Burnout: Erkennen, verstehen und besiegen
Burnout-Syndrom: das neue Volksleiden einer gestressten und gehetzten Gesellschaft
Immer mehr Deutsche fühlen sich gestresst: Mediziner sehen darin die Hauptursache für das Entstehen des Burnout-Syndroms. Fast jeder kann in diesen Risikozustand geraten, der Körper und Seele enorm zusetzt. Erste Anzeichen sollte man deshalb ernst nehmen.
Von: Inge Behrens
Was ist Burnout?
Kraftlos, erschöpft und niedergeschlagen: immer mehr Menschen suchen den Arzt auf, weil sie den beruflichen Anforderungen nicht mehr gewachsen sind und ihren Alltag kaum noch bewältigen können. Dem Gesundheitsreport 2016 des BKK Dachverbandes zufolge, ist die Zahl der Krankheitstage durch Burnout seit 2005 bis 2015 um fast 700 Prozent gestiegen. In die Statistik fließen die Krankheitstage aller 76 BKK-Mitglieder ein.
Diesen Trend kann Cornelia Weickert-Schwiertz, eine von drei Allgemeinmedizinerinnen der hausärztlichen Praxisgemeinschaft in Hamburg Altona bestätigen. In den letzten Jahren hat auch in ihrer Praxis die Zahl der Patienten mit Psychodiagnosen deutlich zugenommen. Immer häufiger attestiert die Ärztin eine psychovegetative Erschöpfung. Diese Erkrankung ist im ICD 10, einer internationalen Klassifikation von Krankheiten erfasst. Um mit der Krankenkasse abrechnen zu können, muss die Ärztin den Code F 48 angeben. Darunter findet man die neurotischen Störungen. Sehr häufig sei damit das Burnout-Syndrom gemeint, erklärt die erfahrene Hausärztin. Da jedoch das „Ausgebranntsein“ bis heute nicht als Krankheit anerkannt ist, sondern lediglich als nicht behandlungswürdiger Risikozustand gilt, können Ärzte wie Weickert-Schwiertz diese Diagnose nicht stellen.
Der Begriff „Burnout“: Total ausgebrannt und erschöpft
Der Begriff „Burnout“ kommt aus dem Englischen und heißt wortwörtlich übersetzt „ausgebrannt“.
Das erste Mal tauchte der Ausdruck 1960 in dem Roman "A Burnt-Out Case" des britischen Schriftstellers Graham Greene auf. Darin ging es um einen Architekten, der in seinem Beruf keinen Sinn mehr sehen kann, schließlich resigniert, erschöpft aufgibt und auswandert. Die Bezeichnung ist heute in aller Munde und fast schon zu einem Modebegriff avanciert. Vermutlich, weil der bildhafte Begriff sofort eine recht konkrete Vorstellung des Zustands vermittelt, in dem sich ein ausgebrannter Mensch befindet.
Worin unterscheidet sich das Burnout-Syndrom von der Depression?
Recht häufig werden vom Arzt die Diagnosen depressive Episode (F32) oder depressive Erschöpfung (F48) angegeben, wenn jemand unter den ähnlichen Beschwerden wie chronische Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, schlechter Laune oder Antriebslosigkeit leidet.
Im Prinzip ist Burnout und Depression ein sehr ähnlicher Zustand, weshalb selbst für Fachleute die Abgrenzung schwierig ist. „Denn auch Burnout-Patienten sind natürlich sehr depressiv“, weiß Dr. med. Angela Drees, die bereits viele Burnout Patienten in ihrer Privatpraxis ganzheitlich behandelt hat.
Burnout-Betroffene sind hochmotiviert und engagiert
Eine eindeutige Abgrenzung wird umso schwieriger, je länger die Symptomatik besteht. Im fortgeschrittenen Stadium kann deshalb selbst ein erfahrener Allgemeinmediziner, anhand der Symptome kaum noch ein Burnout von einer Depression unterscheiden.
„Hier hilft allenfalls die Vorgeschichte zur Abgrenzung“, erklärt Professor Matthias Burisch, Gründer des Burnout Instituts in Norddeutschland Moorege. Es ist deshalb wichtig, dass der Arzt ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten führt, um die Entstehung seines Beschwerdebilds besser verstehen und einordnen zu können.
Meist zeigt der Krankheitsverlauf einen entscheidenden Unterschied:
Während eine depressive Erkrankung häufig psychische Ursachen hat, wird ein Burnout-Syndrom durch berufliche und private Überlastung und chronische Überforderung ausgelöst und verursacht dann psychische Probleme. Einem Arzt, der seinem Patienten genau und aufmerksam zuhört, wenn dieser seine Beschwerden schildert, dürfte in aller Regel eine Diagnose nicht so schwer fallen.Es gibt noch weitere Unterschiede. Jemand, der an einer Depression erkrankt ist, klage nicht so massiv über Erschöpfung wie jemand, der ausgebrannt ist, weiß Dr. med. Drees.
Dagegen betrachtet Allgemeinmediziner Dr. med. Berthold Musselmann Burnout als Teilsymptom von Depressionen. Ihm geht es vor allem nicht darum, einzelne „neue“ Krankheiten wie ein „Burnout-Syndrom“ und gar Zentren zu schaffen, sondern darum, depressive Patienten adäquat, früh und gut zu versorgen.
Was führt zu Burnout?
Experten beobachten, dass immer weniger Menschen in der Lage sind, ihr Leben so zu gestalten, dass sie psychosozialen Problemlagen und den An- und Herausforderungen, die eine digitalisierte, entsprechend schnelllebige und globalisierte Welt an sie stellt, gewachsen sind.
Das Gefühl, niemals alles bewältigen zu können und keinen Weg aus dem sich immer schneller drehenden Hamsterrad zu finden, stresst immer mehr Menschen. Für die Düsseldorfer Allgemeinmedizinerin Dr. Drees steht fest, dass der immense Stress Hauptursache von Burnout ist, dem die Betroffenen ausgeliefert seien. Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet Stress als die größte Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts.
Zahlen belegen, dass diese Befürchtung berechtigt scheint. Laut einer Forsa Umfrage, die das Institut 2016 im Auftrag der Techniker Krankenkasse durchführte, fühlen sich fast 60 Prozent der Befragten gestresst, unabhängig davon, ob beruflich oder privat. Das Forsa Institut befragte einen bevölkerungsrepräsentativen Querschnitt von Erwachsenen, also auch Menschen, die nicht berufstätig waren. Ein knappes Viertel der Bevölkerung, 23 Prozent, gibt sogar an, häufig gestresst zu sein.
Das Stresslevel steigt bei Berufstätigen
Bei Berufstätigen ist das Stresslevel deutlich höher. Das Ärzteblatt berichtete 2016, dass sich bereits neun von zehn Arbeitnehmern im Job gestresst fühlen. Das ergab eine Studie im Auftrag der pronova BKK.
Sechs von zehn Deutschen leiden der Studie zufolge unter Stress im Alltag und Beruf. Jeder Vierte stehe im Beruf sogar unter Dauerdruck. Neben ständigem Termindruck seien ein schlechtes Arbeitsklima sowie emotionaler Stress die schlimmsten Stresstreiber im Job. So lautet das Diktum unserer Zeit:
Du sollst funktionieren und am besten multifunktional.
Aufgrund des Termindrucks versuchen viele Angestellte notgedrungen, mehrere Aufgaben parallel zu erledigen. Doch wenn die Zeit fehlt, die verschiedenen Projekte in Ruhe zu bearbeiten, erzeugt dies weiteren Stress. Denn das Gehirn ist nun einmal nicht zu Multitasking fähig.
Überstunden belasten Angestellte und erzeugen Stress
Wer trotz aller Anstrengung, seine Aufgaben und sein Arbeitspensum nicht erledigt hat, fühlt sich meist verpflichtet, Überstunden zu machen. Arbeitnehmer empfinden diese Mehrleistung als besonders belastend. Viele von ihnen arbeiten mehr als 48 Stunden pro Woche und überschreiten somit die festgelegte Obergrenze. Fast jeder Dritte verlässt seinen Arbeitsplatz im Laufe des Tages kein einziges Mal. Dabei seien Pausen im Arbeitsalltag zum Auftanken und Abschalten immens wichtig, erklärt Arbeitsmediziner Gerd Herold.
Selbst in den eigenen vier Wänden finden die meisten mittlerweile nicht mehr die ersehnte Ruhe. Die digitalen Medien fordern ihren hohen Tribut. Sogar nach Feierabend müssen viele erreichbar sein oder ihre Mails checken. Das mache vielen Angestellten zu schaffen, so das Ergebnis der pronova BKK Umfrage.
Somit bleibt den Menschen immer weniger Zeit für Erholung und Entspannungsphasen. Für berufstätige und somit doppeltbelastete Mütter gilt das allemal. Für sie geht nach der Arbeit der Stress meist nahtlos weiter. Haushaltsarbeit, Einkaufen und Kinderbetreuung lasten noch immer fast allein auf ihren Schultern. Da sie trotz aller Bemühungen ihre Situation nicht verändern können, sind nicht selten Frustration und Resignation die Folge.
Unrealistische Erwartungen lassen Menschen ausbrennen
Bestimmte mentale Einstellungen und Verhaltensweisen können die Gefahr an Burnout zu erkranken, zusätzlich begünstigen: Wer zu hohe Ansprüche an sich selber stellt, unrealistische Erwartungen an den Berufserfolg hat und zu Perfektionismus neigt, ist stärker gefährdet als Menschen, die ihre Fähigkeiten realistisch einschätzen können. Diese Menschen rechnen Psychologen zur Gruppe der Ausbrenner. Zu ihnen gehören Menschen, die zielgerichtet, engagiert und dynamisch sind. Man unterscheidet sie von den Verschlissenen, die sich nicht durchsetzen und nicht „nein“ zu anderen sagen können. Und deshalb leicht Opfer äußerer Umstände werden, sich machtlos und ausgeliefert fühlen.
Immer wieder diagnostizieren Ärzte bei Erschöpfung auch eine Anpassungsstörung (Code Z73). Auch der Allgemeinmediziner Dr. med. Berthold Musselmann erkennt in dem eingeschränkten Repertoire, mit Belastungen umzugehen eine Ursache für die Entstehung von Burnout. Bei Schwäche oder drohendem Misserfolg würden Menschen, die von Burnout bedroht und betroffen seien, ihre Anstrengungen oftmals noch verdoppeln.
Dr. Musselmann rät deshalb Ärzten, in jedem Fall zu prüfen, ob einem Burnout nicht auch ein erheblicher Suchtfaktor zugrunde liegt: also eine Sucht nach Arbeit und Betriebsamkeit vorliegt oder aber vom Unternehmen, also von außen, ein so hoher Arbeitsdruck erzeugt wird, um die Arbeitskraft optimal auszubeuten, häufig angetrieben von Großinvestoren.
Das Zuhause ist kein Ort mehr, an dem man sich regenerieren kann
Leider muss man auch sehen, dass in einer Gesellschaft, in der der Prozess der Individualisierung weiter voranschreitet, immer mehr Menschen komplett auf sich allein gestellt sind. Die sozialen Beziehungen, sei es zu Familienangehörigen oder sei es zu Freunden und Nachbarn, reduzieren sich auf ein Minimum. Der Zerfall von Familie und Ehen führt zu Vereinsamung, ein weiterer enormer und andauernder Stressfaktor.
Der Mensch ist jedoch ein Gemeinschaftswesen. Soziale Beziehungen schaffen das Nest, in dem sich Menschen von den Alltagsstrapazen regenerieren können. Mangelt es an dieser Möglichkeit, besteht die Gefahr, dass ein Berufstätiger schneller ausbrennt als Menschen, die sich in einer intakten Familie erholen können. Sich neue Ressourcen zu erschließen und Beziehungen zu sichern, ist wiederum mit weiteren Anstrengungen verbunden und führt schnell in den allseits bekannten Freizeitstress.
Was passiert bei Burnout im Körper?
Aus medizinischer Sicht ist das Burnout-Syndrom ein Zustand chronischer körperlicher, psychischer und mentaler Erschöpfung. Ausgelöst von jahrelangem Stress und dauernder Überforderung und Überlastung im Beruf und im Privatleben, der nicht bewältigt und ausreichend verarbeitet werden kann.
Stress setzt den Organismus in Alarmbereitschaft. Er sei allerdings – wie es in der TKK-Stressstudie heißt – nur ein Helfer in der Not, der den Organismus kurzfristig zu besonderer Leistungsfähigkeit befähigt. In Urzeiten setzte der Mechanismus beispielsweise ein, wenn der Mensch von Hungersnot bedroht war. Auch heute kann er lebenswichtig und -rettend sein, beispielsweise wenn man in Gefahr ist und fliehen muss. Stress hat eine ungeheure Wirkung auf den Organismus. Dabei wird der sogenannte Sympathikus aktiviert, der einen Teil des vegetativen Nervensystems bildet. Ist die Gefahr vorbei oder wieder Essen vorhanden, wird der Parasympathikus aktiviert. Dieser Gegenspieler sorgt dafür, dass man sich wieder entspannen und regenerieren kann.
Bei Stress ist der Körper konstant in Alarmbereitschaft
Bei andauernder Überlastung springt jedoch das parasympathische Nervensystem einfach nicht mehr an. Der Organismus bleibt also konstant angespannt. Die innere Unruhe macht es einem unmöglich, entspannt auf dem Sofa und in einer Zeitschrift zu schmökern. Denn der Herzschlag ist nun beständig erhöht, die Atmung flach und immer beschleunigt. Da das vegetative Nervensystem, welches nahezu alle lebenswichtigen Vorgänge wie Schlaf, Atmung und Verdauung im Organismus steuert und reguliert, gestört ist, kann der Organismus sich nicht mehr erholen.
Wird Burnout sehr spät, also erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt und therapiert, genügt auch ein dreiwöchiger Urlaub nicht mehr, um sich von den Strapazen des Berufslebens und des Alltags zu erholen. Bis das Zusammenspiel zwischen Parasympathikus und Sympathikus wieder reibungslos läuft, kann dann ein Jahr vergehen.
Nitrosativer Stress schädigt die Zellen des Körpers und somit die Organe
Stress wirkt sich nicht nur auf das vegetative Nervensystem aus, sondern beeinträchtigt auch die Funktion der Organe und Organsysteme.
Steht der Mensch unter Stress und Zeitdruck, verbraucht der Organismus deutlich mehr Energie in Form von Nährstoffen.
...erklärt die Ärztin Dr. med. Drees. Ein Auto, das 170 oder 180 Stundenkilometer fährt, benötige auch mehr Treibstoff als bei Tempo 100.
Stress setze sich deshalb bis in die Ebene der Zellen fort, indem reaktionsfreudige Stickstoffverbindungen im Körper Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine aufzehren, so die Privatärztin für naturheilkundliche Medizin. Vor allem die Mineralien Zink, Selen und Magnesium werden dabei quasi als Treibstoff verbrannt.
Mit der Folge, dass nun dem Organismus nicht mehr genügend Vitalstoffe zur Verfügung stehen, um Neurotransmitter wie Serotonin und Melatonin oder auch Tryptophan herzustellen. Die Aminosäure Tryptophan und das Hormon Serotonin sorgen für gute Stimmung und Wohlgefühl. Drees beschreibt in ihrem Buch „Burnout naturheilkundlich behandeln“, wie ein biochemischer Teufelskreis entsteht, der sich in allen Zellen des Körpers bemerkbar macht.
Auch Vitalstoffmangel kann Burnout verursachen
Fatal wirkt sich auch der Mangel aller B-Vitamine aus, wenn diese bei Stress aufgezehrt werden. Während ein B12-Mangel Konzentrationsschwierigkeiten und Vergesslichkeit hervorruft, schwächt ein niedriger B5-Vitamin Spiegel, die Funktion der Nebennieren.
In Stresszeiten arbeiten die Nebennieren auf Hochtouren und schütten mehr Adrenalin und andere Stresshormone aus. Sie verbrauchen deshalb deutlich mehr Pantothensäure (B5). Nach einer längeren Phase erhöhter Aktivität produzieren die Nebennieren deshalb immer weniger Stresshormone und auch weniger Geschlechtshormone. Der Grund: Der Treibstoff ist verheizt. Das zeigt sich in Erschöpfung und Müdigkeit, aber auch in sexueller Unlust. „Leider wird die Funktionsschwäche der Nebennieren von den Ärzten selten erkannt und erst bei einem 50 – 60 prozentigen Ausfall des Gewebes diagnostiziert“, so Drees.
Allerdings ist ein gewisser Abfall der Nebennierenaktivität mit dem Älterwerden normal. Es sollte also nicht zu häufig eingegriffen werden.
Erste Anzeichen des „Ausgebranntseins“
Burnout erwischt niemanden rücklings oder eiskalt. Ein Burnout-Syndrom schleicht sich auf leisen Sohlen heran. Erste Anzeichen werden von den Betroffenen aber auch von den involvierten Ärzten nicht ernst genug genommen. Der Burnout-Experte Dr. med. Volker Faust bezeichnet diese umfassende Erkrankung als einen gefährlichen Schwelbrand. Damit er rechtzeitig gelöscht werden kann, ist es deshalb wichtig, die ersten Anzeichen zu erkennen.
In der Anfangsphase neigen Menschen zu Hyperaktivität. Sie sind nervöser und reizbarer als zuvor und leisten unbezahlte Mehrarbeit. Ständig haben sie das Gefühl, keine Zeit zu haben. Oft fühlen sie sich unausgeschlafen. Sie werden unaufmerksamer, zerstreut und vergesslich. Ihre Flexibilität lässt nach, Veränderungen sind unwillkommen und werden abgelehnt. Hobbies, denen die Betroffenen früher mit Begeisterung nachgegangen sind, bereiten ihnen keine Freude mehr.
Nacken- und Rückenschmerzen können erste Anzeichen eines beginnenden Burnouts sein
Körperlich zeigt sich das beginnende Erschöpfungssyndrom durch chronische Schulterverspannungen sowie Kopf- und Nackenschmerzen. Magen- und Darmbeschwerden sowie Schwindel und Übelkeit können ebenfalls ernstzunehmende Signale des Körpers dafür sein, dass er bereits chronisch überlastet ist. Häufig treten auch schon in der Anfangsphase Rückenschmerzen, Muskelverspannungen und auch Schlafstörungen auf.
Fatale Spirale: Tabletten, Kaffee & Alkohol
Um sich entspannen oder durchschlafen zu können, greifen manche zu Beruhigungs- oder Schlaftabletten. Um „runterzukommen“ trinken viele auch mehr Alkohol als zuvor. Oder sie steigern ihren Kaffeekonsum, um leistungsfähig zu bleiben. Dieser Weg führt aber in die Sackgasse. Vor allem Alkohol belastet als Zellgift den Körper nur zusätzlich und laugt ihn weiter aus.
Weitere typische Anzeichen für Burnout finden Sie im eigenen Artikel:
Wer ist Burnout gefährdet?
Früher ging man davon aus, dass Burnout vor allem Menschen trifft, die voller Engagement und Idealismus für ihren Beruf oder eine Sache brennen und dabei über ihre körperlichen und geistigen Grenzen gehen. So wie der New Yorker Arzt und Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger, der bei sich selbst in den 1970er Jahren die Diagnose Burnout stellte, nachdem er sich in seinem Beruf übermäßig engagiert und verausgabt hatte.
Der Begriff Burnout kennzeichnete also zunächst eine berufsbedingte, chronische Erschöpfung. Erfolgsorientierte Führungskräfte, ehrgeizige Workaholics waren mehr als andere Arbeitnehmer vom Burnout bedroht. Eine Zeitlang bezeichnete man das Leiden deshalb auch als Manager-Krankheit. Neben Personen in helfenden Berufen zählten auch Hochleistungssportler und alle leistungsorientierten Menschen zur Risikogruppe, da sie überproportional häufig von Burnout betroffen waren. Man denke nur an den Skispringer Sven Hannawald oder den Torhüter Oliver Kahn, der erst kürzlich öffentlich zugab, dass er in den 1990er Jahren so erschöpft gewesen sei, dass er nicht mehr wusste, wie er sein Leben bewältigen sollte.
Wie soll das gehen? Ich kann nicht mehr atmen, alles dreht sich um mich herum.
Mittlerweile hat sich Burnout auf alle Berufsgruppen ausgedehnt
„Heute kann es jeden treffen, vom Anwalt bis zum Zahnarzt“, bestätigt Dr. med. Volker Faust.
Längst ist Burnout ein Massenphänomen. Prof. Dr. Dr. Stephan Ahrens, Leiter des Psychosomatischen Fachzentrums Falkenried, warnt: „Burnout nimmt stark zu und ist wie eine psychosoziale Epidemie.“
So leiden auch immer öfter Hausfrauen und Schüler unter dem Ausbrennen. Auch Arbeitslose sind gefährdet, da sie sich – angetrieben von der Angst vor dem sozialen Abstieg – bei der Jobsuche stark verausgaben. Auch ist man in keinem Alter vor Burnout gefeit. Selbst Rentner finden heute keine Ruhe mehr und können sich überfordert, ausgebrannt und kraftlos fühlen. Vielleicht überschreiten sie ihre physischen und seelischen Grenzen, weil sie sich vor dem Damoklesschwert gesellschaftlicher Isolation und der Einsamkeit fürchten.
Burnout scheint wie ein schleichendes Gift zu sein, das jedem injiziert werden kann. Am häufigsten kommt jedoch Burnout in der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen vor. Vermutlich, weil sie bereits einen langen Arbeitsweg absolviert haben und den wachsenden Anforderungen nicht mehr standhalten können.
Wer diagnostiziert und behandelt Burnout?
Wer meint, dass er möglicherweise unter dem Burnout-Syndrom leide, sollte als erstes den Hausarzt aufsuchen. Er ist die erste Anlaufstelle und kann den Patienten zum Psychotherapeuten überweisen. Er kann auch das Erlernen von Entspannungstechniken, wie beispielsweise die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, verordnen.
Ein guter Allgemeinarzt oder Internist sollte auch andere mögliche organische Ursachen abklären, die dieselben Symptome wie Müdigkeit oder chronische Erschöpfung hervorrufen können und deshalb leicht mit einem Burnout verwechselt werden können. So kann etwa eine Schilddrüsenunterfunktion, chronische Infektionen, Eisenmangel oder eine Tumorerkrankung für die Beschwerden verantwortlich sein.
Mit verschiedenen Diagnosemethoden, angefangen von der Blutuntersuchung über bildgebende Verfahren bis hin zu Ultraschalluntersuchungen, kann der Arzt andere Erkrankungen ausschließen.
Und wer schreibt krank?
Bei Verdacht auf Burnout kann der Hausarzt den Patienten krankschreiben.
Sechs Wochen im Jahr darf ein Arbeitnehmer krank sein, ohne dass ihm eine Kündigung droht. Anschließend übernimmt die jeweilige Krankenkasse die Lohnfortzahlung. Stellt der Arzt eine Krankmeldung aus, sollte man dies ernstnehmen und nicht nach dem Motto „nun ruhe ich mich erst einmal aus“ die Hände in den Schoß legen. Denn es besteht dringender Handlungsbedarf.
Experten empfehlen, sich schnellstmöglich um psychologischen Beistand zu bemühen und sich um weitere Therapieangebote zu kümmern. Im fortgeschrittenen Stadium ist möglicherweise ein stationärer Aufenthalt sinnvoll.
Therapeutensuche
Viele Patienten bevorzugen jedoch eine Therapie im gewohnten Umfeld. Um sich nicht alleine zu fühlen, können sich Betroffene auch Selbsthilfe-Gruppen anschließen. Im Internet werden auch Selbsthilfe-Programme angeboten. Auch wenn diese keine Behandlung ersetzen, so sind die Programme auf der Website www.novego.de durchaus empfehlenswert. Sie sind allerdings kostenpflichtig.
Wichtig ist es, in dieser Zeit gut für sich zu sorgen, auf seine Grenzen zu achten und Selbstmitgefühl zu entwickeln. Wer für sich selber wie für einen guten Freund oder sein eigenes Kind sorgt, wird sich bald besser fühlen.
Lesen Sie die folgenden Artikel, um zu erfahren, was auf einen Burnout hinweist & wie das Behandlungskonzept im einzelnen aussieht bzw. wie man selber mit naturheilkundlichen Mitteln den eigenen Genesungsprozess unterstützen kann. Auch kann dieser Burnout-Test erste Hinweise bezüglich eines Burnout-Risikos geben.
Quellen/Weitere Informationen
- Dr. Volker Schmiedel, Burnout, wenn Arbeit, Alltag & Familie erschöpfen, Trias Verlag, € 14,99
- Maria M. Kettenring, Hausapotheke Ätherische Öle, Schnelle Hilfe für jeden Tag, Joy Verlag, € 16,95
- Dipl.-Psych.Dr. Dietmar Ohm, Stressfrei durch Progressive Muskel Relaxation, Tiefenmuskelentspannung nach Jacobson, Trias Verlag, € 17,99
- Aruna M. Siewert, Natürliche Psychopharmaka, Ganzheitliche Medizin für die Seele, GU Verlag. € 12,99
- BKK Dachverband, Grafik bzw. Diagramm findet sich auf S. 63 und 64.
- Dr. Angela Drees, Burnout naturheilkundlich behandeln.