Botanik: Aussehen und Verbreitung
Wein gehört zu den ältesten Kulturgetränken der Menschheit. Bereits die alten Ägypter, Griechen und Römer wussten Wein als bemerkenswertes Heilmittel zu schätzen. Auch heute werden dem Wein positive Wirkungen auf die Gesundheit zugesprochen: Seitdem bekannt ist, dass in Frankreich die Sterblichkeit durch Herzerkrankungen trotz fettreicher Mahlzeiten bedeutend geringer ist als in anderen Industrieländern, spricht man vom „Französischen Paradoxon“. Dies wird durch den höheren Verbrauch von Rotwein erklärt.
Im Rotwein sind etwa 15mal mehr Polyphenole (sekundäre Pflanzenstoffe) enthalten als im Weißwein. Den Polyphenolen werden positive Wirkungen auf die Gesundheit zugeschrieben. Der Polyphenolgehalt des Rotweins hängt nicht allein von der Sorte ab, sondern auch von Boden- und Kulturbedingungen sowie Herstellungs- und Gärtechniken.
Die dunkle Farbe des Rotweins beruht auf im Wein enthaltenen Farbstoffen, den Anthocyanen (gehören ebenfalls zu den Polyphenolen). Diese natürlich vorkommenden Farbstoffe sind auch für die Färbung von Lebensmitteln zugelassen (E163). In den Traubenkernen befinden sich ebenfalls gesundheitlich wichtige Antioxidantien (Radikalfänger).
Gewinnung
Bei der Rotweinherstellung werden die Trauben einschließlich der Schalen und Kämme gekeltert und vergoren. Durch den Gäralkohol gelangen die Anthocyane, die sich in der Schale roter Trauben befinden, in den Wein und verleihen ihm seine dunkle Farbe.
Eine Möglichkeit zur Herstellung des Rotwein-Extrakts: Von Rotwein wird der Alkohol abdestilliert und die verbleibenden Substanzen werden getrennt. Zucker und organischen Säuren werden mit Wasser entfernt. Der phenolische Anteil im Wein wird mit 90 % Ethanol in Wasser herausgespült, im Vakuum konzentriert und verdampft. Der Extrakt aus Traubenkernen wird auf ein Gehalt von 80 – 85 % Proanthocyanidinen eingestellt.
Das Prinzip "Schutz"
Die gesundheitsfördernden Eigenschaften der Polyphenole (Gruppe von sekundären Pflanzenstoffen) werden hauptsächlich ihren Eigenschaften als Radikalfänger zugeschrieben. Eine Gruppe der Polyphenole, die Anthocyane, fangen reaktiven Sauerstoff und Stickstoffmoleküle ab und verhindern so oxidative Schäden an der DNA (Gene im Zellkern), an Proteinen und Fetten.
Außerdem verlangsamen sie die Blutgerinnung, verringern die Verklumpung der Blutplättchen und zeigen gefäßschützende und entzündungshemmende Wirkung. Eine auf den ganzen Körper bezogene antioxidative Wirkung ist wegen der geringen Bioverfügbarkeit fraglich. Möglicherweise sind noch andere - bisher noch nicht identifizierte - Inhaltsstoffe für die von mehreren Autoren berichtete antioxidative Wirkung von Rotwein verantwortlich.
Koronare Herzerkrankungen
Dass Rotwein die Herzkreislauffunktion schützt, dafür gibt es zahlreiche ganz unterschiedliche Hinweise:
Gefäßerweiterung:
- Im Laborexperiment mit menschlichen Zellen konnte festgestellt werden, dass Rotwein-Extrakt die Produktion eines Stickstoffmonoxid (NO) produzierenden Enzyms (eNOS) fördert. Stickstoffmonoxid erweitert die Gefäße und beugt der Arteriosklerose vor. Wie im Tierexperiment nachgewiesen wurde, wird die Arteriosklerose durch Hemmung des Enzyms eNOS verursacht.
- An Zellkulturen aus Rinderzellen wurde gezeigt, dass Polyphenole aus Rotwein die Synthese von Endothelin-1 hemmen. Endothelin-1 ist ein gefäßverengendes Eiweiß, das bei der Entwicklung von Arterienverkalkung (Arteriosklerose) eine wichtige Rolle spielt.
- Eine mögliche entspannende Wirkung auf die Blutgefäße wurde bei Testpersonen untersucht, die an unterschiedlichen Tagen jeweils Rotwein, Weißwein und Wodka tranken. Die koronare Blutfließgeschwindigkeit wurde nur bei der Einnahme von Rotwein erhöht, nicht bei den anderen alkoholischen Getränken.
Gesunde Gefäßwände:
- Auch im Tierexperiment mit Hamstern wurde festgestellt, dass Rotwein-Extrakt die Entwicklung von Arteriosklerose hemmt. In einer 2004 veröffentlichten Studie konnte auch die Wirksamkeit von Traubenkernextrakten und einem Extrakt aus festen Pressrückständen gegen die Entwicklung der Arteriosklerose bei Hamstern festgestellt werden: Hierbei waren Procyanidine und Anthocyanidine wirksam.
Oxidativer Schaden: Der nach dem Essen auftretende Anstieg der Blutfette stellt einen Risikofaktor für Arteriosklerose dar: Der Gehalt an bestimmten Fettsubstanzen (Lipidhydroperoxiden) im Plasma steigt, LDL wird leichter oxidiert. Wein kann diese Reaktionen hemmen.
- In einer Studie verzehrten 8 Testpersonen eine fettreiche Mahlzeit mit oder ohne 300 mg eines Traubenkernextrakts, der reich an Proanthocyanidin war. Der Traubenkernextrakt minimierte den oxidativen Stress nach dem Essen: er verringerte den Gehalt an oxidierenden Substanzen und steigerte den der Antioxidantien im Plasma. Dadurch wurde die LDL-Oxidation erschwert.
- In einer weiteren klinischen Studie erhielten 15 Patienten mit koronarer Arterienerkrankung täglich roten Traubensaft (8 ml/kg Körpergewicht). Daraufhin verbesserte sich die Funktion der inneren Gefäßauskleidung und die LDL-Oxidation wurde reduziert. Für diese positiven Wirkungen werden die Polyphenole verantwortlich gemacht.
- Eine andere Studie bestätigt dies. Hier erhielten männliche Probanden für 2 Wochen täglich eine Kapsel mit 1 g Rotwein-Extrakt. Diese Menge entspricht 0,375 l Rotwein. Als Folge wurde die LDL-Oxidation gehemmt.
Krebserkrankungen (Darm- und Brustkrebs)
Rotwein-Extrakt hemmt die Entstehung von Darmkrebs an Ratten, wenn diese mit einer krebserregenden Substanz behandelt wurden. Es wird angenommen, dass niedermolekulare Polyphenole (wie Resveratrol) im Rotwein-Extrakt schützend wirken. Rotwein vermindert möglicherweise auch die Gefahr von Brustkrebs: Wie im Reagenzglas und an Labormäusen nachgewiesen wurde, hemmt ein Procyanidin von Rotwein das Enzym Aromatase. Dies Enzym ist bei der Biosynthese des weiblichen Hormons Östrogen beteiligt, das wiederum eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Brustkrebs spielt.
Kritische Meinung
Eine kritische Meinung über Rotweinextrakt sei hier angemerkt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) befasst sich mit allen Fragestellungen bezüglich Ernährung und hat sich zum Ziel gesetzt, ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse der Bevölkerung zu vermitteln.
Wie die DGE schreibt, können im Reagenzglas nachgewiesene Wirkungen nicht auf den Menschen übertragen werden. Die antioxidative Wirkung vieler Anthocyane wurde im Reagenzglas nachgewiesen. Dabei wurden weitaus höhere Konzentrationen verwendet, als beim Menschen nach der Aufnahme von Anthocyanen gemessen wurden.
Für die inzwischen häufig angebotenen Rotweinkapseln gibt es keine Studien zur biologischen Wirksamkeit der in ihnen enthaltenen Anthocyane. Zudem enthalten Rotweinkapseln teilweise Vitamin- und Mineralstoffzusätze. Welche Wirkungen direkt auf den Rotwein-Extrakt zurückzuführen sind, wäre nur durch gezielte Studien am Menschen festzustellen.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Rotweine enthalten 60 – 3800 µg/l Histamine. Bei Personen, die an einer Wein-Unverträglichkeit leiden, können dadurch Symptome wie Niesen, Hitzeanfälle, Kopfschmerzen, Durchfall, Hautjucken und kurzer Atem auftreten. Inwieweit diese Histamine im Rotwein-Extrakt noch vorhanden sind, ist unseres Wissens nicht bekannt.