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Sulforaphan – vielversprechender Wirkstoff gegen Krebs und andere Krankheiten

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Broccoli und Sprossen von Broccoli auf einem weißen Tuch.
© Corinna Gissemann - Fotolia.com

Broccoli gegen Krebszellen

Sulforaphan ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der in hoher Konzentration in Brokkoli enthalten ist. Das Senföl ist ein vielversprechendes Mittel im Kampf gegen zahlreiche Krankheiten wie Krebs oder Diabetes.

Von: Benjamin Honda

Was ist Sulforaphan?

Sulforaphan ist ein sekundärer Pflanzenstoff mit antimikrobieller und antioxidativer Wirkung, der in vielen Kreuzblütlern vorkommt. Viele Studien deuten auf einen präventiven und therapeutischen Nutzen bei Krankheiten wie Krebs oder Diabetes hin. 

Isoliert und untersucht wurde Sulforaphan erstmals 1992 von einem Team um den Krebsforscher Prof. Talalay an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore/USA. Seine Arbeit gilt als Durchbruch bezüglich der antikanzerogenen Wirkung von Kohlsorten [1].

Wo ist Sulforaphan enthalten?

Das Senföl Sulforaphan ist in Kreuzblütengewächsen enthalten, zu denen alle gezüchteten Kohlsorten (Brassica oleracea) wie Brokkoli, Blumenkohl, Rosenkohl oder Weißkohl gehören, aber auch andere Gemüsearten wie Radieschen oder Meerrettich. Typisch für die Senföle, die aus Senfölglykosiden (Glucosinolate) freigesetzt werden, ist der scharfe, mitunter auch bittere Geschmack. 

In Brokkoli und dessen Sprossen kommt Glucoraphanin, das Senfölglykosid, aus dem Sulforaphan gebildet wird, in besonders hoher Konzentration vor.

Wie entstehen Sulforaphane?

Sulforaphane entstehen erst durch einen chemischen Prozess, wenn Pflanzenzellen verletzt werden, weil zum Beispiel ein Tier die Pflanze fressen will. Dieser Inhaltsstoff ist also primär zur Abwehr von gefräßigen Pflanzenfressern gedacht. Damit Sulforaphan entstehen kann, braucht es zwei Komponenten, die vor der Verletzung getrennt in den Pflanzenzellen vorliegen

Die eine Komponente ist das Enzym Myrosinase, die andere das Senfölglykosid. Kommen diese beiden Stoffe nun durch einen tierischen Pflanzenfresser oder den Kauapparat eines Menschen zusammen, spaltet die Myrosinase den sekundären Pflanzenstoff in Glucose und das Senföl Sulforaphan. Die Senföle führen zu Vergiftungen bei den Tieren, Bakterien oder Viren, die die Pflanze "angreifen". 

Für den Menschen dagegen stellt diese Pflanzenfamilie – in Maßen genossen – keine Gefahr dar. Im Gegenteil: Seit der Antike weiß man die gesundheitsfördernde Wirkung des Kohlgemüses zu schätzen und auch heute noch haben Kohlwickel oder Meerrettichsirup einen hohen Stellenwert als Hausmittel.

Wie wirkt Sulforaphan?

Sulforaphan wirkt antimikrobiell, so dass Viren, Pilze und Bakterien wirksam bekämpft werden können.

In den letzten Jahren stand im Fokus der Wissenschaft aber vor allem die antioxidative Wirkung des Sulforaphans, die etwas Besonderes ist, da der Wirkstoff freie Radikale nicht direkt unschädlich macht, sondern indirekt. Dies geschieht, indem Entgiftungsenzyme in der Leber aktiviert werden, die so genannten Phase-II-Enzyme. Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass Sulforaphan auf Tumorzellen hemmend wirkt und besonders therapieresistente Krebsstammzellen angegriffen wurden.

Mittlerweile hat auch die Forschung in Deutschland das Sulforaphan für sich entdeckt und an der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg fanden preisgekrönte Studien zum Pankreaskarzinom statt, über deren Ergebnisse wir im Folgenden berichten.

Sulforaphan: Anwendungsgebiete im Überblick

Hilft Sulforaphan gegen Krebs?

Zahlreiche Studien geben klare Hinweise, dass Sulforaphan sich sowohl zur Krebsprophylaxe eignet als auch einen therapeutischen Nutzen im Kampf gegen verschiedene Arten von Krebs hat. Wie groß dieser Nutzen ist und wieviel Sulforaphan wir dafür zu uns nehmen müssen, ist allerdings noch nicht geklärt.

So kommt eine Zusammenfassung von 80 Studien zu dem Schluss, dass ein hoher Konsum von Gemüse aus der Familie der Kreuzblütler zu einem geringeren Risiko führt, an Krebs zu erkranken. Das scheint insbesondere für Lungen-, Magen- und Darmkrebs zu gelten [2]. In einer Studie mit Mäusen reduzierte Sulforaphan Auftreten, Häufigkeit und Gewicht von Brust-Tumoren deutlich [3].

Wie Sulforaphan bei Bauchspeicheldrüsenkrebs wirkt, erforscht ein Team um Prof. Ingrid Herr, Leiterin der Sektion Chirurgische Forschung und Teamleiterin der AG Molekulare Onkochirurgie der Universitätsklinik Heidelberg [4]. Das Pankreaskarzinom ist eine besonders aggressive Krebsart, die früh Metastasen bildet und daher meist erst entdeckt wird, wenn der Krebs schon weit fortgeschritten ist. Verantwortlich dafür sind vor allem die Vorläuferzellen des Tumors, die Krebsstammzellen.

Gewöhnliche Krebstherapien können diesen Zellen kaum etwas anhaben. Das Medikament Sorafenib dagegen hemmte die Tumorstammzellen und das Tumorwachstum, wenn auch nur für kurze Zeit. Das Team um Prof. Herr fand heraus, dass Sulforaphan die Wirkung von Sorafenib verstärkt und die Tumorstammzellen darin behindert, die Wirkung von Sorafenib und anderen Chemotherapien zu umgehen [5].

Doch nicht nur Sulforaphan hat das Potential Tumorstammzellen und Metastasierung zu bremsen, auch viele weitere sekundäre Pflanzenstoffe werden intensiv erforscht. So wurden die schützenden Effekte auch bei dem Flavonoid Quercetin identifiziert, das ebenfalls in Brokkoli, aber auch in vielen anderen Obst- und Gemüsesorten vorkommt. Prof. Herrs Empfehlung lautet daher, sich ausgewogen mit viel Obst und Gemüse zu ernähren und nicht nur auf einzelne Pflanzenstoffe zu setzen.

Hilft Sulforaphan bei Diabetes?

Metformin ist das am häufigsten eingesetzte Antidiabetikum bei Diabetes Typ 2. Allerdings ist es für 15 Prozent der Patienten nicht geeignet. An der Universität Göteborg forschte man daher nach Alternativen und stieß dabei auf Sulforaphan. 

In einer placebokontrollierten Studie mit 97 Patienten erhielten übergewichtige Diabetiker 12 Wochen lang ein Pulver aus einem Extrakt aus Brokkolisprossen. Das Ergebnis der Studie: Sulforaphan kann den Blutzuckerwert senken. Dabei wirkt es auf eine andere Weise als Metformin, so dass künftig auch eine Kombination der beiden sinnvoll sein könnte [6].

Gegen welche weiteren Krankheiten kann Sulforaphan helfen?

Auch für viele andere Krankheiten gibt es erste Studien, die auf Sulforaphan als vielversprechenden Wirkstoff hoffen lassen. So scheint es ein wirksames Mittel gegen Helicobacter pylori zu sein, das die Bakterien in relativ kurzer Zeit zerstört [7]. Die Bakterienart siedelt sich in der Magenschleimhaut an. Im besten Fall hat das keine Folgen. Heliobacter pylori kann aber auch zu Entzündungen der Magenschleimhaut (Gastritis), Magengeschwüren oder sogar Magenkrebs führen.

In einer klinischen Studie nahmen 65 Nichtraucher zwischen 25 und 200 Gramm Brokkolisprossen über drei Tage lang zu sich. Dabei erhöhte sich die Produktion sogenannter Phase II Enzyme in den Epithelzellen der Atemwege, während die Kontrollgruppe keine Veränderung zeigte. Diese Enzyme bauen organische Toxine ab und helfen so, oxidativen Stress zu reduzieren. Das Senföl könnte damit auch ein Mittel gegen AsthmaHeuschnupfen oder COPD sein [8].

Eine Doppelblindstudie mit 44 Teilnehmern untersuchte die Auswirkung des Senföls auf Menschen mit Autismus [9]. Dabei verbesserte sich das Verhalten der Patienten, die Sulforaphan erhielten, signifikant gegenüber dem der Kontrollgruppe. Studien an Mäusen lieferten erste Hinweise, dass Sulforaphan auch bei Alzheimer [10], Haarausfall [11] und Arthritis [12] helfen könnte.


Wieviel Brokkoli soll ich essen?

In einem Interview sagte Prof. Talalay einmal, jeder würde ihn und sein Team fragen, wieviel Brokkoli man denn nun essen solle. Seine Antwort: „Wir wissen es nicht.“ [13]

Auch heute gibt es noch keine klinischen Studien mit eindeutigen Ergebnissen zur beim Menschen wirksamen Konzentration. Rechnet man die Dosis von den Studien mit Mäusen auf Menschen um, landet man bei 25 mg Sulforaphan pro 70 kg Körpergewicht pro Tag. In Pilotstudien erhalten Krebspatienten eine Dosis von 90 mg Sulforaphan pro Tag.

Und selbst mit dieser Rechnung wissen wir nicht, wie viel Brokkoli es denn nun sein sollte. Denn die Konzentration von Glukoraphanin, aus dem das Sulforaphan gebildet wird, schwankt zum Beispiel je nach Sorte zwischen 12,2 und 119,4 mg je 100g Frischgewicht [14].

Wer auf Nummer sicher gehen will, greift am besten auf Brokkolisprossen zurück. Diese enthalten eine 10 bis 100 mal höhere Konzentration von Glukoraphanin [15]. Wer also zwei bis drei Teelöffel dieser Sprossen täglich zum Beispiel im Salat zu sich nimmt, erzielt damit wahrscheinlich eine therapeutische Wirkung. Vor allem kann man Brokkolisprossen auch leicht selbst auf dem Balkon oder Fensterbrett ziehen. Den höchsten Gehalt an Glukoraphanin haben sie zwischen den Keimtagen 2 bis 12.

Sulforaphan in Kapseln als Nahrungsergänzung

Daneben bieten verschiedene Hersteller Sulforaphan auch als Nahrungsergänzungsmittel in Kapseln an. Damit ist die Dosierung am leichtesten.

Wie behält Brokkoli seine Wirkstoffe bei der Zubereitung?

Wie man Brokkoli oder andere Kohlsorten zubereitet, hat einen großen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Sulforaphan. Kocht oder blanchiert man das Gemüse, zerstört man damit die Myrosinase, die wichtig für die Bildung des Senföls ist. 

Um die Garzeit (nicht länger als fünf Minuten) zu verringern, sollte man den Brokkoli also möglichst klein schneiden. Durch das Kochwasser werden zudem Glukosinolate ausgeschwemmt. Man sollte also möglichst wenig Wasser nutzen und dieses am besten für eine Soße oder Suppe weiterverwenden. 

Die Mikrowelle sollte man auf keinen Fall nutzen, will man von Sulforaphan profitieren. Am besten ist jedoch, den Brokkoli roh zu essen und gut zu kauen.

Sulforaphan: Nebenwirkungen

Wer viel Kohlgemüse zu sich nimmt, muss unter Umständen mit Blähungen leben. Wo die Grenze zur Überdosierung liegt, ist bisher nicht bekannt. Man weiß bisher lediglich, dass während der Studien, bei denen Patienten über mehrere Wochen eine Tagesdosis von 90 Milligramm zu sich genommen haben, keine offensichtlichen Nebenwirkungen aufgetreten sind.

Sulforaphan wirkt unter anderem antioxidativ. Vitamine, die auch Antioxidantien sind, stehen im Verdacht, eine Chemotherapie negativ zu beeinflussen, da diese mit prooxidativen Wirkstoffen arbeitet. Die Studien mit Sulforaphan weisen für das Senföl bislang aber auf das Gegenteil hin.

Quellen/Weitere Informationen

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