Heilwirkung: Vitamin D erfüllt viele Funktionen
Wirkung von Vitamin D im Körper
Vitamin D wirkt nur indirekt. Es braucht einen Rezeptor, der die Wirkung vermittelt. Man kann sich das einfach veranschaulichen: Vitamin D ist wie eine Münze, mit der man einen Einkaufswagen (= Rezeptor) auslöst. Mit Münze und Einkaufswagen kann man dann losziehen und geeignete Waren (= Gene) aussuchen. In jedem Geschäft (= Organ) werden jeweils nur bestimmte Waren (= Gene) angeboten. So geht Vitamin D mit seinem Rezeptor in den Zellkern und aktiviert nur bestimmte organspezifische Gene. Vitamin D reguliert im Körper die Aktivität von mindestens 500 (vielleicht sogar 2000) Genen. Damit ist es in mindestens 160 Stoffwechselwege eingebunden. Aus diesem Grund ist Vitamin D eigentlich kein Vitamin sondern ein Hormon, wie Testosteron und Östrogen. Wissen muss man auch, dass Vitamin D natürlich nicht der einzige Regulator dieser Gene ist. Da gibt es mehr Faktoren, die mitwirken. Wenn man nur eine Vitamin D-Tablette einnimmt, ist die Wirkung geringer, als wenn man gleichzeigt aktiv etwas am Leben ändert.
Empfänglich sind diverse Körpergewebe.
- So sorgt Vitamin D nicht nur für die Kalziumaufnahme aus dem Darm, sondern auch den Phosphatstoffwechsel oder den Mineralienhaushalt des Knochens, der Muskeln, der Niere und des Blutes. Ändern muss man neben der Vitamin D Aufnahme auch die Mineralien-Aufnahme über die Nahrung.
- Der Bewegungsapparat wird auch direkt beeinflusst was Knorpel-, Muskel- und Knochenaufbau betrifft, inklusive Muskelwachstum, Muskelkraft, Muskel- und Knochenstoffwechsel. Am deutlichsten zeigt sich das, wenn alte Menschen Vitamin D einnehmen: Es bessert sich die Muskelfunktion. Aber: Knochen und Muskeln profitieren von einer Einnahme am meisten, wenn man sich auch aktiv bewegt.
- Vitamin D beeinflusst an vielen Punkten das Herzkreislaufsystem. So vermutet man mit „Bluthochdruck“ einen Zusammenhang. Vitamin D-Einnahme plus Sport und eine gesunde Ernährung wäre die vernünftige Kombination.
- Daneben greift Vitamin D in die Zellteilung und die Zellidentität ein. Relevant dürfte diese Wirkung bei der Krebsprävention (Vitamin D ein Anti-Krebsvitamin) sein, der Blutbildung und Hautkrankheiten.
- Selbst Nerven, Gehirn und Immunsystem bedürfen des wertvollen Stoffs. Dieses Gebiet spielt in das Thema Schmerzen und auch Konzentration und Demenz hinein.
- Auch vor einigen Drüsen (Nebenschilddrüse und Bauchspeicheldrüse) macht es nicht halt. Wer gegen Diabetes Vitamin D schluckt, sollte auch sein Essverhalten zügeln.
Vitamin D spielt also in viele Prozesse und Erkrankungen hinein. Einige Wirkungen dürften noch gar nicht bekannt sein. Gut untersucht ist die Wirkung auf die Knochen:
Wie reguliert Vitamin D den Kalziumhaushalt?
Wie wir schon gesehen haben, wird Vitamin D an vielen Stellen gleichzeitig aktiv. Eine der Hauptwirkungen ist der Stoffwechsel der Mineralien Calcium und Phosphat. Dabei wird der Kalziumhaushalt an mehr als einer Schnittstelle reguliert:
- Aufnahme im Darm: Calcitriol sorgt dafür, dass Calcium (Ca2+) aus dem Darm aufgenommen wird. Dazu wird ein Kanal hergestellt, der in der Membran sitzt. Er bindet das Calcium-Ion und bringt es aus dem Darm in die Zellen. Dort nimmt ein calciumbindendes Protein das Ion in Empfang, so dass es nicht mehr aus der Zelle entweichen kann. Es geleitet das Ion durch die Zelle. Auf der anderen Seite wird es durch eine Calcium-Pumpe in das Blut abgegeben.
- Kontrolle der Abgabe: Wenn der Harn durch die Nieren fließt, wird genau kontrolliert, welche Stoffe besser behalten werden. Das Calcitriol sorgt dafür, dass die Mineralien Calcium und Phosphat, die schon im Urin angelangt sind, wieder aufgenommen werden. So werden die Stoffe nicht vergeudet.
Stimulation des Knochenstoffwechsels: Im Knochen reguliert das Calcitriol gewisse Aktivitäten von knochenaufbauenden (Osteoblasten) und knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten). Erst mit der Kalziumaufnahme im Darm kommt es zu einer positiven Knochenbilanz! Wenn man Vitamin D einnimmt, muss man also auch für das Mineral Calcium sorgen.
Die Schilddrüse sorgt für die Aktivierung von Vitamin D
Und noch ein weiteres Organ ist in den Kalziumstoffwechsel verwickelt, von dem hier noch nicht die Rede war: die Schilddrüse. Da die Calciumkonzentration für den Körper enorm wichtig ist, wird sie beständig in der Nebenschilddrüse überwacht. Sollten die Werte im Blut zu sehr sinken, schlägt sie Alarm und schütten das so genannte Parathormon aus. Parathormon sorgt für die schnelle Freisetzung von Calcium aus dem Knochen, ein Prozess, bei dem der Knochen entkalkt wird. Parathormon fördert aber auch die Herstellung von Calcitriol durch die Niere aus der Vitamin D-Speicherform. Das Calcitriol aktiviert dann die Aufnahme von Calcium aus dem Darm, wodurch die Spiegel wieder ausgeglichen werden. Auch der Knochen kann dann wieder mineralisiert werden. Spätestens hier wird deutlich, wie wichtig bei Knochenentkalkung die Einnahme von Calcium plus Vitamin D ist.
Haarausfall und Vitamin D
Alle schnell wachsenden Zellen brauchen dringend Vitamine und Mineralien. Bei Vitamin D sind die Verhältnisse etwas verwickelter: Offensichtlich ist nicht das Vitamin D, sondern das Molekül, das das Vitamin D praktisch „in Empfang nimmt“ mit Haarausfall verbunden. Bei kreisrundem Haarausfall (Alopecia areata) und erblichem (androgenetischem) Haarausfall beobachtet man oft einen Vitamin-D-Rezeptor-Mangel. Das ist oft genetisch bedingt. Ob das Vitamin D an den Rezeptor binden kann oder nicht ist dabei unwichtig!
Ist also Vitamin D bei Haarausfall wirkungslos?
Ganz so einfach zu beantworten ist die Frage nicht. Menschen mit Haarausfall haben oft besonders niedrige Blutspiegel. Aber bei Haarausfall spielen noch andere Vorgänge mit. Bei Alopecia areata zum Beispiel greift ein überaktives Immunsystem die Haarwurzel an. Vitamin D könnte mit seiner immundämpfenden Wirkung dennoch wirksam werden.
Fazit: Studien deuten an, dass Vitamin D bei kreisrundem Haarausfall helfen könnte. Aber ein abschließendes Urteil ist noch nicht möglich.
Vitamin D in Therapie und Prävention
Im folgenden wird dargestellt, wie die Zusammenhänge zwischen Vitamin D und verschiedenen gesundheitlichen Problemen bzw. Erkrankungen aussehen. Vitamin D beeinflusst Autoimmunerkrankungen eventuell positiv. Aber es unterdrückt die Immunantwort nicht, sondern reguliert sie. So dürfte auch bei Abwehrschwäche ein Effekt von Vitamin D auf die Immunabwehr zu erwarten sein. Genauere Untersuchungen sind aber erst am Laufen, so dass man noch keine eindeutigen Statements dazu abgeben kann. Vitamin D wirkt also umfangreich, kein Wunder, dass unter den Indikationen von Vitamin D auch eine Reihe von Alterserkrankungen aufgelistet sind.
Vitamin D für Haut & Haare
Ob ein Tier gesund und gut mit Vitaminen versorgt ist, sieht man mit einem Blick: es ist lebhaft und hat einen schönen Pelz. Beim Menschen ist es ähnlich, auch seine Haut spiegelt die Gesundheit wider. Tatsächlich ist das Vitamin D auch an der Hautgesundheit beteiligt: Auf der einen Seite stärkt es die Abwehr von Erregern, auf der anderen bremst es eine überschießende Immunantwort. So beeinflusst es vermutlich kosmetisch störende Hautrötungen. Und ganz nebenbei steuert es (mit vielen anderen Faktoren) Zellteilungsprozesse und die Reifung von Haut- und Haarzellen. Das spielt also in die Hautbildung hinein genauso wie in den Haarwuchs oder Hautschuppungen. Damit könnten ganz unterschiedliche Hauterkrankungen auf Vitamin D ansprechen, ob nun Entzündung, Rötung und Juckreiz plagen oder überschießende Zellteilung das Problem ist. Selbst beim Haarwachstum und Haarausfall ist Vitamin D mit seinem Rezeptor verwickelt.
Vitamin D gegen Hautrötung
Hautzellen (Keratinozyten) sind mit dem Vitamin D-Rezeptor ausgestattet. Damit können sie prinzipiell auf Licht reagieren. Bei vielen Hautkrankheiten spielt das Immunsystem und gerade die Entzündungsbereitschaft eine höchst wichtige Rolle. Das sind ebenfalls Funktionen, die auf Vitamin D ansprechen. Zwar wird das Vitamin D noch nicht routinemäßig in der Behandlung von Hautkrankheiten eingesetzt, es gibt jedoch eine ganze Reihe an Studien dazu.
Von Akne, Ekzem, Rosazea, Verhornungsstörung (Keratose), Weißfleckenkrankheit (Vitiligo), Knötchenflechte (Lichen ruber planus) bis Wundheilungsstörungen und Narbenbildung reichen die aktuellen Forschungsgebiete.
Vitamin D und verschiedene Vitamin D-Varianten (Calcipotriol, Tacalcitol) sowie die hormonell aktive Vitamin D-Form (Calcitriol) wurden in klinischen Studien erfolgreich gegen Schuppenflechte getestet. Die Verbindungen helfen den Zellen, das überschießende Wachstum einzustellen, zu reifen und natürliche Haut zu bilden. Es lindert dabei auch die entzündliche Neigung. In der Regel werden die Präparate äußerlich aufgetragen. Damit erreicht man eine gute Wirkung bei geringen Vitamin-D-Nebenwirkungen. Vitamin D ist zwar nicht zur Behandlung von Hautkrankheiten zugelassen, wird jedoch versuchsweise angewendet („off label use“).
Fazit: Vitamin D könnte bei Hautkrankheiten mit der Komponente Entzündung und überschießendem Zellwachstum wirken. Dabei werden die Wirkstoffe mit Cremes auf die Haut aufgetragen. Es sind bereits verschieden Vitamin D-artige Wirkstoffvarianten zur Behandlung von Hautkrankheiten auf dem Markt. Die äußerliche Vitamin D-Therapie bei chronischen Hautkrankheiten könnte sich in Zukunft ausweiten.
Vitamin D als Schutzschild fürs Immunsystem
Alle Immunzellen reagieren auf ein Vitamin D-Signal, die Wirkung ist verschieden. Summa Summarum überwiegt die ausgleichende Wirkung. Man vermutet, Vitamin D stärkt ein schwaches Immunsystem und dämpft bei überschießender Immunantwort. Die gängige Arbeitshypothese vermutet, dass besonders Haut und Schleimhaut bei guten Vitamin D-Spiegeln geschützt sind. So gibt es interessante Nebenbefunde, dass Vitamin D zum Beispiel die bakterielle Besiedlung in Darm, Scheide und Nase beeinflusst und auch die Produktion antimikrobieller Peptide ankurbelt.
Versuche mit schweren Infektionen wie Tuberkulose waren nicht von Erfolg gekrönt, hier ist nur die Assoziation von zu wenig Vitamin D und hohem Tuberkulose-Risiko stichfest. Auch bei HIV oder Hepatitis ist der Einsatz nicht schlüssig. Jedoch gibt es für einfache Atemwegsinfekte und Immunschwäche positive Belege. Eine schwedische, finnische, japanische und mongolische Studie belegen, das Ansprechen der Infektionsrate des Atmungstrakts auf Vitamin D Gaben. Man vermutet, dass Vitamin D nur unter gewissen Umständen hilft. (Langzeitbehandlung? Hohe Dosierung? Hautfarbe?) Hoffnungen bestehen auch für Spezialfälle mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen und alten gebrechlichen Patienten.
Noch zweifelt man an der Hypothese, da es auch negative Meldungen gegeben hatte. Da es bei einer Niederdosis-Therapie mitunter drei Monate dauert, bis die Vitamin D-Speicher aufgefüllt sind, dürfte es eine Weile dauern, bis ein Ansprechen zu verzeichnen ist. Außerdem müssen alle Individuen, die schon ausreichend mit Vitamin D versorgt sind, von den Untersuchungen ausgeschlossen werden, da das Ergebnis sonst verwischt wird.
Fazit: Vom Mechanismus her, stehen die Ampeln auf Grün: Vitamin D übt an vielen verschiedenen Stellen einen Einfluss auf das Immunsystem aus. In der Praxis sind die Erfolge bei schweren chronischen Infektionen gering. Bei Abwehrschwäche ist regelmäßige Bewegung an der frischen Luft ein Muss. Dabei geht es nicht nur um Vitamin D sondern subtile Reize wie Temperatur, Feuchtigkeit, Durchblutung und Lungendurchlüftung.
Hilft Vitamin D bei Autoimmunkrankheiten?
Eine fehlerhafte Aktivierung der Immunantwort hat schwere Folgen. Niedrige Vitamin D-Werte treten häufiger mit allergischem Schnupfen, rheumatoider Arthritis, Hashimoto-Thyreoiditis und Diabetes Typ 1 auf. Offensichtlich bremsen hohe Vitamin D Spiegel den Ausbruch von Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose. Dabei zeigte sich, dass hier die begleitende Therapie (Interferon) besser anschlug, wenn der Vitamin D-Spiegel ausgeglichen war. Auch bei Asthma und der Diabetes Typ 1-Prävention liegen erste Heilungsversuche vor. Dabei half die Vitamin D-Versorgung, Asthmaanfälle zu vermeiden, den Medikamentenverbrauch zu reduzieren und Notfallversorgung in Anspruch zu nehmen. Doch verliefen einige der Untersuchungen auch negativ.
Fazit: Noch sind viele Fragen offen und die vorliegenden Studien zu klein, dennoch gibt es Argumente bei Allergieneigung, MS und Asthma auf einen ausgeglichenen Vitamin D-Spiegel zu achten. Das Spektrum an Nebenwirkungen bleibt abzuwarten.
Aufnahmedefekt: Entzündliche Darmkrankheiten
Nach all den Fakten verwundert es nicht, dass auch Vitamin D-Mangel mit entzündlichen Darmkrankheiten und Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Laktoseintoleranz, Zöliakie) eng verbunden ist. Dabei lässt der Vitamin D-Status sogar das Anschlagen der üblichen Therapie abschätzen (zum Beispiel bei Morbus Crohn). Gerade auch hier könnte die immundämpfende Wirkung von Vitamin D positiv zu Buche schlagen. Ist die Aufnahme im Darm gestört, sind verschiedene Vitaminmangelzustände die Folge. So macht man sich auch auf diesem Gebiet auf den Weg, die Zusammenhänge näher zu beleuchten.
Fazit: Bei allen Darmkrankheiten muss man immer auf die Vitaminversorgung achten. Für Empfehlungen und Dosisangaben ist es zu früh.
Ist Vitamin D ein Anti-Aging-Hormon?
Das wäre eine schöne Schlagzeile, ist aber nicht ganz passend. Klar, Vitamin D gehört seiner Wirkung nach zu den Hormonen. Aber es kann in jedem Alter gebildet werden, wenn auch die Bildungskapazität im Alter etwas abnimmt. Zwar führt die Liste möglicher Vitamin D-Wirkungen eine Reihe verschiedener Alterserkrankungen auf, aber das zeigt lediglich, dass Vitamin D sehr vielseitige Effekte auslöst.
- Der Zusammenhang von Vitamin D und Diabetes wird gerade untersucht.
- Auch im Herz-Kreislaufsystem ist Vitamin D involviert.
- Sogar Nerven und Gehirn sprechen auf Vitamin D an.
- Daneben ist Vitamin D bei degenerativen Augenerkrankungen ein Thema.
So gibt es viele Argumente dafür, dass sich gerade ältere Menschen um ihre Vitamin D-Versorgung sorgen müssen.
Aber Achtung: Es wurde noch nicht gezeigt, dass man diese Alterskrankheiten durch Vitamin D-Tabletten vermeiden oder heilen könnte. Wenn Erkrankungen mit niedrigen Vitamin D-Werten zusammen häufiger auftreten, heißt das noch nicht, dass dies der Auslöser ist, denn: Der Vitamin D-Wert im Blut spiegelt nur die Lebensweise.
Vitamin D, Licht und Auge
Licht nehmen wir als erstes über die Augen wahr und das Auge ist so konstruiert, dass es Licht besonders gut auffangen kann. Interessanter Weise kann das Auge auch Vitamin D herstellen oder auch die Speicherform in die aktive Vitamin D-Form überführen. Bei Brillenträgern kann das Auge auch den Blutvorrat nutzen.
Vorerst hat man nur die Vitamin-Spiegel mit Augenerkrankungen wie Kurzsichtigkeit, Makuladegeneration und diabetischer Netzhautschädigung (Retinopathie) und Augenentzündung (Uveitis) in Verbindung bringen können. Heißt also lediglich: Die Augenprobleme treten zusammen mit niedrigen Vitamin D-Spiegel auf.
Fazit: Ob Vitamin D Augenkrankheiten vorbeugen oder heilen kann bleibt im Dunklen. Bei Makuladegeneration sind entzündliche Prozesse und Zellwachstum (Neovaskularisation) aktiv beteiligt, das rechtfertigt weitere Untersuchungen. Im Tierversuch gibt es bereits einige ermutigenden Heilversuche mit Vitamin D.
Herz-Kreislauf
Dass der Vitamin D-Spiegel und die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauferkrankungen parallel verläuft, ist gut gesichert. Es wirkt über Rezeptoren auch direkt auf den Herzmuskel und die Aderwände ein. So erhält Vitamin D auch die Elastizität der Aderwände, das Blutvolumen und den Mineraliengehalt, in der Theorie zumindest.
In der Praxis zählen noch andere Faktoren, die den Vitamin D Effekt überlagern. Wenn Bluthochdruck-Patienten zu wenig Vitamin D ein entsprechendes Supplement erhielten, war nur eine leichte Senkung des Blutdrucks zu verzeichnen. In verschiedenen Interventionsstudien gab es Widersprüche. Problematisch auch der Befund, dass es auf die Dosis ankommt. Zu hohe Vitamin D-Mengen könnten vielleicht sogar eine bestehende Arteriosklerose mit gesteigerter Gefäßverkalkung verschlimmern.
Fazit: Eine direkte Wirkung von Vitamin D auf die Gefäße ist zwar nachgewiesen, in der Praxis ist der Effekt jedoch geringer als erhofft. Vielleicht senkt Vitamin D Hypertonie. Vitamin D (allein oder in Kombination mit Calcium) hat keine Wirkung auf das Herz-Kreislaufrisiko. Es könnten sogar schädliche Nebenwirkungen drohen. Hoffnungen gibt es im Bereich der langfristigen Prävention und in Kombinationspräparaten.
Schwanger oder stillend: Vitamin D für Zwei
Wenn eine Frau ein Kind erwartet, ist die Versorgung mit Vitaminen besonders wichtig – schließlich sorgt die Frau für die eigenen Knochen und den Neuaufbau derer des Kindes. Ansonsten würde der Körper die eigenen Knochen und Zähne angreifen. Im Idealfall sollte bereits vor Beginn einer Schwangerschaft auf einen ausgeglichenen Vitamin D-Spiegel geachtet werden.
Wissen muss man auch, dass das Baby über die Muttermilch nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt wird. Darum brauchen sie ihre eigene Versorgung über vorsichtige Sonnenexposition oder kindgerechte Vitamin D-Tropfen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin rät ausdrücklich zu einer Vitamin D-Versorgung von Babies.
Man bemüht sich gerade durch Studien, den Vorteil einer Vitamin D Gabe zu bestimmen. Schwangere, die mit Vitamin D versorgt wurden, neigen offenbar in der Schwangerschaft weniger zu Schwangerschafts-Bluthochdruck (Präeklampsie) und Frühgeburten. Daneben erreichen die Säuglinge ein höheres Geburtsgewicht. Spekuliert wird auch, dass die Schwangeren weniger von Diabetes und Infektionen geplagt werden. Beim Kind erhofft man sich einen Schutz von Lungenkrankheiten, Infektionen und Sepsis, Diabetes, Karies und Ekzemen.
Fazit: Experten sehen in den Studien aber erst Hinweise für eine Wirkung und noch keine Beweise. Die Vermeidung von Schwangerschafts-Bluthochdruck durch Vitamin D hat die besten Chancen auf eine Anerkennung. Für eine allgemeine Empfehlung an alle Schwangere ist es zu früh. Man hat Nebenwirkungen noch zu wenig beachtet. So besteht der Verdacht, Vitamin D könnte zusammen mit Calcium vermehrt Frühgeburten auslösen. Auch eine eventuell gesteigerte Allergieneigung beim Kind ist seit 2013 ein Thema.
Vitamin D als Heilmittel?
Zusammenfassend kann man sagen, dass in vielen Fällen ein Zusammenhang zwischen bestimmten Erkrankungen und dem Vitamin D-Spiegel festgestellt werden kann. Ob Vitamin D tatsächliche eine Heilwirkung hat und wie ein Therapie mit Vitamin D aussehen müsste, muss jedoch in vielen Fällen noch genauer untersucht werden.
Anwendung: Vitamin D-Bedarf und Nahrungsergänzung
Soll man im Winter generell Vitamin D einnehmen?
Dass der Vitamin D-Spiegel im Winter sinkt, ist ganz natürlich. Wurden die Speicher im Sommer durch Eigensynthese gut gefüllt, reichen die Körpervorräte bis März. Das trifft aber nur auf 40 % der Bevölkerung zu, der überwiegende Großteil hat einen zu geringen Spiegel. Ob alle Menschen generell gegen das Absinken Vitamin D-Präparate einnehmen sollten, ist allerdings schwer zu beantworten, denn es liegen noch keine positiven Studien vor. Es müsste erst bewiesen werden, dass es einen gesundheitlichen Vorteil hat, im Winter Vitamin D einzunehmen. So gibt es über diesen Punkt ganz unterschiedliche Ansichten. Die einen fordern es, die anderen wollen erst die Beweise abwarten.
Anders sieht es dagegen bei besonders gefährdeten Personen aus, diese sollten Vitamin D richtig dosiert schlucken – und zwar in Absprache mit ihrem Arzt.
Vitamin D-Bedarf nach Altersgruppen
Die Problematik der Vitamin D-Dosierung liegt darin, dass es sich um Schätzwerte handelt. Wie viel davon optimal wäre und ab wann es problematisch wird, ist nicht systematisch ausgetestet. So kommt es, dass die offiziell verabschiedeten Werte deutlich unter den diskutierten Werten liegen.
Wissen muss man außerdem, dass beim Vitamin D verschiedene Maßeinheiten üblich sind: µg pro Tag oder Internationale Einheiten. Wir geben im folgenden hpts. die Internationalen Einheiten (IE) an.
Dabei gilt folgendes:
- 1 µg = 40 Internationale Einheiten (IE) oder
- 1 IE = 0,025 µg
Achtung: Sind die Speicher schon geleert, reichen diese Dosis-Empfehlungen nicht!
Säuglinge und Kinder bis zum 2. Jahr: Die Vitamin D-Vorräte des Säuglings reichen gerade 6-8 Wochen. Danach braucht der Säugling eine externe Versorgung über Sonne. Der Vitamin D-Gehalt in der Muttermilch ist zu gering für eine Versorgung. Im Hinblick auf die Rachitis-Prophylaxe sehen die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin eine tägliche Supplementierung mit Vitamin D von 400-500 IE (10-12,5 µg) bei Säuglingen ab dem Ende der ersten Lebenswoche bis zum zweiten Frühsommer.
Kinder ab dem 2. Lebensjahr: Vorzugsweise sollten sich die Kinder regelmäßig an der Sonne bewegen (mindestens 5-30 Minuten, 2 x pro Woche April-September, mit freiem Gesicht, Beinen und Oberarmen). Dabei muss natürlich ein Sonnenbrand auf alle Fälle vermieden werden. Ist der Freilandaufenthalt nicht möglich, dann ist die Vitamin-D-Gesamtzufuhr von etwa 600 IE/Tag wünschenswert (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V.). Besonders muss man auf die Vitamin D-Versorgung bei Kindern mit dunkler Hautfarbe oder körperlichen Einschränkungen achten. Bei den Risikogruppen empfiehlt sich besonders eine jährliche Vitamin D-Blutbestimmung.
Stillende: Nach offiziellen Empfehlungen sollen 800 IE/Tag als Versorgung ausreichen. Was die optimale Dosis für eine stillende Mutter ist (um sich und den Säugling zu versorgen) steht aber zur Diskussion. Gerade testet man höhere Dosierungen (4000IE /Tag) an stillenden Frauen. Damit steigt der Vitamin D Gehalt in der Muttermilch. Ob der Säugling davon merklich profitiert, muss man noch herausfinden.
Schwangere: Im Idealfall sollte vor einer Schwangerschaft für ausreichend Vitamin D gesorgt werden. Generelle Empfehlungen für eine präventive Vitamin D-Einnahme in der Schwangerschaft gibt es nicht. Die DGE hält (bei fehlender Sonnenexposition) eine Menge von 800 IE/Tag für angemessen. In klinischen Studien werden Mengen um 4000 IE Einheiten getestet. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Allergierisiko der Kinder mit einer Über- oder Unterversorgung der Mutter. Man kann den Verdacht noch nicht genau mit Zahlen (Dosis, Wirkung) belegen. Dennoch ist es sinnvoll im Zweifel die Blutwerte zu überwachen und im optimalen Bereich zu halten. Übrigens: die meisten Schwangerschaftsvitamine enthalten bereits Vitamin D.
Erwachsene bis 64: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt bei fehlender Sonnenbestrahlung die tägliche Aufnahme 20 µg pro Tag (800 IE) Vitamin D für Erwachsene. Es soll hier dazu gesagt werden, dass diese Menge ausreicht, um ein Absinken der Vitamin D-Vorräte im Winter bei 90-95 % der Menschen zu verhindern. Aber die Dosis wird neuerdings wieder diskutiert, vielleicht werden die Empfehlungen in der Zukunft erhöht.
Erwachsene ab 65: Für Senioren empfiehlt der Dachverband Osteologie zur Osteoporose- und Frakturprophylaxe 800 bis 1000 IE Vitamin D3 (wenn Osteoporose vorliegt zusammen mit 1g Calcium). Einzelne Fachleute (Prof. Bischoff-Ferrari) legen die Obergrenze bei 2000 IE an. Die Gegner bemängeln, dass diese hohen Mengen nicht in großen Studien getestet wurden.
Kranke Menschen: immer ärztliche Meinung einholen
Alle Vitamin D-Mangelzustände bei organischen Erkrankungen sollte ein Arzt behandeln. Er wird auch bei Osteoporose die Dosierung festlegen und die Werte im Blut anschließend überwachen. Gleiches gilt für Schilddrüsenerkrankungen (Hypoparathyreoidismus). Hier wirken nur bestimmte Präparate (Calcitriol), da dann auch die Aktivierung in der Niere ausfällt. Auch bei Säuglingen und kleinen Kindern ist ärztlicher Rat vor der Einnahme sinnvoll.
Welche Vitamin D-Präparate gibt es?
Vitamin D gibt es in Form von Tabletten oder Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel oder höher dosiert als verschreibungspflichtige Arzneimittel, für Kinder sind ölige Tropfen am Markt. Häufig werden auch andere Stoffe beigemischt. Während Kalzium das Angebot sinnvoll ergänzt, sind für gesunde Menschen andere Zusatzstoffe in der Regel nicht notwendig, sofern eine gesunde Ernährung besteht.
Vitamin D3 oder D2?
Im Prinzip wirkt Vitamin D3 besser, da es die körpereigene Variante ist. Vitamin D2 ist eine pflanzliche Form des Vitamins. Der Körper kann sie auch verwenden, muss sie aber erst umwandeln. Sie wirkt schwächer. Für Veganer ist Vitamin D2 durchaus geeignet.
Öl oder Tablette?
Man vermutet, dass das öl-lösliche Vitamin D in Öl oder anderen Fetten gelöst, besser aufgenommen wird. Die spärlichen Untersuchungen zeigten aber bisher kaum Unterschiede in der Aufnahme durch etwa Fette oder Ballaststoffe der Nahrung. Der Vorteil von flüssigen Präparaten: man kann sie flexibler dosieren. Gerade Kinder nehmen das Öl leichter an als Tabletten.
Was muss ich bei der Einnahme beachten?
Morgens oder abends?
Für die Aufnahme macht es keinen Unterschied, ob das Vitamin D morgens oder abends geschluckt wird. Aber: Vitamin D ist ein Sonnenhormon. Es wird nur dann produziert, wenn die Sonnenintensität hoch ist. Ein Chronobiologe würde eine Einnahme am Abend daher nicht befürworten. Ob der Einnahmezeitpunkt einen Effekt auf die Wirkungen und Nebenwirkungen hat, ist nicht wirklich untersucht, vermutlich ist es nebensächlich. Wer Schlafstörungen davon bekommt, sollte es immer morgens nehmen.
Wochendosis oder täglich?
Eine hohe Dosis ist in der Wirkung auf alle Körpersysteme schlecht untersucht. Man darf aber eine Störung von körpereigenen Regulationsvorgängen annehmen. Wir sind darauf angepasst, dass täglich kleine Mengen Vitamin D entstehen. Erste Untersuchungen lassen darauf schließen, dass durch hohe Dosen (50 000 IE) auch der Abbau von Vitamin D steigt, weshalb es zu starken Schwankungen im Blut kommen könnte. Vor allem beim Absetzen kann es dann Probleme geben. Hochdosierte Medikamente sind nicht ohne Grund der ärztlichen Praxis vorbehalten.
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Vitamin D oder Vitamin D-Komplex?
Vitamin D braucht zur optimalen Wirkung andere Faktoren, am meisten Magnesium und Vitamin K. Wer generell Probleme mit der Vitaminversorgung hat, kann zu komplexen Mitteln greifen. Im Idealfall kommen die Stoffe aus der Nahrung. Das Problem dabei ist: Man kann auf keine Studien zurückgreifen, die die Kombinationen ausgetestet hätten. Die Forderung ergibt sich lediglich aus logischen Folgerungen. Es könnte sein, dass diese Produkte optimal wirken, es könnten sich aber auch unerwartete Nebenwirkungen ergeben. Zum Beispiel verstärkt Vitamin K die Blutgerinnung. Personen mit eingestellter Blutgerinnung müssen bei Vitamin K-haltigen Präparaten vorsichtig sein.
Welche Wirkstoffkombinationen sind sinnvoll?
Damit Vitamin D wirken kann, sind noch andere Vitamine, Mineralien und Spurenelemente notwendig. Besonders hervorzuheben sind dabei Calcium und Magnesium.
- Damit Vitamin D die Calcium-Aufnahme steigern kann, muss im Darm Calcium vorhanden sein. Idealer Weise sollte Calcium aus der Nahrung kommen, es kann aber auch begleitend als Tablette eingenommen werden. Dieser Fakt ist unbestritten.
- Bei Kindern sollte für die Zahnentwicklung Vitamin D mit Fluorid kombiniert werden. Das drängt Karies zurück, weil der Zahnschmelz besser härtet.
- Magnesium braucht der Körper unter anderem für die Herstellung, die Aktivierung und den Transport von Vitamin D. Magnesium-Mangel würd also auch den Vitamin D-Spiegel negativ beeinflussen.
Magnesium trägt vermutlich auch dazu bei, dass sich das Calcium nicht an den falschen Stellen niederschlägt. Zwar haben Studien noch keine ausreichenden Untersuchungen angestellt, aber es werden gerade neue Nährstoffansätze diskutiert: Eventuell müsste man künstliche Calciumsupplemente zusammen mit einer Magnesiumquelle einsetzen, um das Verhältnis der beiden Stoffe zu erhalten. Vorgeschlagen ist ein Verhältnis von etwa 2:1 (Calcium zu Magnesium). Aber für sichere Aussagen ist es verfrüht. Wer auf Nummer Sicher gehen will, achtet auch auf natürliche Calcium- und Magnesiumquellen (Nüsse, Sonnenblumen- oder Kürbiskerne, Sesam, Hülsenfrüchte).
Andere Stoffe sind bei gesunder Ernährung in Europa meist ausreichend vorhanden: Vitamin K, Vitamin A, Zink und Phosphor.
- Vitamin K ist für die Aktivierung verschiedener Proteine zuständig. Unter anderen für diejenigen, die für den Calciumeinbau notwendig sind. Vitamin K sorgt dafür, dass Calcium in den Knochen ankommt und sich nicht an falschen Stellen (wie den Adern oder der Niere) ablagert. Vitamin K1 kommt in grünem Gemüse, Salat und Sauerkraut vor, Vitamin K2 in Fleisch und fermentierten Milchprodukten.
- Vitamin A wirkt wie das Vitamin D über einen Rezeptor im Kern. Aber ihre Verbindung ist noch weit näher: die beiden Rezeptoren binden oft gemeinsam an die DNA, um Gene zu regulieren. Dabei verändern sie ihre Wirkungen (von verstärken bis abschwächen). Vitamin A-Mangel ist aber selten und das Vitamin wirkt schnell giftig. Darum ist es klüger nur die Vorform als beta-Carotin aus der Nahrung aufzunehmen (Aprikose, Karotte, Grünkohl, Spinat, Mango, Paprika).
- Vitamin C: Während Calcium für den „Beton“ im Knochen sorgt, ist Vitamin C für die zugfesten Fasern („Stahl“) zuständig. Allerdings ist Vitamin C-Mangel heute in Europa sehr selten. Frisches Obst und Gemüse gibt es das ganze Jahr.
- Beim Phosphor gar muss man sich heute Gedanken machen, ob die Aufnahmemengen sogar zu hoch sind (Fleisch, Wurstwaren, Cola). Dann würde es sogar negativ wirken und die Calciumaufnahme hemmen.
Kann man die Vitamin D-Aufnahme durch Lebensmittel fördern?
Ob es hilft, wenn man begleitend zu einer Vitamin D-Tablette fettige Speisen verzehrt, ist zunächst plausibel. Nach allem, was man im Augenblick weiß, hat die begleitende Nahrung jedoch keinen Effekt auf die Aufnahme von Vitamin D. Ballaststoffe, Milch oder Käse verhalten sich vermutlich neutral. Da aber Mahlzeiten die Ausschüttung von Gallensekret anregt, sollte Vitamin immer zusammen mit Nahrung geschluckt werden. Alkohol sollte man grundsätzlich nicht mit Medikamenten zusammen einnehmen.
Hausmittel Lebertran: So sorgte Oma für genügend Vitamin D
Früher hat man an Kinder konsequent Lebertran verteilt. Die übelschmeckende, ölige Flüssigkeit war berüchtigt, dennoch hat es gewirkt. Es gelang damit schwere Rachitis einzudämmen. Heute gibt es zahlreiche Vitamin D-Präparate.
Welche Lebensmittel enthalten Vitamin D?
Nur wenige Lebensmittel enthalten nennenswerte Mengen an Vitamin D. Noch die höchsten Werte an Vitamin D weisen Fettfische wie Hering, Aal, Lachs oder Makrele auf. Eier, Butter, Margarine und Milch sind weitere gute Vitamin-D-Quellen, ebenso Pilze wie Champignons, Steinpilze oder Pfifferlinge.
Empfehlung der DGE
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt unabhängig von der eigenen Vitamin-D-Produktion die tägliche Aufnahme von Vitamin D über die Nahrung. Wissen muss man aber, dass dabei nur geringe Vitamin-Mengen aufgenommen werden können. Nur 10 % des Bedarfs deckt die Nahrung.
➽ Lesen Sie hier: wie die Eigenproduktion von Vitamin D über den Stoffwechsel funktioniert
Wie erfolgt die Aufnahme von Vitamin D?
Die Aufnahme von Vitamin D über die Nahrung ist eine Kooperationsleistung. Der Magen schließt die Nahrung soweit auf, dass Vitamin D freigesetzt wird. Vitamin D ist ein fettlösliches Molekül und liebt eine fettige Umgebung. Daher braucht man für die Aufnahme Gallensäuren, um das Molekül löslich zu machen. Zusammen mit den Gallensäuren bilden sich winzige Fett-Tröpfchen (Micellen), die dann im Dünndarm passiv aufgenommen werden. Auch die eingenommenen Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D nehmen den Weg über den Darm. Im Allgemeinen sind die Präparate gut verträglich, es kann aber in seltenen Fällen zu Vitamin D-Nebenwirkungen kommen.
Soll man Lebensmittel mit Vitamin D anreichern?
In Kanada und den USA wird Nahrung gezielt mit Vitamin D angereichert, in Deutschland ist das verboten. Erlaubt ist nur ein Zusatz nur bei Frühstücksflocken, Margarine und Speiseöl. Seit einigen Jahren gibt es das von der EU-Kommission unterstützte Optiford-Projekt. Sein Ziel ist es, zu prüfen, ob eine Lebensmittelanreicherung mit Vitamin D in Europa sinnvoll und praktikabel ist (http://www.optiford.org/). Eine abschließende Bewertung liegt noch nicht vor.
Für Menschen mit erhöhtem Bedarf (Heranwachsende, Schwangere, alte, kranke Menschen) ist im Winter der Griff zur Nahrungsergänzungsmittel eine Alternative.
Wirkstoffe: Welche Vitamin-D-Varianten gibt es?
Vitamin D Varianten
Die Vitamin D-Form, die in geringen Mengen in Pflanzen vorkommt, ist das Vitamin-D2 (Ergocalciferol). Es ist schwächer wirksam. Die Form, die im Körper entsteht (oder über Supplemente zugeführt wird) ist das Vitamin-D3 (auch Cholecalciferol und Calciol). In Ausnahmefällen wird auch die bereits aktive Vitamin D-Form Calcitriol verschrieben. Es ist aber nur für bestimmt Erkrankungen reserviert. Im Normalfall kann nämlich der Körper selbst entscheiden, wann er wie viel aktives Vitamin D braucht.
Wie wird Vitamin D technisch gewonnen?
Das Vitamin kann technisch hergestellt werden, die Rohstoffe stammen aber aus der Natur. Für Supplemente gewinnt man Vitamin D aus dem Wollwachs von Schafen (Lanolin), das durch Bestrahlung mit UVB-Sonnenlicht dann chemisch in Vitamin D3 umgewandelt wird. Wollwachs produzieren Schafe in Talgdrüsen, um ihr Fell vor Nässe zu schützen. Beim Scheren der Schafe fällt das Lanolin in der Wolle ganz natürlich an, kann dann isoliert und weiterverarbeitet werden.
Daneben kann man es natürlich aus Lebertran isolieren.
Für Veganer werden Vitamin D3 Alternativen aus Flechten und Algen angeboten. Daneben gibt es die Vitamin D2-Variante aus Pilzen. Es kann auch aus Hefezellen (dem enthaltenen Ergosterol) künstlich hergestellt werden. Diese Vitamin-Variante ist jedoch weniger wirksam. Der Körper muss D2 erst in Vitamin D3 umbauen.
Wie der Körper Vitamin D herstellt
Vitamin D und seine Reise durch den Körper
Die Herstellung von Vitamin D nutzt Stoffwechselaktivitäten in mehreren Organen. Sie beginnt mit einer Grundsubstanz aus dem Cholesterin-Stoffwechsel (mit dem etwas umständlichen Namen 7-Dehydrocholesterol). Darm und Leber stellen den Vorläufer her, die Haut macht unter Lichteinfluss das Prävitamin D3 daraus. Die begleitende Wärme löst die Umlagerung in das Vitamin D3 (Cholecalciferol) aus. Dann ist die Leber nochmals gefragt, es entsteht das Calcidiol (25-OH-Vitamin D3). Diese Speicherform kann lange im Körper gelagert werden. Wenn es dann benötigt wird, erfolgt die Umwandlung in die biologisch aktive Form. Dazu braucht es ein Signal aus der Schilddrüse, das Parathormon. Es wird immer dann ausgeschüttet, wenn sie zu wenig Calcium im Blut gemessen hat. Erst dann entsteht das eigentlich aktive Calcitriol (1,25-(OH)2-Vitamin D3) mit Hilfe der Niere.
Weiter Weg zum Wirkstoff: aus A wird B wird C
Die Herstellung des Vitamins im Körper ist also ein längerer Prozess: Aus Cholecalciferol (A) entsteht über das Calcidiol (B) das Calcitriol (C). Calcitriol ist das eigentlich aktive Vitamin-D-Hormon. Die natürliche Vitamin-Versorgung steht immer dann auf dem Spiel, wenn Darm, Leber und Niere nicht voll leistungsfähig sind.
Vitamin D3 findet man nur etwa einen Tag lang nach dem Sonnenbad im Blut. Dann ist es in das Calcidiol (= 25(OH) Vitamin D3) überführt. Calcidiol stellt die inaktive Speicherform des Vitamins im Körper dar. Das ist deshalb von Bedeutung, weil man daran die Vitamin D-Versorgung der letzten drei Monate ablesen kann. Das eigentlich aktive Calcitriol wird nur bei Bedarf produziert und ist nur wenige Stunden aktiv, dann wird es abgebaut. Für den Arzt ist also das Calcidiol interessant, denn daran kann man ablesen, wie gut die Speicher gefüllt sind.
Warum haben dicke Menschen häufig wenig Vitamin D im Blut?
Eine ganze Reihe von Studien stellen fest, dass dicke Menschen besonders niedrige Vitamin D-Spiegel haben. Das liegt aber nicht daran, dass sie es nicht bilden. Schuld ist die fettige Eigenschaft des Vitamins. Es wird im Fett der Fettzellen praktisch wie mit einem Magneten festgehalten. Damit verarmt das Blut an dem wertvollen Vitamin. Um dieses riesige Depot ausreichend zu sättigen, wäre mehr Sonne erforderlich, als man üblich abbekommt. Übrigens gab es früher dieses Problem wohl nicht: In unserer Vergangenheit waren wir im Sommer ständig am Licht und im Winter wurde der Fettkörper vollständig aufgezehrt. Die Änderung der Lebensweise bringt ganz neue Probleme mit sich.