Das steckt dahinter
Die vegetative Dystonie (dys = fehlreguliert; tonus = Spannung) bezeichnet ein sehr veränderliches Krankheitsbild, dessen Ursachen in einer gesteigerten Erregbarkeit des vegetativen Nervensystems und einer erhöhten körperlichen sowie seelischen Empfindlichkeit vermutet werden. Die Betroffenen neigen, verglichen mit anderen Menschen, häufiger dazu, sich „krank“ zu fühlen. Oft liegen geistige oder körperliche Überforderung und Schicksalsschläge vor, manche Menschen reagieren auch ohne auffälligen Stress sensibel, als ob gerade eine massive Belastung stattfindet.
Wenn ähnliche Symptome durch Krankheiten wie schwere Entzündungen, Infektionen oder eine Überfunktion der Schilddrüse tatsächlich ausgelöst werden, sind sie für den erfahrenen Arzt normalerweise zu diagnostizieren, sofern er alle notwendigen Untersuchung veranlasst hat und kein Ergebnis übersieht.
Diese Erscheinung wurde lange nicht besonders beachtet oder die Beschwerden als „eingebildet“ abgetan. Erst heute wird nach den Ursachen geforscht. Funktionelle Störungen werden unter dem Gesichtspunkt einer gestörten Regulations-Informationsverarbeitung mit der Folge von Störungen in den natürlichen Rhythmen, wie dem Herzschlag oder der Verdauung, gesehen. Es hat sehr lange gedauert, bis sich dieses neue Gebiet der Medizin – die „Psychosomatik“ – etabliert hat. Man hat erkannt, dass Erkrankungen sich häufig in einem Organ niederschlagen, das schon einmal erkrankt war und dadurch die Aufmerksamkeit des Patienten auf sich gelenkt hat. Doch leider können die Beschwerden oft nicht wirksam behandelt werden.
So sind „Vegetative Dystonie“ oder Beschwerden wie „funktionell“, „somatoform“ immer noch eine medizinische Verlegenheitsdiagnose. Auch für den Patienten ist diese Diagnose unbefriedigend, da er sich subjektiv sehr unwohl fühlt. Es fällt ihm schwer, zu glauben, dass kein Befund vorliegt, nicht, weil er sich ausschließlich auf die Beschwerden fixiert, wie oft unterstellt wird, sondern, weil die Körpersymptome für ihn genauso real sind, als hätte er „wirklich“ eine Krankheit. Wegen der signifikanten Kosten ist der Arzt häufig nicht gewillt neue Untersuchungen anzuordnen und der Patient unzufrieden. Von einer Überweisung zu einem psychotherapeutischen Experten wird oft zu wenig Gebrauch gemacht oder sie scheitert an dem Widerstand der Patienten.
In der Naturheilkunde werden Ansätze verfolgt, die solche Patienten häufig ihre Gesundheit wiedergewinnen lassen. Sie berücksichtigen die Gesamtheit von Körper, Psyche und Intellekt, die klassische Medizin dagegen leider nur einzelne Organe, Systeme und Subsysteme. Heilerfolge sind meist punktuell und eine Gesundung des ganzen Menschen bleibt oft aus. Als Folge können Patienten zu „chronisch Kranken“ werden.
Häufigkeit
Grobe Schätzungen geben an, dass etwa 25 % der Patienten, die sich in medizinische Einrichtungen begeben, darunter leiden. Meist ist das Leiden chronisch. Damit stellen funktionelle Störungen eine signifikante Belastung des Gesundheitssystems dar. Die Folgekosten, dieser international verbreiteten Dauerschädigungen, sind fast nicht zu berechnen.
Das Syndrom kann sich spontan zurückbilden, mit 10 % ist dies aber sehr selten der Fall.