Light Produkte - Weniger ist mehr
Werbemasche Light-Produkte
Weniger Kalorien? Klingt gut! Doch was steckt wirklich dahinter?
Von: Hedwig Streifeneder
Die Light-Lüge
Vor Jahren, als der Light-Boom das erste Mal so richtig auf der Erfolgsleiter stand, sah ich in einem Supermarkt das Angebot des neuesten Light-Produktes: Mineralwasser light. Jung und naiv dachte ich mir zwar schon, dass ich wohl nicht wüsste, was es beim Wasser an kCal zu reduzieren gäbe, aber weiter bis zum Begriff der (Light-) Lüge hatte ich nicht gedacht.
Heute schau’ ich so etwas doch schon etwas anders an. Schauen Sie doch einfach mal mit!
Weniger Fett, doch durch was wird es ersetzt?
Sicherlich wird es heutzutage kein Vermarkter mehr wagen, das höchst gepriesene Gesundheitselixier ‚Wasser’ ganz plump in ‚kalorienreduzierter’ Form dem zunehmend bewussten Verbraucher anzubieten. Zum Leidwesen des kritischen Verbraucherklientels verhält es sich aber hier fast wie bei den Bakterien, die von den immer stärkeren Antibiotikageschützen lernen – hier lernen die Firmen von den immer kritischeren Fragen! Das heißt, was nicht so offensichtlich sein soll, wird immer raffinierter versteckt.
Wie bei dem Chef einer der großen Diät-Margarine-Firmen, der bei einer Herzkur von seinen Tischnachbarn nach dem Grund seines Verzichts auf diese seine eigene gesunde 95 %-Margarine befragt wurde. Er antwortete schlicht: ‚Ich weiß, was in den anderen 5 % drin ist.’
Eine Studie von Foodwatch die bittere Wahrheit an’s Licht gebracht: Tricksen und Täuschen beherrschen beileibe nicht nur die Münchner beim Krankmachen (AZ v. 22.6.09) sondern ganz besonders die Lebensmittelchemiker!
Sollen/Wollen sie eine Mayonnaise ‚legère’ kreieren, nehmen sie erst mal 85 % Fett raus (Mayo besteht aus Ei und Öl) und peppen den dann doch recht faden Geschmack mit der doppelten Salzmenge auf. Salz macht nicht dick?! Oh, doch. Bei zu hohem Salzkonsum zieht das dann zu salzige Zellwasser noch mehr Wasser in die Zelle – und das wiegt dann recht ordentlich! Bei der WeightWatchers Abnehm-Salami ist übrigens auch extra viel Salz drin. Und der ‚reduzierte’ Fettgehalt von angegebenen 17 % entspricht überdies noch dem Fettgehalt von Nougatschokolade. Hm, lecker.
Eisschlemmen im Sommer? Sicherlich nur mit Diät-Eis. Oder frei nach Langnese’s Aprikosen-Mango-Eis mit ‚Leichtem Genuss’. Zwar hat dieses Eis wirklich 40 % weniger Fett, also gesamt nur 5 %, der Zuckergehalt allerdings ist mit einem Drittel etwa der gleiche wie bei normalem Eis. Jamie Oliver nimmt für sein ganz normales Zitronen-Sorbet 200 g Zucker, 200 ml Wasser und 200 ml Zitronensaft, plus natürlich geriebene Zitronenschale und 1 EL Mascarpone – der Zuckeranteil ist auch hier ein Drittel!
In Weihenstephan’s ‚Cremigem Joghurt – 0,1 % sind gleich 15 "Dickmacher-Würfel" drin – kCal etwa wie ein Stück Sachertorte.
Oder Kellogs. Diese Firma lockt mit der Frage ‚Lust auf ein diätfreies Leben?’. Da kann ich Ihnen von Herzen raten: Leben Sie lieber ganz diätfrei! Nehmen Sie etwas weniger, aber dafür das Original! Generell!
Speziell bei Kellogs nehmen Sie nämlich mit der Diätvariante gleich doppelt so viel Zucker zu sich als beim Original! Oooha!
Fakt ist, dass zum Gebrauch der Light-Bezeichnung laut einer EU-Verordnung nur ein einziger der vier Dickmacher (Zucker, Fett, Kalorien, Alkohol) reduziert sein muss. Soll heißen, Light-Produkte sind kein Freibrief zum hemmunglosen Schlemmen.
An dieser Stelle kann ich Ihnen natürlich gerne die altbekannten ‚Allgemeinplätze’ wiederholen wie z. B. normalen Schinken ohne Fettrand, normalen Joghurt mit frischer Frucht oder selbstgemachtem Fruchtmus ohne Zucker. Auch Rosinen und Nüsse knabbern anstelle von Brioche oder Croissant dürfte Ihnen ebenso nicht fremd sein, wie dünngestrichene normale Butter statt übersalzener Margarine.
Allerdings rede ich lieber vom ‚Tischlein-deck-dich-wieder-ab’. Werden Sie sich unseres überreich gedeckten Tischleins wieder bewusst und greifen Sie bei Hunger oder Appetit doch zu den einfachen Dingen. Ein Schnitzelrest vom Vorabendessen mit einer gelben Rübe ist eine pikante Zwischenmahlzeit. Oder geschrubbte, halbierte Kartoffeln auf dem geölten Backbleck mit frischem Rosmarin 20 – 30 Minuten gebacken, zum einfachen Quarkdip sind ein herrliches Essen!
Machen Sie’s doch mal wieder wie die Kinder – oder auch wie Loriot: Die lieben den Überblick auf dem Teller!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen entspannenden Blick in’s Weite – über den Tellerrand hinaus und verbleibe
mit herzlichen Grüßen
Hedwig Streifeneder