Wirkungsweise der Physiotherapie
Bewegungstherapie wirkt auf verschiedenen Ebenen:
Der Körper neigt dazu, alle Strukturen abzubauen, die nicht andauernd benötigt werden. Auch bei falschen Belastungen reagiert er zügig. Dann werden die Knochen weniger stabil und es folgen Osteoporose und im schlimmsten Fall Knochenbrüche. Der Halteapparat der Wirbelsäule wird abgebaut und es kommt zu Fehlhaltungen, Bandscheibenerkrankungen, u.U. bis zur Bildung eines Buckels. Die Sehnen verkürzen sich und die Gelenke versteifen. Besonders nach Verletzungen gefährden Verwachsungen die Beweglichkeit.
Überbelastungen und einseitige (berufliche) Bewegungen lösen Abnutzungen und Fehlhaltungen aus. Auch Verspannungen sind häufige Folgen. Bei Schmerzen versucht der Körper eine Haltung einzunehmen, die noch erträglich erscheint. Dann schleichen sich veränderte Bewegungsabläufe und Fehlhaltungen ein. Nach Unfällen, Schlaganfällen, Operationen und Nervenschäden müssen mitunter gewöhnliche Bewegungen neu erlernt werden.
Die Gründe für eine Physiotherapie sind also zahlreich, dem entsprechend vielfältig sieht auch die Therapie aus. Und es werden auch immer bessere technische Hilfsmittel und Fitnessgeräte entwickelt.
Die zentrale Wirkung der Physiotherapie ist die mechanische Ebene mit einer Wirkung auf Muskeln und in zweiter Linie auch Sehnen, Knochen und Gelenke.
Die Physiotherapie soll den Bewegungsapparat gezielt kräftigen. Man trainiert hier die Ausdauerleistung, die Beweglichkeit und den Muskelstoffwechsel. Regelmäßige Bewegung übt Wachstumsreize auf die Muskeln, Knochenstruktur, und Blutgefäße aus. Außerdem werden auch Sehnen gedehnt, die Gelenke gekräftigt und der Knorpelstoffwechsel stimuliert.
Unglaublich vielseitig: für jede Situation eine Lösung Gezieltes Krafttraining ist besonders bei Fehlhaltungen, Haltungsschwäche zu empfehlen. Auch nach längerer Inaktivität, zum Beispiel durch Gipsverbände, kann die abgebaute Muskulatur gezielt angesprochen werden. Behandlungen mit Zug (Traktionsbehandlung) werden zur Entlastung komprimierter Nervenwurzeln eingesetzt. Eine Physiotherapie kann insbesondere auch Schmerzen lindern oder vorbeugen.
Ein Training kann auch die Sturzgefahr bei älteren Personen verringern, denn es kommt zu einer Verbesserung der Koordination und der Leistungskraft.
Selbst wenn die Gefäße beschädigt und verstopft sind, hat der Körper die Möglichkeit, neue Adern aufzubauen. Bei Verschlusskrankheiten wirkt die Bildung neuerer Gefäße lindernd auf die Symptome. Manuelle Lymphdrainage hilft, das Gewebe zu entwässern und Ödeme abzubauen.
Auch bei Abnutzung und Arthrose ist Bewegung positiv. Eine Therapie im Wasser entlastet die Gelenke und ist auch unter schwierigen Umständen möglich, so zum Beispiel bei massivem Übergewicht.
Atemtherapie kann zur Verbesserung der Atemfunktion beitragen und hilft zum Beispiel bei chronischer Bronchitis, Asthma und Mukoviszidose. Der Auswurf von Schleim kann trainiert werden.
Bei Diabetes konzentriert sich die Therapie auf die Füße (Podologische Therapie). Hier gilt es Verletzungen und andere Folgeschäden zu vermeiden (diabetisches Fußsyndrom) und die Füße vorsorglich zu pflegen.
Hilfsmittel Gegebenenfalls werden Schienen, Krücken und stabilisierende Bandagen miteinbezogen.
Daneben auch gibt es auch Anwendungen mit elektrischem Strom zur Linderung von Schmerzen, Steigerung der Durchblutung, Aktivierung und Entspannung der Muskulatur.
Auch andere physikalische Faktoren wie Wärme und Kälte werden genutzt. Sie stimulieren, entspannen, lindern Schmerzen. Bei Bädern, Massagen und Inhalationen setzt man auch Medikamente, Salben, Öle und Phytotherapeutika ein.
Metabolische Ebene mit einer positiven Beeinflussung des Stoffwechsels: Jede Bewegung regt den Stoffwechsel an. Sie wirkt sich senkend auf die Blutfettwerte (Triglyceride und LDL) aus, fördert die Gefäßelastizität, verbessert die Fließeigenschaften des Blutes und beugt so Schäden durch Arteriosklerose und Herzkrankheiten vor. Besonders Ausdauersportarten eigenen sich zum Verbrennen größerer Fettdepots.
Bei Gicht hilft Bewegung, die gefährlichen Stoffwechselprodukte zu mobilisieren und auszuscheiden und die Gelenke besser zu durchbluten.
Bewegung intensiviert die Wirkung des Blutzucker-Hormons Insulin, verbessert die Zuckeraufnahme in die Körperzellen und kann dadurch in der Prävention und begleitenden Behandlung einer Zuckerkrankheit eingesetzt werden.
Daneben stärkt regelmäßige Bewegung das Herz und die Lunge. Bei Bluthochdruck sollte leichtes Ausdauertraining gewählt werden. Empfehlenswert sind leichte Dauerbelastungen wie bei Radfahren, Laufen und Schwimmen.
Dabei sollte man nicht vergessen:
Physiotherapie kann auch Spaß machen. Bei sportlichen Aktivitäten mit Ausdauercharakter wird auch die psychische Ebene angesprochen: dabei wird die Produktion körpereigener „Glückshormone“, der Endorphine, gesteigert. Das reduziert Depressionen und fördert die Lebensfreude. Auch Stresssymptome werden leichter abgebaut. Dies trägt zur psychischen Ausgeglichenheit und zur Aggressionskontrolle bei und hilft nebenbei auch bei Schlafstörungen. Bewegung fördert körperliche und seelische Entspannung in Ruhe.
Körperliche Fitness führt immer auch zu einer verstärkten geistigen Ausdauer und Leistungsfähigkeit, denn die Hirndurchblutung ist verbessert und es stehen vermehrt Energiereserven zur Verfügung. Physiotherapie bei bettlägerigen Personen beugt auch degenerativen Prozessen vor und beeinflusst Arteriosklerose günstig.
Bewertung
Patient Ganz klar: Physiotherapie ist anstrengend und kann auch schmerzhaft sein. Ein wichtiger Faktor bei der Physiotherapie ist die Motivation des Patienten. Ohne seine Mitarbeit und ohne seine eigenständige Übung geht es nicht voran. Leider unterlassen gerade chronisch Kranke ihre Übungen, wenn es ihnen besser geht.
Patienten, die immer sportlich aktiv waren oder sich beruflich viel bewegen, haben einen klaren Vorteil bei der Therapie!
Therapeut Entscheidend für die Therapie sind Erfahrung, Aus- und Fortbildung des Therapeuten, denn der Beruf ist außerordentlich vielseitig. Auch sensible Hände sind unumgänglich. Sie „sagen“ dem Therapeuten was wie weit möglich ist. Der Therapeut setzt während der Therapie kleine und erreichbare Ziele, so dass der Patient einen Erfolg erlebt und für weitere Anstrengungen motiviert ist.
Schulmedizin Es ist allgemein anerkannt, dass Physiotherapie wirtschaftlich bei Krankheit, Verletzung und Alter eingesetzt werden kann. Es ist oft erstaunlich, was eine fachgerechte Therapie gerade nach Unfällen, Operationen und Schlaganfall bewirken kann.
Vor der Behandlung muss die individuelle Situation des Patienten erfasset werden, z.B. Begleiterkrankungen wie Beinvenenthrombosen, Diabetes, Herzerkrankungen, Asthma und Demenz. Diese Kriterien werden bei der Behandlung berücksichtigt.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Bei jeder Therapie muss der geistige und körperliche Zustand des Patienten berücksichtigt werden. Da die Therapie meist von einem Arzt verschrieben wird und die Physiotherapeuten darauf auch selbst achten, sollte dies gewährleistet sein.
Bei allen akuten entzündlichen Prozessen soll der Körper nicht zusätzlich durch Sport belastet werden. Bei jeder Krankheit oder Operation ist der richtige Moment für die Therapie wichtig.
Ist die Herz- oder Atemleistung stark eingeschränkt, kann nur sehr vorsichtig therapiert werden. Körperliche Anstrengung ist bei bestimmten Krankheiten wie schwerem Bluthochdruck oder einer schwerer Schilddrüsenüberfunktion nicht angezeigt. Bei akuten Thrombosen ist kurzzeitig vollständige Schonung wichtig, bis der Thrombus ausreichend festsitzt.
Bei extremen Außentemperaturen und hoher Ozon-/Schadstoffbelastung soll eine intensive sportliche Belastung unterbleiben.
Wechselwirkungen
Mindestens zwei Stunden sollte vor Sport nicht mehr gegessen werden.
Bei Übergewichtigen sollte ein Fachmann auf die Auswahl geeigneter Sportarten achten, um Schäden durch Überlastung der Gelenke zu vermeiden.