Schulmedizin
Früher galten Tinnituspatienten als schwierig, was dazu führte, dass sie sich noch mehr unverstanden zurückzogen. Heute kennt man das Problem und das Gebiet wird auch aktiv beforscht. Bereits eine Aufklärung über die Tinnitusauslöser trägt meist zu einer erheblichen Minderung des Leidensdrucks bei.
Für die Schulmedizin gehört akuter Tinnitus in den Bereich Hörsturz. Die Arzneimittelbehandlung erfolgt analog wie die Therapie des Hörsturzes. So sollte am besten umgehend einsetzen, d. h. innerhalb der ersten Tage nach Auftreten der Beschwerden. Ein Erfolg ist nicht sicher: Eine wirksame und spezifische Arzneimitteltherapie gegen Tinnitus ist derzeit nicht verfügbar.
Die Behandlung erfolgt durch Blutverdünnung oder durchblutungsfördernde Medikamente. Durch tägliche Infusionen mit Plasmaersatzstoffen wird das Blut verdünnt; bei einer Blutwäsche (Hämapherese) werden Blutfette und andere Stoffe entfernt, um somit die Fließeigenschaften des Blutes positiv zu beeinflussen. In einer Sauerstoffüberdruckkammer kann ein erhöhtes Angebot an Sauerstoff im Blut erzielt werden. Allerdings stellt sich hier oft nur ein mäßiger Erfolg bei Tinnitus ein, der zudem oft nicht von Dauer ist. Auch die Überdruck-Sauerstofftherapie setzt auf eine verbesserte Sauerstoffversorgung des Ohrs. Beobachtet wird meist nur eine vorübergehende Linderung der Tinnitusbeschwerden. Großer Nachteil: die Therapie ist teuer.
Des Weiteren werden mehr oder weniger erfolgreich Glukokortikoide (Cortison) eingesetzt, sowie Medikamente mit beruhigendem und antidepressivem Effekt. Das soll die negativen Gefühle beim Tinnitus dämpfen.
Mangel an GABA (γ-Amino-Buttersäure) im Gehirn soll eine Mitursache von Tinnitus sein. Man kann den Botenstoff indirekt durch Angstlöser aus der Gruppe der Benzodiazepine erhöhen (z.B. Diazepam, „Valium“). Wegen einer raschen Gewöhnung, Abhängigkeit und vieler Nebenwirkungen kommen Benzodiazepine höchstens bei Tinnitus für 10 Tage in Frage.
Im hausärztlichen Bereich haben sich bei Tinnitus eine kurze Krankschreibung und die Einleitung einer multimodalen Betreuung mit Ginkgo, psychischen Maßnahmen, Ordnungstherapie, Neuraltherapie und Gesprächen bewährt. Nur bei einem akuten Hörsturz ist ein stationärer Krankenhausaufenthalt oder eine Kur sinnvoll, um Stress und Belastungsfaktoren abzuschalten. Zu berücksichtigen ist, dass eine stationäre Behandlung mit Herausnahme aus familiärem, beruflichen und sozialem Umfeld nicht alle Patienten entlastet. Macher empfindet es als zusätzlichen Stressor.
Aber es wird weiter an der Thematik geforscht. Im Forschungszentrum Jülich beispielsweise arbeitet man an einem Neurostimulator, der die fehlgeleitete Nervenaktivität stören soll. Dabei erzeugt ein kleines tragbares Gerät akustische Signale, die direkt ins Ohr geleitet werden. Allerdings zahlt die Krankenkasse die Neurostimulation derzeit nicht.
Fazit:
Den Tinnitus heilen kann man nicht immer, es gibt aber viele Optionen, die einen Versuch wert sind.