaplex). Zudem ist Wacholder Bestandteil von Salben, Gelen und Badezusätzen. Das ätherische Wacholderöl (Juniperi aetheroleum ) gilt als Kosmetikum und ist bei verschiedenen Naturkosmetik-Herstellern zu beziehen. Dieses ätherische Öl ist in der Hausapotheke vielseitig verwendbar (Rezepte weiter unten).
Blasen- und Nierenteemischunge n
Wacholderbeeren sind auch Bestandteil verschiedener Blasen-und Nierentees. Sie enthalten oft andere wassertreibende Kräuter wie Birkenblätter, Orthosiphonblätter Schachtelhalm- und Goldrutenkraut. Die Zubereitung erfolgt nach Anweisung auf der Packung.
Zur Anregung der Verdauung und zur Durchspülung:
© Corinna Heyer
Wacholderbeeren kauen:
Wacholderbeeren können ganz einfach gekaut werden.
Um aber eine Erhöhung der Urinmenge zu gewährleisten, ist während der Einnahme eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr erforderlich.
Pfarrer Kneipp empfahl bei "schlechtem Magen" und gegen Appetitlosigkeit eine mehrwöchige Wacholderbeerenkur:
3 mal täglich 1 Beere kauen, täglich um 1 Beere steigern bis auf 20 Beeren pro Tag, dann wieder 1 mal täglich eine Beere weniger einnehmen, bis auf 3 mal täglich 1 Beere. 5 Beeren pro Tag reduzieren. Darauf sollte eine Pause von mehr als einem Monat gemacht werden.[5]
Teezubereitung
Wacholderbeeren-Tee:
2 g Wacholderbeeren (frisch gequetscht ) mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen und abseihen.
2 - 3 mal täglich 1 Tasse trinken. [10]
Teemischung von Apotheker Pahlow :
Wacholderbeeren 10,0 Liebstöckel 10,0 Hauhechelwurzel 10,0 Süßholzwurzel 10,0 2 gehäufte Teelöffel mit 125 ml kochendem Wasser übergießen 10 Minuten ziehen lassen, täglich 1-2 Tassen [5]
Wacholder-Spiritus
zum Einreiben und Einnehmen nach Pahlow:
100 g Wacholderbeeren zerdrücken und mit 500 g 70%igem Alkohol übergießen, 14 Tage lang ausziehen lassen und dabei häufig Umschütteln.
Den Spiritus empfiehlt Apotheker Pahlow zum Einreiben oder zum Einnehmen (3 x 20 Tropfen täglich ). [10]
Wacholderöl zum Einreiben
Nach Bühring [11]:
6 Tropfen ätherisches Wacholderöl in 30 ml fettem Trägeröl mischen .
Wacholderöl als Badezusatz
Nach Bühring [11]:
6 - 10 Tropfen ätherisches Wacholderöl in ca 50 ml Sahne oder mit 2 EL Salz oder Honig emulgieren.
Inhalation
Man gibt einige Tropfen des ätherischen Wacholderöles in heißes Wasser und inhaliert den Dampf.
Badezusätze
Spitzner Balneo Wacholder Ölbad (nur Wacholder, Beeren und Nadeln) Kneipp Badekristalle Muskel Aktiv (nur Wacholder)
Dosierung
Innere Anwendungen:
Wacholderbeeren Tagesdosis : 2 g bis maximal 10 g getrocknete Wacholderbeeren entsprechend 20 - 100 mg ätherisches Öl.
Mittlere Tagesdosis 4 - 6 g getrocknete Wacholderbeeren.
Ätherisches Öl :
Tagesdosis : 20 bis 100 mg ätherisches Öl über den Tag verteilt. [9]
Als Badezusatz:
1 bis 1,5 g pro Vollbad, 3- bis 4-mal pro Woche.
Wirkstoffe des Wacholders
Ätherisches Öl (0,8-2%) : überwiegend Monoterpene: α-Pinen, Sabinen, Myrcen, Limonen, Terpinen-4-ol , β-Pinen Sesquiterpene: β-Caryophyllen Cadinen, α-Cadinol, Elemen. Invertzucker Catechingerbstoffe Flavonglycoside, Biflavone Leucoanthocyane Diterpene harzartige und wachsartige Stoffe
Terpinen-4-ol gilt als wirksamkeitsbestimmende Substanz, für sie wurde ein harntreibender Effekt festgestellt. Aber auch die übrigen Terpene haben harntreibende Eigenschaften [8] [10].