Definition
Das steckt dahinter
Die Nervenzellen im Gehirn kommunizieren über exakt dosierte elektrische Signale. Bei Epilepsie ist diese Ordnung entgleist und es kommt zu einem „elektrischen Sturm“. Der Anfall hält in der Regel nur kurz an.
Häufig, aber häufig harmlos
Grundsätzlich ist jedes Hirn krampfbereit, es kommt nur auf die Summe aller möglichen Faktoren und die Veranlagungen an. Fünf Prozent aller Menschen erleiden mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall, haben damit aber noch nicht automatisch eine „Epilepsie“ oder sind „Epileptiker“. Erst wenn mehr Anfälle auftreten, spricht man von Epilepsie.
Behandelbar
Wegen der „unheimlichen“ Symptome wie Zuckungen, Schaum vor dem Mund, Zungenbiss, Bewusstseinsverlust, Wesensveränderung hielt man Epilepsie lange für ein Zeichen Gottes (daher „Morbus sacer“ = Heilige Krankheit) oder als Zeichen eines Befalls durch böse Geister. Heute führen die meisten Epileptiker – dank der Medikamente – ein ganz normales Leben.
Häufigkeit
Die Epilepsien sind sehr häufige neurologische Erkrankungen. Etwa 5 % der Menschen haben einmal im Leben einen epileptischen Anfall. Meist bemerken sie es gar nicht.
Das Krankheitsbild der Epilepsie tritt auch chronisch auf: Etwa 0,7-0,8 % aller Menschen leiden an wiederholten epileptischen Anfällen. In Europa schätzt man die Zahl der Erkrankten auf derzeit sechs Millionen. Ein Drittel beginnt im Kindesalter mit absteigender Wahrscheinlichkeit bis zum 18. Lebensjahr, ein weiteres Drittel erst jenseits des 60. Lebensjahrs.
Heutzutage können die meisten Menschen mit Epilepsien ein normales Leben führen, soweit sie durch die Erkrankung bzw. deren Ursachen nicht geistig oder körperlich eingeschränkt sind.
Die meisten Patienten mit Epilepsie sind heute fahrtüchtig.
Ursachen
Die Ursache von Epilepsie ist eine Fehlfunktion im Gehirn. Unkontrollierte und heftige Nervenimpulse führen zu Krampfanfällen und zum Verlust der Körperkontrolle.
Bei erblicher Epilepsie ist die „Krampfschwelle“ krankhaft herabgesetzt, das heißt, das Gehirn löst ohne größeren Anlass einen solchen Anfall aus. Eine Epilepsie kann erstes Zeichen eines Hirntumors (besonders jüngere Erwachsene) sein.
Ein Anfall kann durch bestimmte Faktoren wie Stress, Absetzen beruhigender Medikamente, Fieber, Schlafentzug oder flackerndes Licht ausgelöst werden. Eine häufige Ursache eines (ersten) epileptischen Anfalls ist der übermäßige Genuss von Alkohol oder der Entzug bei Alkoholikern. Aber auch andere Drogen und Vergiftungen aller Art können beim Menschen Krampfanfälle auslösen.
Weitere Ursachen/Mitursachen sind Flüssigkeitsmangel (Exsikkose), Verschiebungen im Elektrolythaushalt, Zuckermangel, Kopfverletzungen, Blutungen im Hirn, Narben, Hirnhaut-/Hirnentzündung, Aufregung, starke körperliche und psychische Belastungen, Störungen des Lebensrhythmus wie Schlafmangel, Überarbeitung etc. Auch elektrischer Strom kann Epilepsien auslösen.
Bei Kindern kann es bei höherem Fieber bzw. raschem Fieberanstieg zu einem „Fieberkrampf“ kommen. Nur in 5 % der Fälle leiden diese Kinder später unter chronischen Epilepsien. Meist, besonders wenn sie im Alter zwischen zwei und sechs Jahren auftreten, heilen die Fieberkrämpfe folgenlos ab und sind harmlos.
Frühkindliche Schädigungen, Folgen einer Gehirn- oder Gehirnhautentzündung und biochemische Störungen des Gehirns können Ursache von Krampfanfällen sein.
Verlauf und Komplikationen
Verlauf
Vorzeichen: Aura
Oft erfolgt der Anfall plötzlich, bei anderen stellen sich Anzeichen vor dem Anfall ein.
Man nennt diese Vorzeichen auch Aura: zum Beispiel empfinden manche Epileptiker ein aufsteigendes Gefühl vom Magen, Brust oder Rücken, Kribbeln in Armen und Beinen oder Zeitlupengefühl. Es kann auch zu optischen Erscheinungen (z. B. Muster), seltsamen Geräuschempfindungen (z. B. Töne), Konzentrations- oder Schlafstörungen kommen.
Anfall
Der Anfall selbst dauert einige Sekunden oder Minuten. Nur selten dehnt er sich auf eine Viertelstunde aus. Bei allen Anfällen, die länger als 15 Minuten dauern (Status epilepticus), ist schnelles ärztliches Eingreifen (Gabe von Diazepam als Rectiole, intravenös) notwendig.
Es ist sehr schwer vorherzusagen, wie oft es nach einem ersten zu weiteren, wiederholten epileptischen Anfällen kommen wird. Oftmals ist ein epileptischer Anfall ein einmaliges Ereignis im Leben. Aber selbst wenn sich mehrere Anfälle hintereinander ereignen, besteht die Chance, dass die Erkrankung wieder verschwindet.
Viele Epileptiker kennen ihre Auslöser und können sie daher auch vermeiden.
Nach dem Anfall
Danach besteht große Ruhebedürftigkeit oder ein Schlafbedürfnis. Es kann auch für mehrere Stunden die Wachheit und Konzentrationsfähigkeit gestört sein („postikterische Erholung“).
Behandlung
Mit Medikamenten sind 60 bis 90 % der Betroffenen anfallsfrei und können ein normales Leben führen. Epilepsie muss nicht chronisch sein. Nach einigen Jahren können die Medikamente oft wieder langsam abgesetzt werden.
Komplikationen
Man kann sich während eines epileptischen Anfalls durch den Sturz oder Anstoßen verletzen. Manchmal beißt man sich auch auf die Zunge. Besonders gefährlich ist ein solcher Anfall natürlich bei Tätigkeiten wie Sport oder Arbeiten auf Gerüsten und beim Autofahren. Deshalb muss manchmal auch ein Fahrverbot ausgesprochen werden, bis die Erkrankten zuverlässig anfallsfrei sind.
Wenn große Krampfanfälle länger als 15 Minuten anhalten, kann es zu Sauerstoffmangel und Schädigungen des Gehirns kommen.
Insbesondere unter Medikamenten sind die Patienten oft müde, antriebsgehemmt, können stark an Gewicht zunehmen. Die Leber wird durch die meisten Medikamente belastet. In der Regel können zwei Drittel der Epilepsiepatienten ein normales Leben führen.
Idiopathische Epilepsie
Das Gehirn zeigt keine augenfälligen Veränderungen. Die Anfälle treten spontan, ohne offensichtliche Ursache auf.
Symptomatische Epilepsie
Hier liegen meist strukturelle Gehirnveränderungen oder Verletzungen vor oder aber Veränderungen im Gehirnstoffwechsel.
Fokale Epilepsie
Der Anfall betrifft nur bestimmte Gehirnregionen.
Generalisierte Epilepsie
Der Anfall breitet sich auf das gesamte Gehirn aus.
Absence
„Abwesenheit“ (Bewusstseinspause) für einige Sekunden ohne Verkrampfung und ohne Sturz (auch als „Petit-mal“ bezeichnet).
Grand mal
Vollbild des Krampfanfalls mit Bewusstlosigkeit, Stöhnen, Schreien, Sturz und Muskelzuckungen für wenige Minuten.
Tonischer Anfall
Verkrampfung einer oder mehrerer Gliedmaßen, ohne Zuckungen, der Körper verharrt in einer gezwungenen Haltung.
Myoklonischer Anfall
Plötzlich auftretende, kurze Muskelzuckungen, die in nicht rhythmischen Salven erfolgen.
Klonischer Anfall
Muskelzuckungen, typischerweise rhythmisch und anhaltend (Gesicht, Arme, Beine).
Jackson Anfälle
Die Zuckungen beginnen lokal und breiten sich aus (z. B. von der Hand auf den Arm oder die ganze Körperseite).
Psychomotorischer Anfall
Merkwürdige sinnlose Bewegungsabläufe wie Schmatzbewegungen, Lautäußerungen, Umherlaufen, Zupfen oder Wutausbrüche.
Hypermotorischer Anfall
Er ist durch heftige unkoordinierte und ziellose Bewegungen gekennzeichnet: Strampeln, Treten, Wälzen