Heilwirkung von Sibirischem Rhabarber
Östrogenartige WirkungDie Stilbene aus dem Rhapontik-Rhabarber haben eine nachweislich östrogenartige Wirkung. Der Effekt erwies sich im Tierversuch als eher schwach. Die Stoffe scheinen dabei nur ganz bestimmte Östrogenrezeptoren zu aktivieren, andere sogar zu blockieren. Damit gehören die Stilbene aus dem Rhapontik-Rhabarber zu den so genannten SERMs („selektive Östrogenrezeptormodulatoren“).
In Deutschland wird ein Präparat gegen Wechseljahresbeschwerden seit 1993 angewendet. Es zeigte bisher eine sehr gute Verträglichkeit.
Wechseljahre sind häufig mit Beschwerden wie Hitzewallungen, Schwitzen, Herzbeschwerden, Schlafstörungen, Depressionen, Ängstlichkeit, Erschöpfung, sexuelle Störungen und Inkontinenz verbunden (nähere Infos dazu in den Blogbeitragen „Hormontherapie in den Wechseljahren“ Teil 1-6 von Dr. B. Musselmann ).
Die Wirksamkeit eines Extrakts aus der Heilpflanze bei klimakterischen Beschwerden wurde bereits in kleinen klinischen Studien getestet. Die Ergebnisse wiesen bereits nach 4 Wochen eine Besserung auf, der maximale Effekt wurde nach 3 Monaten verzeichnet. Besonders bei Hitzewallungen/Schwitzen, Ängstlichkeit/Depression/Reizbarkeit sowie bei Schlafstörungen und Erschöpfung konnte das Präparat punkten. Bei den 263 Patientinnen, die nach einem halben Jahr zur Nachuntersuchung gekommen waren, hatten die Beschwerden etwa um die Hälfte abgenommen. Am meisten profitierten die Patientinnen mit den stärksten Beschwerden. Nach einer Befragung gaben 69,1 % der Probandinnen an, ihr Zustand habe sich gebessert oder sie seien beschwerdefrei.
Laxierende Wirkung
Die Volksmedizin kennt den Rhabarber wegen der abführenden Wirkung als Mittel gegen Verstopfung. Man verwendete ihn nebenbei auch als Schlankheitsmittel. Für die abführende Wirkung sind die darin enthaltenen Anthrachinon-Derivate verantwortlich. Für diese Anwendung setzt man aber für gewöhnlich Medizinalrhabarber (R. palmatum) oder Südchinesischen Rhabarber (R. officinale) ein. Rhapontik-Rhabarber ist vergleichsweise arm an Anthrachinonen.
Achtung: Anthrachinone sind nur für eine vorübergehende Einnahme geeignet. Auf die Dauer verstärken sie die Beschwerden und schädigen den Darm. Dabei werden sowohl der Wasser- als auch der Salzhaushalt gestört. Rhabarberhaltige Präparate zur Abführung sind weitgehend vom Markt verschwunden. Anthrachinone färben den Darm nach längerer Zufuhr schwarz (Melanosis coli). Diese Erscheinung verschwindet meist nach dem Absetzen wieder und gilt als harmlos. Es wurde mehrfach diskutiert, ob chronischer Missbrauch von Abführmitteln das Darmkrebsrisiko ansteigen lässt. Der Symptom-Komplex Verstopfung – Abführmittelgebrauch ist mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden. Welcher Anteil auf die ungesunde Lebensweise und welcher auf die Abführmittel zurückgeht, lässt sich letztlich schwer herausfinden.
Vergessene Tradition: Rhabarber gegen Verdauungsbeschwerden
Auch bei weiteren Verdauungsbeschwerden sagt man dem Rhabarber eine Wirkung nach. In der Tat finden sich verschiedene Stoffe darin mit einer antibakteriellen und adstringierenden Wirkung. Auch wegen der Bitterstoffe wurde die Heilpflanze in kleinen Mengen zur Stärkung des Magens eingesetzt. Heute gibt es zu dieser Indikation unbedenklichere Alternativen.
Rhapontik-Rhabarber wird nicht wegen der abführenden Eigenschaft kultiviert, sondern zur Nutzung der enthaltenen Phytoöstrogene. Die laxierenden Stoffe werden bei der Herstellung des Extrakts abgetrennt.
Diskutiert und nicht geprüft
Verschiedene Stoffe aus der Gruppe der SERM werden bereits am Menschen gegen Unfruchtbarkeit der Frau, Brustkrebs, Osteoporose und Endometriose eingesetzt. Ersten Versuchen zur Folge könnte auch das Rhaponticin aus dem Rhapontik-Rhabarber für diese Anwendungen geeignet sein. Erfahrungsberichte über die Behandlung von Amenorrhö, Dysmenorrhö und Endometritis mit einem Rhaponticin-Hopfenextrakt-Kombinationspräparat sollen positiv ausgefallen sein.
Es liegen bereits verschiedene Patente für die Anwendung eines Extrakts aus Rhapontik-Rhabarber für die Behandlung von Osteoporose, Kopfschmerzen und hormonabhängigen Tumoren vor.
Entsprechende Studien bleiben abzuwarten.