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Unten ohne – oder: Ist barfuß besser?

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Die Füße entspannt im Gras ausstrecken ist angenehmer ohne Schuhe.
© Günter Menzl - Fotolia.com

Der Trend des Barfußlaufens

Es wird immer mehr zum neuen Gesundheitstrend – doch ist Barfußlaufen wirklich so gesund für Füße und Wirbelsäule?

Von: Eva Pantleon

Füße haben es nicht immer leicht

Der Dalai Lama tut es. Shakira tut es (zumindest auf der Bühne). Und auch schon der gute alte Kneipp empfahl es: Barfuß laufen hat viele Anhänger. Und das mit gutem Grund. Denn so fitness- und körperbewusst die meisten heutzutage auch sind – in punkto guter Behandlung sind die Füße noch immer das Stiefkind: ganzjährig eingesperrt, oft in zu enge Schuhe geschnürt, bestenfalls im Hochsommer an die frische Luft gelassen - und dann womöglich auf 10 Zentimeter hohe Pfennigabsätze gestellt, auf denen das Laufen einem Eiertanz gleicht. Nein, Füße haben es nicht immer leicht.

Und deswegen sollten sie – so das Mantra überzeugter „Barfußgeher“ – möglichst oft das bekommen, was Füße am liebsten mögen: viel Platz, frische Luft und Boden-Kontakt. So weit, so gut, so einleuchtend. Doch was sagen die Experten dazu? Ist Barfuß laufen wirklich so gesund, wie begeisterte „unten-ohne“-Fans es weismachen wollen? Darüber gibt es unter Experten durchaus geteilte Meinungen.

Für die Fußmuskulatur: vorne hilfreich, hinten nicht

Der Orthopäde und Sportmediziner Dr. Thorsten Rarreck sagt, dass das Barfußlaufen gesundheitlich gesehen eigentlich nur Vorteile habe: „Fußgewölbe, Sehnen und Muskeln entwickeln sich dann besser“.

Das würde sein Kollege Dr. Daniel Frank, Facharzt für Orthopädie und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, durchaus unterschreiben – allerdings mit gewissen Einschränkungen. Er betont, dass Barfußlaufen vor allem die kurzen Muskeln am Fuß stärke. Diese sind für die Stellung der Zehen verantwortlich und oft eher schwach ausgeprägt, da die meisten Menschen so gut wie permanent Schuhe tragen und auf glattem, hartem Boden gehen.

Bei bereits bestehenden Fußproblemen schätzt der Experte den Nutzen des Barfußlaufens allerdings eher gering. Hier könne das Training ohne Schuhe nur dann helfen, wenn das Problem durch unterentwickelte Muskeln entstanden sei. Sollten aber verformte Knochen für den deformierten Fuß verantwortlich sein, könnten die Symptome allenfalls gelindert werden. Generell könne man grob unterscheiden, dass „Barfußgehen bei Verformungen im Bereich des Vorderfußes eher hilfreich ist, im Bereich des Rückfußes dagegen eher nicht", erklärt Daniel Frank.

Bei Fußproblemen: lieber Einlagen tragen

Auch die Ärztin und Medizinjournalistin Dr. Stephanie Grabhorn würde im Falle einer Fußbeeinträchtigung, z.B. bei einem Spreizfuß, das Barfußlaufen nicht uneingeschränkt empfehlen. In diesen Fällen sei das Tragen von Einlagen ratsam. Denn dadurch lasse sich das Laufen auf dem falschen Druckpunkt sowie daraus resultierende Schmerzen und eine falsche Bewegung vermeiden.

Was aber die prophylaktische Wirkung bei gesunden Menschen angeht, sind sich alle Experten einig: Barfußlaufen ist eine gute Maßnahme, um die Fußmuskulatur zu stärken – und damit das Risiko von Fußschäden wie zum Beispiel Senk-, Spreiz- oder Plattfüßen (oder gar dem als Spätschaden gefürchteten Hallux valgus, den zu enge und zu hohe Schuhe begünstigen) zu senken. Und das gilt ganz besonders für Kinder.

Barfuß laufen - für Kinder unerlässlich

Mit nackten Füßen über eine Wiese laufen oder durch einen Bach waten und die Kieselsteine unter den Füßen spüren – eine Erfahrung, die Jahrtausende zum Kinderalltag gehörte. Heute jedoch diskutieren Mütter in Internet-Foren darüber, ob es gesund sei, ihr Kleinkind barfuß durch den Garten laufen zu lassen – denn da könnte „ja zum Beispiel eine Biene im Gras sitzen“.

Natürlich ist es gefährlicher, sein Kind barfuß über einen städtischen Spielplatz laufen zu lassen als über eine Wiese im Bayrischen Wald. Dennoch raten Orthopäden dringend dazu, auch Stadtkindern möglichst viel Gelegenheiten zum Barfußlaufen zu bieten. Denn das Fußgewölbe bei Kleinkindern ist noch nicht vollständig entwickelt. Es bildet sich erst in den ersten Lebensjahren aus - durch einen Reifungsprozess des Fußskeletts, der Sehnen und des Muskelapparates.

Das beste Training aber, um diesen Prozess zu fördern, ist Barfußlaufen. Und zwar möglichst auf unterschiedlichen, unebenen natürlichen Oberflächen. Das sorgt für natürliche Trainingsreize, welche die Muskel-Sehnen-Koordination und die Aufrichtung des Fußlängsgewölbes unterstützen, so der Orthopäde und Facharzt für Unfallchirurgie Dr. Thomas Schneider.

Hinderlich für eine gesunde Entwicklung des Fußes sei es dagegen, wenn dieser durch Schuhe zu früh ruhig gestellt und gegen Außenreize abgeschirmt werde – oft sogar schon durch feste Schuhe im Krabbelalter. Dies behindere die Reifung des natürlichen Ganges. Kindersocken mit Laufnoppen sind in diesem Fall sehr empfehlenswert: Sie wärmen und schützen, und der Fuß empfängt und verarbeitet die Reize direkt vom Boden.

Und auch nach dem Kleinkindalter sollte regelmäßiges Barfußlaufen zum Alltag gehören: Eine Studie der TU Chemnitz zeigt, dass schon ein reines Sensoriktraining für die Fußsohle bei Grundschulkindern hochgradige Verbesserungen in der Gesamtkörperkoordination bewirkt.

Gesunder Fuß – gesunde Wirbelsäule?

Doch das ist noch nicht alles, was die Befürworter des Barfußlaufens versprechen: Nicht nur für die Fußgesundheit, auch bei Knie-, Hüft- und Rückenproblemen sei es ratsam, öfters die Schuhe im Schrank zu lassen. Die Begründung scheint plausibel: Das Skelett sei schließlich ein zusammenhängendes System. Somit könne eine Fehlstellung der Füße nicht nur die Haltung des Rückens beeinträchtigen, sondern sogar die gesamte Körperhaltung. Umgekehrt aber könne eine durch regelmäßiges Barfußgehen trainierte Fußmuskulatur als Stoßdämpfer dienen und dadurch beim Laufen die Bandscheiben schonen.

Experte Dr. Frank bleibt hier dennoch skeptisch: "Ich kenne keine Studie, die diesen Zusammenhang belegt“. Zumindest aber gibt es mehrere Studien, die Folgendes belegen: Es ist hinsichtlich der Belastung von Knien, Hüften und Wirbelsäule weitaus gesünder, barfuß zu joggen als mit Laufschuhen.

Joggingschuhe: besser ungedämpft

Worauf sollte man beim Barfußgehen achten?

Wer nun gleich die Joggingschuhe in den Schrank verbannen und zum unten-ohne-Lauf durch den Park ansetzen will, dem sei geraten: besser langsam angehen und die Füße allmählich eingewöhnen.

10 bis 15 Minuten reichen für den Anfang. Außerdem sollte man für den Beginn einen weichen Untergrund wählen, zum Beispiel erdige Waldwege. Schotter- und Kieselwege sind etwas für Fortgeschrittene, die schon ausreichend Hornhaut am Fuß entwickelt haben.

Besonders große Vorsicht müssen Zuckerkranke walten lassen. Sollte es bereits zu Wahrnehmungs- und Wundheilungsstörungen an den Füßen gekommen sein, wie sie durch Diabetes mellitus verursacht werden können, besser auf Barfußlaufen verzichten. Durch die Wahrnehmungsstörungen könnten Verletzungen zu spät bemerkt werden und zu schweren Infektionen führen.

Aber auch für gesunde Barfußläufer gilt: Augen auf bei jedem Schritt! Passen Sie auf, wo Sie hintreten, um Verletzungen, wie z.B. Schnittwunden, vorzubeugen. Es empfiehlt sich, immer ein Pflaster in der Tasche – und eine aktuelle Tetanusimpfung zu haben.

Barfußlaufen leicht gemacht

Wer zu viel Angst vor herumliegenden Scherben, brennenden Zigarettenstummeln oder anderen Gefahren der Großstadt hat, der kann es mit einem Barfuß-Laufschuh probieren. Dieser vermittelt das Barfuß-Laufgefühl und schützt gleichzeitig den Fuß durch die dünne Sohle. Die Schuhe haben ein sehr geringes Gewicht, sind für ca. 70 Euro im Fachhandel zu bekommen und aus so weichem Material, dass auch hier das Sprichwort gilt: „Wer barfuß geht, den kann niemals der Schuh drücken.“

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