Definition
Das steckt dahinter
Herpes ist ein chronisches Problem
Der Körper ergreift Gegenmaßnahmen und läutet eine heftige lokale Entzündung ein. In der Regel bringt er damit die Herpesinfektion mehr oder weniger zügig zum Erliegen. Überstanden? Weit gefehlt. Die Viren sind bei der ersten Infektion bis in die Nerven zu den Nervenknoten gewandert. Dort überdauern sie still und geschützt bis zum nächsten Ausbruch. Sind die Bedingungen für sie günstig, wandern sie wieder in den Nerven bis zur Lippe. Dann startet der nächste Angriff. Einmal infiziert kann der Körper den Erreger nur in Schach halten, aber niemals besiegen.
Wann kommt die Herpes-Impfung?
Es wird weltweit an einer Herpes-Impfung gearbeitet. Dabei werden zweit Strategien verfolgt: So soll die Impfung die Infektion verhindern und bei infizierten Menschen das Aufflammen unterdrücken. Bisher sind die Impfstoffe aber noch nicht ausgereift. Ein Wirkstoff der gegen Herpes genitalis entwickelt wurde, half nicht wirklich. Positiv dabei: Die Probandinnen schützte der Impfstoff etwas gegen das nahe verwandte Lippenherpes. Die Infektionsrate ließ sich damit immerhin um 38 % senken. Für eine breite Anwendung ist das noch zu wenig.
Häufigkeit
Herpesviren hat fast jeder
Die meisten Erwachsenen in den Städten der Industrienationen hatten bereits mindestens einmal im Leben Kontakt mit dem Herpesvirus (90 %). Eine Ansteckung erfolgt oft im Kindesalter.
Man schätzt, dass 85 % der Bevölkerung weltweit mit Lippenherpes (HSV-1) infiziert sind. Beim Genitalherpes (HSV-2) geht man von 25 % aus. Dabei muss aber die Erkrankung nicht immer oder immer wieder ausbrechen. Nur ca. 30 % der Infizierten haben wiederkehrende Infektionen.
Ursachen
Übeltäter Herpes
Lippenherpes ist eine klassische virale Infektionskrankheit mit Herpesviren. Die korrekte wissenschaftliche Bezeichnung für Herpes ist „Humanes Herpes Virus Typ-1 (HHV1)" oder alternativ "Herpes Simplex Virus Typ 1 (HSV-1)".
Risiken für einen Ausbruch sind alle Faktoren, die den Körper schwächen:
- UV-Licht
- Extreme Hitze oder Kälte
- Vitaminmangel und einseitige Ernährung
- Stress, körperlicher oder seelischer Art, Erschöpfung, Aufregung
- Gewalteinwirkung und Verletzungen
- Hormonelle Schwankungen bei Frauen (Menstruation, Schwangerschaft)
- Schwächung des Immunsystems durch Krankheit, Alter oder Medikamente
Zwillingsbruder: Herpes genitalis
Während der Herpesvirus vom Typ 1 den Mund befällt, wütet Herpes genitalis unterhalb der Gürtellinie. Der Erreger Herpes Simplex Virus Typ 2 (HHV-2 bzw. HSV-2) wird durch Sexualkontakte übertragen, daher führt man das Krankheitsbild auch unter der Bezeichnung „Herpes genitalis“. Wenn die Mutter den Virus in sich trägt, kann das Kind bei der Geburt angesteckt werden.
Achtung: Der Lippenherpes kann aber ebenfalls in der Genitalregion Infektionen auslösen, wenn er über eine Schmierinfektion in die Region verschleppt wird.
Verlauf und Komplikationen
Einmal angesteckt, chronisch infiziertDer erste Kontakt mit Herpes bleibt häufig unerkannt. Meist schon stecken sich Kinder unter fünf Jahren an. Im extremen Fall entzündet sich die Mundschleimhaut (Stomatitis aphtosa)
- Ankündigung: Anfangs ist Herpes unsichtbar. Kribbeln und Brennen sowie eine Lippenschwellung kündigen die Infektion an.
- Rötung und Bläschenbildung: Bald rötet sich die Haut und wölbt sich eine schmerzhafte Papel vor. Die Papeln füllen sich mit Flüssigkeit. Noch ist die Lippenoberfläche intakt.
- Wundphase: Nach und nach platzen die Bläschen und setzen ein hochinfektiöses wässriges Sekret frei.
- Verkrustung: Bildet sich eine feste Kruste gilt Entwarnung, der Virus ist auf dem Rückzug. Kosmetisch freilich belastet dieser dunkle deutlich sichtbare Fleck. Auch kann die Lippe dort aufreißen und bluten.
- Abheilung: Am Ende bleibt eine kleine rote Stelle, die bald und ohne Narbe verschwunden ist.
- Latenz: Über lange Zeiträume verstecken sich die Lippenherpesviren in den Nervenknoten am Kopf (Trigeminus).
- Rückfall: Wenn der stressende Auslöser weiter besteht, kommen auch die Bläschen wieder. Da muss man mit der Therapie am Ball bleiben. Außerdem kann erneut wieder eine neue Ansteckung erfolgen.
Achtung bei Immunschwäche
Gefährdet für alle Komplikationen sind Personen mit eingeschränkter Immunantwort (nach Organtransplantationen, HIV, Chemotherapie), ältere geschwächte Menschen, Diabetiker, Säuglinge und schwangere Frauen. Bei immunsupprimierten Patienten kommt es zu häufigeren und klinisch schwerer verlaufenden Reaktivierungen. Tödlich können Absiedlungen der Infektion in Leber (Hepatitis), Lunge (Pneumonie) und Niere (Nephritis mit Nierenversagen) sein. Eine Entzündung der Speiseröhre (Ösophagitis) und atypisch verlaufende HSV-Infektionen sind häufige Komplikationen bei Immunschwäche. Der Bläschenausschlag dehnt sich aus und führt zu weniger oder mehr lokalisierten Hauteinblutungen. Auch schwere Blutungen, infolge einer Störung des Gerinnungssystems, sind möglich.
Problem Vorerkrankung der Haut
Ist die Haut vorbelastet – wie etwa bei einem Ekzem oder Schuppenflechte - kann eine HSV-Infektion zum großflächigen Auftreten der Symptomatik führen (sog. Ekzema herpeticatum).
Infektion und Ausbreitung
Durch kontaminierte Hände kommt es manchmal zu einer Verschleppung der Infektionen in nicht betroffene Körperareale. Gefürchtet sind vor allem die Infektionen der Augen. Hornhaut-Entzündung (Herpes-Keratinitis) oder -ulzerationen können zu Vernarbungen und irreversiblen Einschränkungen des Augenlichts führen. Wird die Netzhaut befallen, droht die Erblindung. Gefährdet sind weiter die Speiseröhre und die oberen Atemwege.
Herpes-anfällig: die Nerven
Da Herpesviren Nerven befallen, sind sie auch für Komplikationen besonders gefährdet. Wenn Herpes aus dem Ruder läuft, folgt mitunter eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis). Der Zustand kann akut, aber auch schleichend mit Fieber, Unwohlsein, Reizbarkeit beginnen. Nach etwa einer Woche können Kopfschmerzen, Verhaltens- und Sprachstörungen, Geruchshalluzinationen dazukommen. Unbehandelt führt dies in 70 % zum Tod und schweren bleibenden Schäden.
Auch andere Bereiche des zentralen Nervensystems sind ein mögliches Ziel der Herpesviren: die Gehirnhaut (Meningitis), das Rückenmark (Myelitis) und die austretenden Nervenwurzeln (Radikulitis).
Alles Herpes oder was?
Die Familie der Herpesviren („Herpesviridae“) ist mit etwa 170 Arten sehr groß. Sie befallen Mensch und Tier, sind dabei aber artspezifisch. Bevorzugte Verbreitungsgebiete sind die Immunzellen (Lymphozyten), Nerven und Hautzellen. Besonders unangenehm werden sie dadurch, dass sie gut versteckt im Körper überleben und im Laufe des Lebens immer wieder aufflammende Infektionen auslösen können.
Besonders verbreitet sind:
- Lippenherpes (Herpes labialis, HSV-1)
- Genitalherpes (Herpes genitalis, HSV-2)
Weitere häufige Herpesviren
- HHV-3: Windpockenvirus (Varizella-Zoster-Virus = VZV). Beim Aufflammen der Erkrankung kommt es zu den sehr schmerzhaften Herpes zoster.
- HHV-4: Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers = Infektiöse Mononukleose (Epstein-Barr-Virus EBV)
- HHV-5: Zytomegalievirus (CMV, Erkrankung bei Säuglingen, Kleinkindern und bei Immungeschwächten, insbesondere HIV-Patienten)
- HHV-6: Erreger des Dreitagefiebers bei Kleinkindern unter 2 Jahren (Exanthema subitum, mit Fieber, Husten und Durchfall)
- HHV-7: Löst wie HHV-6 das Dreitagefieber aus.
- HHV-8: Auslöser des Kaposi-Sarkoms (ein bösartiger Tumor bei Menschen mit Immunschwäche wie HIV. Der Krebs entsteht z.B. in der Speiseröhre, Haut oder Schleimhaut).