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Schwer kranker Patient: Unser Gesundheitssystem, Teil I

Ein Krankenhaus ist zu sehen.
© Tiberius Gracchus - Fotolia.com

Ein Erfahrungsbericht über erschreckende Zustände im Krankenhaus.

Von: Andrea Flemmer

Immer wieder hört man, dass unser Gesundheitssystem das Beste der Welt sei und andere viel schlechter. Es hat nur noch nie jemandem genutzt nach dem Schlechterem zu schielen, wenn es am eigenen System an vielen Ecken und Enden fehlt. Wie ich das belegen will? Nun, ich kann das anhand einiger Fälle zeigen und wenn ich noch mehr Zeit bekomme, fallen mir sicher noch weitere ein. Aber zur Sache:

Akuter Personalmangel im Krankenhaus

Mein Vater litt unter untypischem Parkinson, wie die Ärzte das nannten – seit Jahren schon. Nun wurde es so schlimm, dass meine Mutter sich nicht mehr kümmern konnte. Plötzlich stürzte er und konnte auch nicht mehr sprechen. Die herbeigerufene Caritas-Pflegestation brachte ihn in unser nächstgelegenes Bezirkskrankenhaus im Landkreis München. Gemeinsam mit meiner Mutter besuchte ich ihn so bald wie möglich. Die Zustände, die ich dann erlebte waren – vorsichtig formuliert – menschenunwürdig. Folgendes lief ab:

Gemeinsam mit meiner Mutter betrat ich die Abteilung. Weit weg vom Krankenzimmer meines Vaters hörte ich ein seltsames Geräusch, das einem völlig übersteigertem Schluckauf ähnlich war. Ich sah meine Mutter an: „Ja, das ist Vati“. Mir schwante Schlimmes. Eilig gingen wir zu ihm. Der Anblick, der sich mir bot, war entsetzlich. Mein Vater hatte einen derart starken Schluckauf, dass bei jedem „Hicksen“ das ganze Bett wackelte. Ich machte auf der Stelle kehrt und ging auf die Suche nach einem Arzt. Es war Samstag – ich konnte keinen finden. Aber wenigstens fand ich eine freundliche Krankenschwester. Sie folgte meiner Bitte mitzukommen. „Wie lange hat er diesen Zustand denn schon?“ „Ja, seit Mittwoch etwa. Das ist die Folge einer Lungenentzündung.“ „Und da gibt es keine Hilfe, kein Medikament dagegen?“ „Da gab es schon etwas, aber dieses Mittel wurde verboten.“ „Ein anderes gibt es nicht?“ „Das weiß ich nicht, ich bin nur Krankenschwester.“ Sie ging zu meinem Vater und sah ihn an. „Er weint ja, die Tränen laufen ihm herunter.“ „Ja wundert Sie denn das? Allein schon der Muskelkater, den er sicherlich hat, wird ihm unermessliche Schmerzen bereiten.“ Sie nickte und bat mich ins Nebenzimmer. Dort zeigte sie mir ein medizinisches Buch, schlug es unter dem Stichwort „Schluckauf“ auf und wir lasen beide. „Bei Schluckauf helfen Beruhigungsmittel und Muskelrelaxantien“, war unter anderem dort zu lesen. „1: Wann hat er das letzte Mal Beruhigungsmittel bekommen und 2.: Haben Sie es schon mal mit Magnesium versucht?“ Da ich selbst ein Buch über Mineralstoffe geschrieben hatte, wusste ich, dass Magnesium entspannend auf die Muskulatur wirkt und nur bei sehr hohen Dosen Nebenwirkungen zeigt. „Na ja, das letzte Mal hat er am - so weit ich es weiß - Dienstag ein Beruhigungsmittel bekommen und von Magnesium weiß ich nichts.“ Schön langsam begann ich wütend zu werden. „Dann geben Sie ihm doch wenigstens ein Beruhigungsmittel.“ Sie nickte. Dann beratschlagten wir (es war immer noch kein Arzt in Sicht), was man tun könne. „Da hilft nichts, Sie geben ihm ein Beruhigungsmittel und fragen einen Arzt – wenn einer auftaucht - ob Magnesium helfen kann. Ich fahre umgehend nach Hause, setze mich an meinen PC und suche nach Medikamenten, die bei Schluckauf helfen.“ Sie nickte. „Ich habe morgen wieder Dienst, kommen Sie doch vorbei, dann sehe ich, was wir noch tun können.“ Gesagt getan. Nun bin ich Biologin und habe nur sehr begrenzt die Möglichkeit nach Medikamenten zu recherchieren. Für viele Internetportale ist eine Zulassungsnummer erforderlich. Ein Arzt hat hier ganz andere Chancen. Dennoch: ich recherchierte kaum 20 Minuten, schon hatte ich 2 Listen (DIN A 4 nicht 5!) von Präparaten: eine Liste mit Medikamenten, die weniger starke Wirkungen und Nebenwirkungen haben, eine weitere, wenn auch diese nicht helfen. Damit bewaffnet, fuhr ich wieder ins Krankenhaus. Dort angelangt, fragte ich nach dem Befinden meines Vaters, der immer noch einen unveränderten Schluckauf hatte. „Na ja, nach dem Beruhigungsmittel konnte er wenigstens 3-4 Stunden schlafen, sonst hat sich nichts geändert.“ „Und Magnesium?“ „Das kann ich nicht verabreichen und einen Arzt dafür fand ich auch nicht.“ Ich händigte der hilfsbereiten freundlichen Krankenschwester meine Medikamentenliste aus: „Ich habe nicht eines, sondern mehrere Präparate gefunden, die helfen können.“ Sie sah sich die Liste an: „Ich werde sie weitergeben, wenn ein Arzt kommt. Mehr kann ich nicht tun.“ Die Schwester hatte mir ihre Telefonnummer gegeben, damit ich anrufen konnte, um mich nach seinem Befinden zu erkundigen. Als ich dann von zu Hause aus wieder anrief: „Ich höre keinen Schluckauf mehr (das Schwesternzimmer lag direkt neben dem Krankenzimmer meines Vaters). Ist das richtig?“ „Ja, Sie haben recht. Eines der Medikamente, die Sie vorschlugen, hat geholfen!“ Da schau her! Eine Biologin schlägt also Ärzten Präparate vor, die helfen!

Aus diesem Erlebnis ergeben sich einige Fragen: „Wie viele Ärzte haben bei Schwerkranken am Wochenende Dienst? Sind sie derart überlastet, dass sie keine 10 Minuten Zeit haben ein Medikament für einen Menschen zu suchen, der sich gottserbärmlich quält und vor lauter Schmerzen lautlos weint? Wer entscheidet darüber, wie lange ein Arzt Dienst hat und wie viel Zeit er oder sie für einen schwer kranken Patienten haben darf?

Bei der Gelegenheit sei erwähnt, dass mein Vater Beamter, also privat krankenversichert war und sehr viel Geld für seine Behandlung zahlen konnte. Daraus ergibt sich die Frage: Was wäre mit einem „normalen“ Kassenpatienten passiert? Hätte er das hilfreiche Medikament überhaupt bekommen?

Ich sprach mit einigen anderen Bekannten über mein Erlebnis. Es gab 2 Parteien: die einen hatten selbst einen derartigen Fall in der Familie und nickten. Sie berichteten von ähnlichen Fällen. Die anderen hatten keinen Fall in der Familie und waren nur entsetzt.

Seltsam. Warum denke ich nur an den Spruch von „der reichen Bundesrepublik“? Ein angeblich reiches Land, das es sich leistet schwer kranke Menschen zu Tode zu quälen? Oh ja! Wir sind reich – reich an Entscheidungsträgern, denen die menschliche Gesundheit und ihr Wohlbefinden – freundlich formuliert – völlig gleichgültig ist! Hauptsache die Kasse klingelt! Weh dem, der krank, pflegebedürftig und damit abhängig wird!

Ein anderer Fall im Krankenhaus

Man kann dies nun als Einzelfall abtun, daher möchte ich ein zweites Beispiel anführen, das ich wiederum selbst erlebt habe:

Ich musste ins Krankenhaus und kam in mein Zimmer. Neben mir lag eine Dame, die sehr froh war, mich als „Nachbarin“ zu haben. Der Grund war nicht die spontane Sympathie, die sie für mich empfand – nein, die Nachbarin, die sie vorher hatte war dement. Sie stand immer mal wieder auf, ging zu ihrer Bettnachbarin und sah ihr in die Augen. Dann meinte sie: „Passen sie auf, dass Ihnen niemand die Augen aussticht!“ Dann ging sie auf die Suche nach einer Schere, die sie auch fand. Meine Bettnachbarin war bettlägrig und konnte nur wenige Schritte gehen. Sie können sich sicher vorstellen, dass sie kein Auge mehr schließen konnte, aus lauter Angst, die Demenzkranke will ihr zeigen, wie gefährlich das Leben im Krankenhaus ist...

Es fand sich auch niemand, der sich um die Demenzkranke kümmerte.

Nun, noch einmal: wie wenig Personal will man sich noch leisten? Kann man Kranken eine derartige Behandlung angedeihen lassen? Ich möchte eines klarstellen: Das soll keine Hetz- kampagne gegen Ärzte und Krankenschwestern sein. Sie können nichts dafür, dass es so wenig Personal in Krankenhäusern gibt, dass sie sich nicht ausreichend um die Patienten kümmern können. Ein Arzt erzählte mir, dass am Wochenende so viele Patienten sterben, wie die 5 Tage davor. Kümmert er sich in einem Stockwerk um einen schwer kranken Patienten, stirbt inzwischen im anderen Stockwerk, für das er ebenfalls zuständig ist, ein anderer. Dies sei den entsprechenden Leuten auch bekannt.

Liest man sich das alles durch, bekommt man Angst! Angst selbst krank zu werden und in eine ähnliche Situation zu geraten.

Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht oder sehen Sie das Thema ganz anders? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!

Ihre

Dr. Andrea Flemmer

Zum 2. Teil

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