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CFS, Chronisches Müdigkeitssyndrom: Was steckt dahinter?

Völlig erschöpft: Junge Frau ist am Frühstückstisch eingeschlafen.
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Viel mehr als nur chronisch müde

„Chronisches Müdigkeitssyndrom“, „Chronic Fatigue Syndrome“ oder kurz CFS, so vielfältig wie die Bezeichnungen sind auch die Krankheitsbilder, die sich dahinter verbergen. Erfahren Sie hier mehr über Symptome und Behandlung von CFS.

Von: PhytoDoc-Redaktion

Chronisches Müdigkeitssyndrom: Die unbekannte Krankheit

Morgens erschlagen aufstehen, bei der Arbeit einnicken und den Kollegen nicht folgen können. Ist das „chronische Müdigkeit“ oder schon ein „Chronisches Müdigkeitssyndrom“? Das Krankheitsbild Chronisches Müdigkeitssyndrom ist mit Burnout und Depression in aller Munde. Aber was verbirgt sich dahinter? Wie schlimm ist die Krankheit? Und vor allem, wie erkennt man, ob man betroffen ist? Hier muss man etwas genauer hinsehen. Nicht jede Form von Müdigkeit ist bedenklich.

Müdigkeit vom Symptom zum Syndrom

Sieht man von den natürlichen Müdigkeitsquellen einmal ab, dann ist Müdigkeit in den meisten Fällen ein begleitendes Symptom einer Krankheit. Egal, welche Krankheitskategorie man betrachtet: ein angegriffener Körper spart an Energie. So ist die Liste der Krankheitsursachen von chronischer Müdigkeit recht lang. Meist beginnt eine längere Fahrt durch die diagnostischen Maßnahmen der Medizin. Weitaus die meisten müden Patienten haben am Ende der Untersuchung eine feste Diagnose in Händen, wie etwa Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Eisenmangel oder Depressionen. 

Nur bei rund 0,3 % der Bevölkerung (also immerhin 300.000 Patienten) wird trotz langer Suche kein fassbares Problem gefunden. Trotzdem leiden die Personen erheblich. Auch nach Erholung und Schonung ist keine Besserung in Sicht. Chronisch lang anhaltende Müdigkeit von mehr als 6 Monaten Dauer ist daher differenzierter zu betrachten.

Unerklärliche Müdigkeit: Diagnose ohne Befund

Für Fälle unerklärlicher Müdigkeit wurde der Begriff „Chronisches Müdigkeitssyndrom“ geprägt. Im englischsprachigen Raum nennt man das Phänomen auch „Chronic Fatigue Syndrome“ oder kurz CFS. Im Umlauf ist auch der Begriff „myalgische Enzephalomyelitis“ und „myalgische Enzephalopathie“. Der Begriff myalgisch weist auf die schmerzenden Muskeln hin und Enzephalopathie auf die Störung der Nervenverarbeitung im Gehirn. Vermutlich ist die Krankheit so vielfältig wie ihre Bezeichnungen: CFS dürfte verschiedene Krankheiten bezeichnen. Versuche die Gemeinsamkeiten aller Fälle festzuhalten gibt es einige. Klar ist auch, dass dies keine einfache Angelegenheit ist. Das eine charakteristische Symptom für CFS gibt es nicht.

„Chronische Müdigkeitssyndrom“ - eine unfassbare Krankheit definieren

Die Diagnose wird anhand vieler Hinweise gestellt. Sie kommen aus verschiedenen Symptom-Kategorien. Das Vollbild sieht also bei jedem Patienten ganz individuell aus.

Allgemeine und individuelle Symptome von CFS:

Bei allen CFS Patienten finden sich immer folgende allgemeine Kennzeichen:

  • Müdigkeit körperlich und mental, welche die Aktivitäten deutlich einschränkt
  • Überproportional hohe Abgeschlagenheit nach Anstrengung
  • Schlafstörungen
  • unerklärbare Schmerzstörungen (Muskeln, Gelenke, Kopfschmerzen)

Die Beschwerden variieren mitunter, bestehen aber immer länger als 6 Monate. Zusätzlich treten bei CFS mindestens zwei der folgenden Beschwerden bei Funktionen des Denkens, Wahrnehmens und Bewegens (neurologischen/kognitiven Bereich) dauerhaft auf:

  • Gedächtnisstörungen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Verwirrtheit, desorientiert
  • Wortfindungsstörungen
  • Störungen der Informationsverarbeitung
  • Wahrnehmungs- und Sinnesstörungen
  • Muskelschwäche
  • Störung der Bewegungskoordination
  • Anpassungsschwäche der Augen auf verschiedene Entfernungen
  • Licht und Geräuschempfindlichkeit

Weiter liegt bei CFS mindestens ein Problem in folgenden drei Kategorien vor

1. Problemkreis „automatische“ Körperfunktionen: Sie laufen unbewusst ab, ohne dass man sie bewusst beeinflussen kann oder muss. Gesteuert werden Sie vom autonomen Nervensystem:

  • verzögerte Steuerung von Blutdruck (beim Hinlegen, Aufstehen), Schwindel
  • Störungen des Herzschlags (Herzrasen, Herzklopfen), mangelnde Anpassung an die aktuelle Tätigkeit oder Gegebenheiten
  • extreme Blässe
  • Übelkeit, Reizdarm/Reizblase
  • Atemnot bei Belastungen

2. Ungleichgewicht der Nerven-Botenstoffe (neuroendokrine Funktionsstörungen): Bei CFS liegen Störungen bei der Nerven-Kommunikation durch ihre Signalstoffe vor. Die Folgen sind:

  • Mangelnde Anpassung der Körpertemperatur (Schwitzen, Fieber, Kälte)
  • Probleme bei extremen Temperaturen (Hitze-Kälte)
  • Störungen von Sättigung und Appetit (Anorexie)
  • Beschwerden bei wechselnde Bedingungen (Adaptationsstörung)

3. Meist ist das Immunsystem bei CFS gereizt. Symptome des Immunsystems sind:

  • geschwollene Lymphknoten
  • grippeähnliche Symptome mit Abgeschlagenheit
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Sensitivität gegenüber Medikamenten und Chemikalien

Symptome kritisch betrachten

Viele Syndrome - wie „chronische Borreliose“, „Fibromyalgie“ und andere aktuell viel diskutierte Erscheinungen - sind schlecht fassbar. Die Symptome sind wenig spezifisch und treffen auf viele Patienten zu. Zudem treten die Beschwerden wiederum bei einer Unzahl medizinischer Probleme auf, so dass eine sichere Zuordnung nur schwer gelingt. Ähnliche Symptome können etwa bei erblich schwachem oder gestörtem vegetativen Nervensystem quälen, auch bei Menschen, die wenig trainiert oder dauergestresst sind, sowie bei Angst oder Depressiven Störungen. Bei knappen Kassen wird das Ausufern der Diagnostik und die schwammige Diagnosekriterien schwer kritisiert.

Der missverstandene Patient

Klar, wenn die Ursache nicht definiert werden konnte, ist eine Behandlung schwierig. Und es ist anzunehmen, dass mancher Arzt die schwierigen Patienten mit „depressiv“ oder „neurasthenisch“ einordnet. Auf Grund der Symptome wäre dies durchaus möglich. So wird in den Leitlinien von 2011 immer noch der häufig geäußerte Verdacht beschrieben, bei der Erkrankung spielt eine Verhaltensstörung mit. Der Patient lerne, dass Anstrengung zu sehr erschöpft. In der Folge meide er die Anstrengung bis der Körper seine Kräfte abbaut. Diese Sichtweise kommt bei den Patienten nicht immer gut an. So fühlen sie sich nicht ernst genommen mit ihren Erschöpfungssymptomen. Eine Verharmlosung der Diagnose ist oft nicht angebracht, das zeigen die neuen Untersuchungen ganz deutlich. 

Neue Hinweise aus der Forschung: nervliche und immunologische Fehlreaktion

Zum Glück macht die Forschung auf dem Gebiet Fortschritte. Zumindest bei Teilgruppen lassen sich bei CFS immunologische Abweichungen beschreiben.

Die Jagd nach der Ursache

Diskutiert werden eine größere Anzahl an Hypothesen: Virologische muskelbedingte, immunologische, autonom-neurologische, umweltmedizinische und psychische Ursachen wurden als Auslöser vermutet. Insgesamt deuteten die Symptome darauf hin, dass CFS eine Multiorganerkrankung ist, mit einem Schwerpunkt auf Störungen von Nerven- und Immunsystem. Das bestätigt auch der typische Beginn des Chronischen Müdigkeitssyndroms: Er fällt häufig mit einem in der Krankengeschichte belegten Ereignis wie einem viralen Infekt oder ähnlichen Stressoren zusammen.

Tatort Immunsystem

Bestimmte Abwehrstoffe („Antikörper“) zeigen höhere oder auch niedrigere Spiegel. Teilweise zeichnen sich Typen von Immunzellen durch eine verminderte Funktion (NK-Killerzellen) oder Präsenz (Lymphopenie) aus. Gestört sind auch die Botenstoffe des Immunsystems (proinflammatorische Zytokine). Das macht deutlich, dass das Immunsystem in das Krankheitsbild involviert ist und zwar mit ganz gegensätzlichen Abweichungen: überschießender oder mangelnder Aktivität. Hier kommt die Diskussion schnell auf Abwehrschwäche oder einen unbewältigten Infekt (siehe auch Post-Covid-Syndrom). 

Meist fällt das im klinischen Alltag nicht auf, denn die Routine-Blutwerte für Entzündung und Infekt (BSG oder CRP) liegen im normalen Bereich. Bisher gibt es keinen Routine-Test auf das Chronische Müdigkeitssyndrom. Zu allem Überfluss finden sich auffällige Immunparameter auch gelegentlich bei Gesunden und bei Patienten ohne CFS. Es fehlt also ein wirklich zwingender Zusammenhang.

Ist CFS ein Selbstangriff?

Bei einem Teil der Patienten findet man im Blut Antikörper gegen körpereigene Proteine. Bezeichnend auch, dass diese Proteine wichtige Funktionen der Nerven oder Schilddrüse steuern. Damit erklären sich auch die neurologischen Symptome. Die Schilddrüse als „Gaspedal“ des Körpers kann durch einen Autoimmunangriff ebenfalls mit Müdigkeit verbunden sein. So könnte das CFS der Gruppe der Autoimmunerkrankungen zuzuordnen sein.

Energiekrise im Körper

Abweichungen fand man auch bei den Energiekraftwerken der Zellen, den „Mitochondrien“. Wenn die Bereitstellung von Energie nicht reibungslos abläuft, kann der Organismus weniger leisten. Deutlich geringer fällt oft die Menge der „Energiewährung“ ATP aus. Unter Umständen sterben einzelne Zellen mit defekten Kraftwerken ab (Nekrose) und setzen eine Flut an „Autoantigenen“ und reaktiven Molekülen frei, die Schäden anrichten können.

Oxidativer Stress verändert

Daneben stellt man vermehrt „oxidativen Stress“ im Blut der Betroffenen fest. Er tritt häufig zusammen mit Entzündungen auf und führt über die Jahre zu schleichenden Schäden an den Geweben. Aber noch ein Problem geht auf sein Konto: Die chemischen Reaktionen, die der oxidative Stress bewirkt, verändern die körpereigenen Moleküle. Dann wird für das Immunsystem ein „alter Bekannter“ zu einem „potentiellen Aggressor“. Das könnte die autoimmunen Angriffe mit auslösen.

CFS bleibt ein ungelöstes Rätsel

Bisher kennt man nur unzählige Puzzlesteine. Die eigentliche Ursache, die alle diese Befunde auslöst, bleibt weiterhin im Dunkeln. Klar ist aber: Bei CFS liegen - zumindest bei einigen Patienten - handfeste und schwere Veränderungen im Körper vor. Eine sichere Diagnose ist aber auch heute noch nicht möglich, zumal die „Krankheit“ CFS noch nicht eindeutige Krankheitskriterien erfüllt. Es ist ein langer Weg bis aus einer Störung, auffälligen Laborparametern, anhaltenden Symptomen, Verlegenheitsdiagnosen und Modeerscheinungen eine klar definierte Krankheit wird. Mit diesen Forschungshinweisen ist man zwar einen Schritt weiter, das Krankheitsbild Chronisches Müdigkeitssyndrom ist aber noch nicht schlüssig bewiesen.

Wie behandelt man eine unbekannte Krankheit?

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Bisher sind keine Medikamente gegen CFS zugelassen. Behandelt werden die Symptome wie Infektion, Übelkeit oder Schmerz.

Daran wird gearbeitet: Neue CFS-Medikamente in Sicht

Aber die Lage ist nicht hoffnungslos, es sind erfolgversprechende Wirkstoffe in der Untersuchung. In der Regel stammen die Kandidaten für die Medikamente von verwandten Erkrankungen. Experimentiert wird mit Immunmodulatoren sowie antiviralen und antibiotischen Wirkstoffen. Der Wirkstoff Rintatolimod aktiviert (wie virale ds-RNA) die unspezifische antivirale Immunantwort. Erfolgversprechend sind auch manche Virustatika wie Famciclovir und Penciclovir, z. B. bei der (umstrittenen) chronischen EBV-Infektion (Morbus Pfeiffer, Infektiöse Mononukleose). Das dürfte bei allen Formen helfen, bei denen eine virale Erkrankung an CFS beteiligt ist. Ermutigende Vorstudien lassen auf eine weitere Verfolgung der Strategie hoffen.

Eine Option ist auch das Krebsmedikament Rituximab: Es handelt sich dabei eigentlich um einen therapeutischen Antikörper gegen Blutkrebs (Non-Hodgkin-Lymphom). Er ist gegen ganz bestimmte Immunzellen gerichtet (CD-20 positive B-Zellen), die auch bei anderen Erkrankungen entgleisen. Rituximab wird gerade gegen Autoimmunerkrankungen, CFS und entzündliche Erkrankungen (Rheuma) getestet.

In Deutschland ist bisher keine Therapie zugelassen. Bis es soweit ist, gibt es nur vorsichtige Empfehlungen. Darum haben auch komplementärmedizinische Ansätze im Augenblick noch einen hohen Stellenwert. Ein „multimodales Vorgehen“ erhält von verschiedenen Seiten Zustimmung.

Die andere CFS-Therapie: Komplementärmedizin

Es gibt eine Reihe von Ansätzen, die bei Symptomen wie Müdigkeit, Schlaf und psychische/physische Stabilisierung wirken. Dabei zählt ein individuelles Eingehen auf die jeweiligen Stärken, Schwächen und die Gebrechlichkeit des CFS-Patienten. Wichtigste Maßnahmen sind derzeit die gezielte Aktivität sowie eine Verhaltenstherapie.

Bewegung: Aufwärtstrend in der Abwärtsspirale

Die Patienten mit Chronischem Müdigkeitssyndrom klagen über eine überproportional starke Ermüdung nach Aktivitäten. Die Beschwerden verstärken sich, je stärker die Anstrengung war. Auch für den Außenstehenden ist es nachvollziehbar, dass dies auf die Psyche beängstigend wirkt. Intuitiv ist Schonung die nächstliegende Reaktion. Wissen muss man aber, dass Schonung zu einem weiteren Kräfteabbau führt. Resultat ist eine Abwärtsspirale. So ist Rat zu mehr Aktivität die konsequente logische Folgerung. Auch die Leitlinien der führenden Fachgesellschaften empfehlen das Vorgehen.

Regulär empfohlen wird eine Bewegungstherapie mit langsamer Steigerung. Die Studien hierzu sind noch nicht abgeschlossen, denn in der Realität sind Verhältnisse kompliziert. Insgesamt brechen viele Patienten die Therapie ab. Zukünftige Studien brauchen wohl ein anderes Konzept. Der Gegenentwurf dazu ist die umstrittene „Adaptive pacing therapy“ (APT). Im Zentrum der APT steht die Anpassung der Aktivitäten auf den verminderten Energielevel.

Der Schwerpunkt der Kontroverse liegt daher gerade darauf, wie bei akuter Ermüdung oder Verschlechterung verfahren werden soll. CFS-Patienten bevorzugen es, die Übungen zu kürzen oder auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben. Von vollständiger Inaktivität bei einem Rückfall wird aber abgeraten. Die meisten Empfehlungen gehen in Richtung langsamer Aktivitätssteigerung. Trotz aller Diskussionen zur aktuellen Durchführung profitieren schon jetzt ein Teil der CFS Patienten von kontrollierter Aktivität.

Bewegungstherapie - Prinzip vorsichtig

Aktivität sollte beim Chronischen Müdigkeitssyndrom vorsichtig dosiert werden und stufenweise aufgebaut werden. Alle Alltagsaktivitäten wie Einkaufen, Putzen oder Kochen werden mit eingebunden. Damit man alles im Auge behält, haben sich Schrittzähler bewährt. So kann man die Bewegungstherapie wohldosiert steigern. Mit einem erfahrenen Therapeuten muss geklärt werden, wie man bei akuter Verschlechterung der Symptome vorgeht, ohne den Therapieerfolg zu gefährden. Verausgabung muss ausdrücklich vermieden werden. Ist der gewünschte Aktivitätslevel erreicht, ist dauerhaftes Durchhalten gefragt.

Flexible Ordnung balanciert

Die „Ordnungstherapie“ sorgt für einen geregelten Tagesablauf, in dem alle Lebensaspekte – Erholung und Aktivität - ihren Platz haben. Exzessives Schlafen tagsüber soll auch beim Chronischen Müdigkeitssyndrom vermieden werden, denn dabei verschiebt sich die Tag-/Nachtrhythmik. Schlafstörungen sind vorprogrammiert. Alle Pausen sind zeitlich zu begrenzen. Extrem lange Auszeiten werden nach und nach reduziert. Außerdem profitieren die Betroffenen von einer regelmäßigen Tagesstruktur mit geordneten Mahlzeiten (incl. Frühstück!). Schwerpunkt liegt auch auf einer ausgewogenen, nahrhaften Kost mit Obst und Gemüse (Antioxidantien!).

Rückhalt für die Seele

Noch einmal ganz klar: Das Chronische Müdigkeitssyndrom ist keine psychosomatische Erkrankung. Dennoch: Es ist nicht leicht mit der Krankheit umzugehen, darum gehört zu einer ganzheitlichen Therapie auch der Sektor „Body and Mind“. Es eignen sich alle Angebote, die helfen, Körper und Geist auszubalancieren. Dabei lassen sich die Verfahren einfach auf das eingeschränkte Energieniveau einstellen oder staffeln (YogaQigongMeditation, Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung oder Atemtherapie).

Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) thematisiert ausdrücklich die „psychosoziale“ Versorgung der CFS-Patienten. Wenn man ständig müde ist, leiden das Sozialleben und die Psyche. Immer wieder ist der Arbeitsplatz in Gefahr. Auch die Auseinandersetzung mit den Krankenkassen und Leistungsträgern zehrt an den Nerven. Der Patient muss lernen, seine Einschränkungen optimal zu managen.

Nachweislich hilft beim Chronischen Müdigkeitssyndrom oft die Schulung über eine Verhaltenstherapie. Nur mit einem klar sichtbaren Problem kann man umgehen. Dabei soll der Betroffene auch lernen, festgefahrene negative Denkansätze zu ändern. Gefühle, Symptome und Erwartungen lassen sich entwirren und ordnen. Umgang mit der Krankheit, mit Rückfällen und Lebensordnung gehören mit zum Angebot. Schadensbegrenzung kann man lernen. Wie kommt man nach einem Rückfall wieder in die Gänge? Wellness fördert positive Gedanken. Was zählt, sind reale Ziele und kleine Schritte. Bewegung soll wieder positiv erlebt werden. Wie erkenne und vermeide ich verschlimmernde Faktoren? Wie kann man sich/anderen Grenzen setzen? Da heißt es Kommunikation und Diplomatie üben. Auch Angst und negative Gefühle werden in der Therapie behandelt. Zur Diskussion steht auch eine Therapie mit Antidepressiva. Die Seele ist immer da und redet immer mit.

Gerade Jugendliche profitieren in großem Maße (60-70 %) und auch dauerhaft (über Jahre) von der Intervention.

Optimal versorgt

Der Körper braucht Kraft und darf nicht mangelernährt sein. Grund genug beim Chronischen Müdigkeitssyndrom auf Defizite zu sehen und ganz spezifisch zu handeln. So sollten gerade Stoffe mit Verbindung zum Energiestoffwechsel ausreichend vorhanden sein, da auch hier eine Ursache von CFS liegen könnte. Vitamin B-Komplex-, Eisen-, Selen-, Zink-, Magnesium und Phosphatmangel müssen behandelt werden. L-Carnitin und Co-Enzym Q10 sind im Muskel Bausteine des Energiestoffwechsels, einen Versuch ist es wert. Vorversuche zeigen bei L-Carnitin eine Besserung in den Bereichen Müdigkeit, Schmerz und Aufmerksamkeit. Als Nebenwirkungen wurde Schlaflosigkeit und „Überstimulation“ vermerkt. Weiter ist die gezielte Versorgung mit Antioxidantien ein getesteter Ansatz.

Generell aber sind die Studien zu Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen nicht eindeutig und oft widersprüchlich. Die Bedeutung von Vitamin B12, Vitamin C, Co‑Enzym Q10, NADH (Nicotinamid-adenin-dinucleotid) für CFS ist ungeklärt. Auch ein unspezifischer Ansatz mit Multivitaminpräparaten (ohne vorherige Überprüfung des Bedarfs) schlug beim Chronischen Müdigkeitssyndrom fehl. Bemängelt wird von Kritikern, dass auch eventuelle negative Auswirkungen durch Vitamine und Co häufig nicht aufgezeichnet wurden.

Wenn Patienten diese Mittel im Rahmen des Selbstmanagement probieren wollen, sollten die Dosierungen eingehalten und Einnahmepausen eingelegt werden.

Bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Verdauungsstörungen kann ein Ernährungsberater weiter helfen.

CFS mit Heilpflanzen behandeln

Bei der Phytotherapie fallen in der CFS-Diskussion immer wieder die Klassiker aus der Gruppe der Adaptogene. Sie sollen dem Körper helfen, sich besser gegen verschiedene Stressoren zu wehren. AshwagandhaGinseng und Rosenwurz gehören dazu. Die theoretischen Hinweise sind zahlreich, dennoch bleibt eine große Unsicherheit: Überzeugende klinische Studien mit CFS-Patienten liegen nämlich nicht vor. Einige Vorversuche lassen annehmen, dass möglicherweise ein Teil der CFS-Patienten auf Ginseng anspricht. Auf das ganze Kollektiv bezogen waren die Effekte statistisch nicht signifikant. 

Ein Präparat aus Rosenwurz dürfte gerade den kognitiven Bereich (mit Konzentrationsfähigkeit und der mentalen Belastbarkeit) verbessern, so eine vorläufige Beurteilung. Verwendet wurde ein Spezialextrakt SHR-5 in der Dosierung 400 mg pro Tag für die Dauer von acht Wochen. Die Verträglichkeit des Präparats war dabei sehr gut. Für eine faire Bewertung aber fehlen größere Untersuchungen mit einer Placebo-Behandlung als Kontrolle.

Lage: ernst aber hoffnungsvoll

Mit 0,3 % Betroffenen in der Bevölkerung gehört das Chronische Müdigkeitssyndrom zu den seltenen aber nicht sehr seltenen Erkrankungen. Die Forschung beginnt sich des Themas anzunehmen. Amerika hat das Chronische Müdigkeitssyndrom sogar in den Katalog der vordringlich zu untersuchenden Erkrankungen aufgenommen. Damit ist die erste Hürde genommen. CFS wird als eigenständige Krankheit zunehmend anerkannt. Erste Ergebnisse helfen eine Strategie zu finden. Das hat die Herangehensweise an die Erkrankung schon strukturiert, verfeinerte Management-Programme werden nicht auf sich warten lassen. In Zukunft darf man auf Medikamente hoffen. Sehr wahrscheinlich wird man bereits bekannte Wirkstoffe nutzen, die bei ähnlich gelagerten Erkrankungen zum Einsatz kommen. Das wäre ein großes Glück, denn dann lägen schon die grundlegenden Daten zur Anwendung und Verträglichkeit vor. Die Entwicklung eines Medikaments gegen das Chronische Müdigkeitssyndrom wäre dann entsprechend schneller und billiger.

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