Wie funktioniert Intervallfasten (intermittierendes Fasten)?
Intervallfasten ist trendy und gesund
Intervallfasten oder intermittierendes Fasten lässt sich dauerhaft in den Alltag integrieren und verspricht besseres Wohlbefinden und entlastet den Darm dauerhaft. Was ich bei meinem Selbstversuch erlebt habe...
Von: Benjamin Honda
Tag 1 meines Selbstversuchs beim intermittierenden Fasten
Es ist kurz nach 18 Uhr, Kopf und Bauch rufen laut: „Hunger!“ Dabei bin ich gerade mit dem Abendessen fertig und habe so viel gegessen, wie ich kann. Denn ich weiß, dass ich die nächsten 16 Stunden nichts essen darf, will ich mich an die Vorgaben des intermittierenden Fastens halten.
Zwei Wochen später, kurz nach 10 Uhr morgens: Meine letzte Mahlzeit liegt 16 Stunden zurück, Kopf und Bauch flüstern mir entspannt zu: „Warte ruhig noch ein Stündchen mit dem Essen, wir sind zufrieden.“
Im Gegensatz zum traditionellen Heilfasten ist intermittierendes Fasten eine Methode, die sich dauerhaft in den Alltag integrieren lässt. Ziel ist nicht, insgesamt weniger zu essen, sondern je nach Methode an bestimmten Tagen oder Tageszeiten nichts oder nur sehr wenig zu essen. "Intermittierend" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "mit Unterbrechungen erfolgend oder zeitweilig" und beschreibt den neuen Ernährungstrend, bei dem man nicht komplett mehrere Wochen fastet, sondern mit Unterbrechungen. Synonym verwendet wird auch der Begriff Intervallfasten.
Welche Vorteile hat Intervallfasten?
Die positiven Effekte des Intervallfastens auf die Gesundheit sind in vielen Studien von der Hefe über Mäuse bis zu Primaten eindeutig belegt. Für den Menschen fehlen letzte wissenschaftliche Beweise noch, aber auch hier sind die Studien vielversprechend und der Forschungsdrang unter den Wissenschaftlern ist derzeit groß.
Die regelmäßigen Fastenzeiten wirken sich sehr wahrscheinlich positiv auf Blutdruck, Blutzuckerspiegel, Cholesterin- und Entzündungswerte aus. Gerade chronischen Krankheiten könnte intermittierendes Fasten entgegenwirken. Das gilt besonders für Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die bisherigen Forschungen geben außerdem Hinweise für Alzheimer, Krebs, Rheuma oder Multiple Sklerose.
Intermittierendes Fasten verändert den Stoffwechsel
Insbesondere Kohlenhydrate lassen unseren Blutzuckerspiegel ansteigen. Der Körper reagiert, indem er Insulin ausschüttet. Das senkt den Blutzuckerspiegel wieder, weil durch das Insulin die Glukose (Blutzucker) in die Zellen gelangt. Dauerndes Essen in relativ kurzen Abständen führt so zu einem permanent hohen Insulinspiegel und wiederkehrenden Heißhungerattacken. Im Extremfall bilden die Zellen eine steigende Insulinresistenz. Eine Folge davon kann Diabetes sein.
Außerdem signalisiert das Insulin dem Körper, dass ausreichend Energie von außen zugeführt wird und er seine eigenen Reserven nicht anzapfen muss. Dadurch wird der wichtige Selbstreinigungsprozess der Autophagie gehemmt, für dessen Erforschung der Japaner Yoshinori Ohsumi den Medizin-Nobelpreis im Jahr 2016 erhielt. Bei der Autophagie gewinnt der Körper Energie, indem er verstärkt schadhafte Bestandteile wie defekte Zellorganellen oder Proteine verwertet. Der Körper erneuert sich so selbst und beseitigt Zellschrott, der dem Körper schadet und auf Dauer Krankheiten fördern kann.
Intervallfasten bringt den Körper außerdem dazu, die Fettreserven in Ketonkörper umzuwandeln und zur Energiegewinnung zu nutzen. Auf diese Weise wird auch eine Fettleber schrittweise abgebaut. Zusätzlich sollen sich die Ketonkörper positiv auf das Gehirn auswirken.
Ich fühle mich besser, Sport fällt mir leichter
Für meinen Selbstversuch wählte ich die einfachste Methode: Jeden Tag esse ich 16 Stunden am Stück nichts, während ich in den verbleibenden 8 Stunden essen kann, was und wie ich will (16:8-Methode). Allzuviel muss ich dafür nicht umstellen: Ich esse ohnehin meist gegen 18 Uhr zu Abend. Nur das abendliche Knabberzeug muss ich streichen und das Frühstück ein paar Stunden nach hinten verschieben.
Das Hungergefühl, das mich am Anfang insbesondere abends und kurz vor der ersten Mahlzeit quälte, verschwand nach etwa einer Woche. Mein Körper hat sich an die langen Essenspausen gewöhnt. Im Lauf der zweiten Woche meldet sich mein Hunger immer später, das nervöse Gefühl der Unterzuckerung verschwindet komplett. Wenn es sich ergibt, verlängere ich die Hungerphasen spontan. Bald esse ich meist erst nach 18 Stunden, weil ich vorher keinen Hunger spüre.
Mein Blut habe ich für meinen Selbstversuch nicht untersuchen lassen, objektive Aussagen sind also kaum möglich. Aber als Kopf und Körper sich nach einer Woche an den Essensrhythmus gewöhnt haben, verbessert sich mein allgemeines Wohlbefinden zunehmend. Beim Sport fühle ich mich gerade morgens vor dem ersten Essen leistungsfähiger. Vor allem habe ich meinen Körper besser kennengelernt: Das Wissen, wie lange ich ohne Einschränkung auf Essen verzichten kann, hat eine befreiende Wirkung, mit der ich so nicht gerechnet hätte. Das führt dazu, dass aus meinem Selbst- ein Dauerversuch wird.
Welche Formen des Intervallfastens gibt es?
5:2-Fasten
An fünf Tagen der Woche isst man, wie man will. Gefastet wird an zwei Tagen der Woche. An den Fastentagen nimmt man zwischen 500 und 600 Kilokalorien zu sich, wobei diese möglichst nicht aus Kohlenhydraten bestehen sollen. Am besten sind kalorienarme und proteinreiche Lebensmittel wie Gemüse, Fisch oder mageres Fleisch. An den zwei Tagen mit eingeschränkter Kalorienzufuhr ist es wichtig, viel zu trinken. Zudem sollten die beiden Fastentage nicht hintereinander stattfinden.
Alternate Day Fasting
Das Alternate Day Fasting ist der 5:2-Fasten-Methode sehr ähnlich. Allerdings gilt die Kaloriengrenze von 500 bis 600 an jedem zweiten Tag. Auch hier gilt: An den Fastentagen viel trinken und kalorienarme, proteinreiche Lebensmittel zu sich nehmen.
Tägliches Fasten: 16:8 Fasten
Jeden Tag gibt es eine Kalorienpause, die zwischen 16 und 20 Stunden lang sein kann. In der übrigen Zeit gibt es keine Einschränkung. Diese Methode gilt insbesondere in der Variante mit 16 Stunden Essenspause als einfachste Variante des intermittierenden Fastens.
Worauf muss ich beim Intervallfasten achten?
In den Essenspausen darf natürlich weiter getrunken werden, das ist je nach Methode sogar äußerst wichtig. Gestattet sind Wasser, Tee und Kaffee ohne Milch und Zucker.
Bis man sich an den Essensrhythmus gewöhnt hat, sollte man zusätzlichen Stress soweit wie möglich vermeiden. Wer sich für das 5:2 Fasten oder Alternate Day Fasting entscheidet, sollte die Belastung an den Fastentagen möglichst gering halten.
Wer effizient Fett verbrennen will, kann intermittierendes Fasten mit Sport verbinden. Besonders wirksam sind die Einheiten mit nüchternem Magen. Gerade hier gilt aber, dass man den Körper erst an die Umstellung gewöhnen sollte.
Ausnahmen sind nicht schlimm: Auf eine Einladung zum Essen sollte man nicht verzichten, nur weil sich diese in der Fastenzeit befindet. Wer mit dem Fasten ab und zu einen Tag pausiert, profitiert trotzdem von den positiven Effekten. Auch wer über mehrere Wochen pausiert, muss sich nicht vor einem Wiedereinstieg scheuen: Dieser fällt deutlich leichter als der allererste Fastenbeginn.
Eignet sich Intervallfasten zum Abnehmen?
Intermittierendes Fasten ist keine Diät im herkömmlichen Sinn, bei der man in kurzer Zeit viel Gewicht verliert, sondern eine Ernährungsweise, die sich dauerhaft durchhalten lässt. Im Gegensatz zu klassischen Diäten kommt es beim Intervallfasten nicht zu einem Muskelabbau und auch die Gefahr des sogenannten Jo-Jo-Effekts ist deutlich geringer. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die verminderte Nahrungsaufnahme in den Essenspausen nicht zu einer Überkompensation in den Essensphasen führt. Wer auf eine kontinuierliche Gewichtsreduktion setzt, ist beim Intervallfasten gut aufgehoben.
Wer sollte auf Intervallfasten verzichten?
In der Schwangerschaft und Stillzeit sollten Frauen auf intermittierendes Fasten verzichten. Auch für Kinder und Menschen mit Essstörungen ist die Methode nicht geeignet. Wer unter einer chronischen Krankheit leidet, sollte sich vorher mit seinem Arzt absprechen.