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Wildes Stiefmütterchen

Typischerweise sind die Blütenblätter des Wilden Stiefmütterchens in einem Lilaton gefärbt.
© Henrik Larsson/Fotolia.com.

Stiefmütterchen: kleines Kraut ganz groß

Das Stiefmütterchen ist ein Spezialist bei Entzündungen und verdient mehr Beachtung!

Von: PhytoDoc-Redaktion

Von: PhytoDoc Redaktionsteam

Dieser Artikel ist eine Gemeinschaftsarbeit des dreiköpfigen Redaktionsteams. Er wurde sorgfältig auf Basis der aktuellen, phytotherapeutischen Fachliteratur erstellt. Dabei obliegt die fachliche Endprüfung dem Heilpflanzen-Experten Prof. Dr. Michael Wink.

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Wildes Stiefmütterchen: Das Wichtigste im Überblick

Mit 10 cm Höhe und den kleine Blüten ist das Wilde Stiefmütterchen (Viola tricolor L.) eine eher unscheinbare Heilpflanze. Doch das Kraut hat es in sich. So wird es seit altersher wegen seiner antientzündlichen Wirkung gepriesen. Moderne Forschungen haben das bestätigen können, wirkt es doch ähnlich wie Aspirin. Auch vollkommen neue Inhaltsstoffe aus der Gruppe der Peptide hat man im Stiefmütterchen gefunden. Sie könnten mit ihren pharmakologischen Eigenschaften noch Karriere machen. Heute verwendet man die Pflanze aber nur sehr eingeschränkt. Lediglich die Wirkungsweise bei Milchschorf und fettiger Haut sind von der Kommission E bestätigt. Dennoch dürften die Inhaltsstoffe auch nützlich sein bei Hautentzündungen, -reizungen und Juckreiz. Verwendet wird meist der Tee, das abgekochte Kraut oder eine Tinktur. Hautpflegeprodukte für einen ebenmäßigen Teint enthalten einen Extrakt. Das Wilde Stiefmütterchen ist sehr gut verträglich und hat keine Nebenwirkungen.

Wobei hilft Wildes Stiefmütterchen?

Spezialist bei Entzündungen: das Wilde Stiefmütterchen

Früher hatte das Stiefmütterchen einen festen Platz in der Apotheke. Man behandelte damit entzündliche Erkrankungen (Haut, Schleimhaut, Atemorgane, Gelenke). Die Kommission E hat zwar nur Michlschorf und fettige Haut (seborrhoische Dermatose) als Anwendungsgebiete bestätigt, vermutlich dürfte das Wilde Stiefmütterchen aber auch bei anderen entzündlichen Zuständen wie Ekzemen, Dermatitis und Schuppenflechte sowie Akne und Juckreiz Linderung verschaffen. Klinische Studien fehlen allerdings. Auch für zahlreiche andere traditionelle Anwendungen – von blutreinigend bis stärkend – fehlen die objektiven Belege.

Alle Anwendungen im Überblick, sortiert nach Wirksamkeit

Hinweis: die möglichen Anwendungsgebiete (Indikationen) sind drei verschiedenen Kategorien zugeordnet, je nach Studienlage.

Eine ausführliche Definition erhalten Sie, wenn Sie mit der Maus über die jeweiligen Blätter fahren.

Gesicherte Wirksamkeit
  • Milchschorf bei Kindern
  • Fettige Haut, Hauterkrankungen mit vermehrter Talgproduktion, seborrhische Hauterkrankungen
Wirksamkeit laut Erfahrungsheilkunde
Äußerlich:

Bisher keine Beweise zur Wirksamkeit, aber Potenzial

Botanik: Aussehen und Verbreitung

Viola tricolor heißt der lateinische Name für das Wilde Stiefmütterchen (= Feldstiefmütterchen). Übersetzt bedeutet das „dreifarbiges Veilchen“. Gemeint sind die auffallenden Farben der attraktiven Blüte: Violett, Weiß und Gelb. Die obersten beiden Blütenblätter sind meist violett gefärbt, die andern Blätter zeigen eine erstaunliche Variabilität. Nur eines ist konstant: In der Mitte der Blüte liegt das kräftig gelbe Saftmal als Lockpunkt für die Insekten. Daneben markieren sehr feine dunkle Streifen das Landefeld.

Kreuzungsfreudig und vielgestaltig

Diverse Viola-Arten lassen sich untereinander kreuzen. Das nutzen Blumenzüchter auf der ganzen Welt. Das Wilde Stiefmütterchen dürfte auch bei der Züchtung des Gartenstiefmütterchens (V. wittrockiana) miteingeflossen sein, das heute in zahlreichen Farben und Formen die Blumenliebhaber fasziniert. Für pharmazeutische Präparate wird aber nur das getrocknete Kraut des Wilden Stiefmütterchens verwendet. Die Pflanze ist im gemäßigten Eurasien beheimatet, importiert wird sie häufig aus Holland und Frankreich. 

Gezüchtete Formen

Die gezüchteten Formen des Gartenstiefmütterchens aus den Gärtnereien sollten nicht medizinisch verwendet werden, da ihre Inhaltsstoffe nicht notwendigerweise mit denen des Wilden Stiefmütterchens übereinstimmen.

Gewinnung

Das Stiefmütterchen ist eine sehr anspruchslose Pflanze, was Boden und Klima betrifft. Optimal ist eine Humusmischung mit Sand oder Lehm. Die Samen brauchen zur Keimung Licht, sie dürfen daher nicht zu tief gesät werden. Die blühende Pflanze kann unter optimalen Bedingungen zwei bis drei Mal geerntet werden.

Das Kraut wird in luftigem Schatten getrocknet. Erhöhte Temperatur beschleunigt den Vorgang.

Heilwirkung von Wildem Stiefmütterchen

Omas Standard bei Entzündungen

Die Phytotherapie setzt das Stiefmütterchen seit jeher als typisches Heilmittel bei entzündlichen Zuständen ein. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe zeigt warum: Das Kraut des Wilden Stiefmütterchens enthält Methylsalicylsäure und Derivate davon. Diese Verbindungen sind mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure des Aspirins verwandt und wirken auch ganz ähnlich. So lindern sie Entzündungen und entsprechende entzündliche Begleitbeschwerden wie Rötung und Schmerz.

Antientzündlicher Cocktail

Neben den Salicylaten gibt es noch weitere Inhaltsstoffe, die ebenfalls ähnlich wirken, wie die Flavonoide Rutin und Violanthin. Sie dämpfen den oxidativen Schaden, den eine Entzündung anrichten kann. Damit wäre durchaus ein Nutzen bei entzündlichen Hauterkrankungen anzunehmen. Auch heute noch verwendet man das Wilde Stiefmütterchen äußerlich bei Ekzemen, Eiterflechte (Impetigo), Hautjucken und Akne.

Daneben hüllt es die Schleimhaut ein: Bei Rachenerkrankungen und Halsschmerzen soll das Gurgeln des Tees lindernd wirken. Klinische Studiengibt es zwar nicht, dennoch verweisen Laborversuche auf einen immundämpfenden Effekt, der eine überschießende Aktivität des Immunsystems hemmt. Diese folgt üblicher Weise einer Entzündung oder Infektion. Ob freilich die Stärke ausreicht, um Gelenkschmerzen wie Rheuma und Gicht oder Erkältungsbeschwerden und Fieber zu bekämpfen, ist unsicher.

Das Stiefmütterchen ist als Heilpflanze etwas in Vergessenheit geraten. Das könnte sich jetzt ändern, denn man hat neue Entdeckungen gemacht.

Mit „Cyclotiden“ wieder ins Rampenlicht

Das Wilde Stiefmütterchen enthält eine neu entdeckte Stoffklasse aus Peptiden. Die Besonderheit dabei: Es handelt sich um kreisförmig geschlossene, also „cyclische Peptide“ oder kurz „Cyclotide“. Zahlreiche interne Vernetzungen machen diese Verbindungen enorm stabil. Das ist der springende Punkt, denn für eine effektive Anwendung müssen die Wirkstoffe nicht nur das kochende Wasser beim Aufbrühen des Tees unbeschadet überstehen, sondern auch im Magen-Darmtrakt den Enzymen trotzen.

Cyclotide schützen die Pflanze selbst vor Schäden durch Insekten und Schneckenfraß. In der Heilkunde kommen sie mit antiviralen (gegen HIV), antientzündlichen und zellteilungshemmenden Eigenschaften für viele Anwendungen in Betracht. So hegt man die Hoffnung, dass diese Moleküle wegen ihrer Stabilität und Langlebigkeit im Organismus eine hohe Bioverfügbarkeit haben und so zu einer neuen Gruppe pharmakologischer Wirkstoffe heranreifen könnten. Die Cyclotide des Stiefmütterchens haben eine maßgebliche immundämpfende Wirkung. In größeren Mengen sind sie giftig für Krebszellen, in hohen Mengen bringen sie Blutkörperchen zum Platzen (hämolytische Wirkung). Neue Ergebnisse werden mit Spannung erwartet, praktische Anwendungen gibt es noch nicht.

Antibiotisch und verschließend

Bei allen entzündlichen Zuständen von Haut und Schleimhaut sind infektiöse Angreifer am Werk. Hier helfen eine Abkochung des Krauts oder ein alkoholischer Extrakt mit ihrer antibiotischen Wirkung. Durch das Bekämpfen von Erregern kann die Entzündung schneller abklingen. Zudem hinterlassen die Gerbstoffe einen Haut- und Schleimhautschutz (adstringierende Wirkung), während die Schleimstoffe für eine reizmildernde Umhüllung sorgen.

Traditionell und nicht geprüft

Die ältere Pflanzenheilkunde schreibt den Schleimstoffen des Stiefmütterchens einen hustenstillenden Effekt zu. Daneben gilt das Wilde Stiefmütterchen als gallenflussfördernd, was Appetit und Körper stärken soll. Über die Anregung des Stoffwechsels leitete man früher eine „blutreinigende“ Wirkung ab, die Rheuma und Gicht heilen sollte. Auch der Hautstoffwechsel soll davon profitieren. Für diese Eigenschaften gibt es derzeit keine Belege. Ungewiss ist auch, ob das Stiefmütterchen Stuhlgang und Harnbildung stimuliert.

Früher verwendete man statt Wasser Stiefmütterchentee für die Nahrungszubereitung von Säuglingen. Möglicherweise sollte dieses die Gefahr von Darmentzündungen und Hautausschlägen verringern, so dass der Säugling besser gedeiht. Bisher ist das aber nicht klinisch geprüft.

Nebenwirkungen und Gegenanzeigen von Wildem Stiefmütterchen

Bisher sind keine Nebenwirkungen beschrieben worden.

Für Menschen mit eingeschränkter Immunantwort scheint das Wilde Stiefmütterchen nicht geeignet.

Bisher wurde das Wilde Stiefmütterchen bezüglich der Wechselwirkungen nicht untersucht. Zur Sicherheit sollte man die Tabletten mit dem Extrakt nicht zusammen mit anderen Medikamenten einnehmen.

Praktische Anwendung: Produkte & Hausmittel

Das Wilde Stiefmütterchen wird meist als Tee angeboten. Daneben erhält man Tinkturen, pflegende Hautcremes oder Tabletten mit dem Extrakt der Pflanze.

Anwendung und Dosierung

Tee aus Wildem Stiefmütterchen

1,5 g getrocknetes Kraut auf eine Tasse Wasser. Etwa 10 min ziehen lassen und durch ein Teesieb geben. Je nach Stärke der Beschwerden bis zu dreimal täglich trinken.

Äußerliche Anwendung

  • Umschläge: 4 g getrocknetes Kraut 10 min in 150 ml Wasser abkochen. Einen Lappen tränken, kühlen lassen und auf die Haut legen.
  • Sitzbäder: 2–3 Esslöffel des Krauts mit einem Liter kochendem Wasser übergießen, 15 min ziehen lassen und Abseihen. Den Tee zum Badewasser geben.

Aufbewahrung

Trocken und lichtgeschützt aufbewahren.

Wirkstoffe des Wilden Stiefmütterchens

  • Phenylcarbonsäuren: Salicylate: Methylsalicylsäure und Violutosid
  • Cumarine: Umbelliferon
  • Polyphenole: Catechine
  • Flavonoide: Rutin, Violanthin, Scoparin, Vicenin 2 und C-Glykoside Vitexin, Saponaretin, Orientin und Isoorientin
  • Blütenfarbstoffe: Anthocyanine, Carotinoide, Violaxanthin und verwandte Verbindungen
  • Peptide: Cyclotide
  • Schleimstoffe (etwa 10%): überwiegend aus Glucose (35,1%), Galactose (33,3%) und Arabinose (18,1%)
  • Vitamine: Vitamin C, Tocopherole
  • Mineralien: Magnesium und Calcium
  • Gerbstoffe

Quellen/Weitere Informationen

Quellen
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  10. Vukics V. et al: Major flavonoid components of heartsease (Viola tricolor L.) and their antioxidant activities. Anal Bioanal Chem. 2008 Apr; 390(7):1917-25
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