Burnout-Syndrom Teil III: Ansätze zur Behandlung
Integrative Behandlung - ein Lösungsansatz beim "Burnout-Syndrom"
Ob es nun eine wirkliche Krankheit ist oder nicht, die Symptome verlangen nach Behandlung. Doch welche Ansätze sind erfolgsversprechend?
Von: Berthold Musselmann
Der Ansatz der Integrativen Medizin
Wie in Teil II über das Burnout-Syndrom erwähnt, liegt nach meiner Erfahrung die Lösung häufig weder im Feld klassischer Schulmedizin, noch allein im naturheilkundlichen Ansatz.
Ein erfolgversprechenderer Ansatz zur Befreiung von diesen „Streiks“ des Körpers und der Psyche gegen nicht aushaltbare Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen ist meiner Beobachtung nach die Integrative Medizin, d.h. die Berücksichtigung sowohl rationaler, moderner Schulmedizin als auch komplementärer, naturheilkundlicher Verfahren und deren kreative Verbindung.
Das Problem als "Ganzes" begreifen und es auch so behandeln
Unter Integrativer Medizin wird parallel aber auch die Verbindung von Schulmedizin und Psychosomatik in direkter Kombination und nicht, wie seit Jahrzehnten leider üblich, als getrennte Fächer, verstanden. Dies scheint mir besonders wichtig, gute Medizin IST Psychosomatik.
Ich verweise dazu auf die umfangreiche Literatur von Thure von Uexküll, von Victor von Weizsäcker, Klaus Dörner u. v. a. m. Außerdem auf das Buch eines Chirurgen (!), nämlich Bernd Hontschik: „Körper, Seele, Mensch“, in dem auf die verflochtene Verbindung von seelischen Bedingungen und Einstellungen, sozialen Verhältnissen, gesellschaftlicher Realität und Körperfunktion mit spannenden und überzeugenden Fallbeispielen hingewiesen wird.
Zudem muss, besonders beim „Burnout“, der Arzt Lebensberater, Coach, Fitnesstrainer, Eheberater, Ergonom etc. sein, um den ratsuchenden Menschen Wege aus dem Teufelskreis von Überlastung, Schlafmangel, Erschöpfung, mangelnder Nutzung und Wiederauffüllung von Ressourcen etc. zu zeigen.
Dieser Typ Arzt findet sich sehr oft beim hochindividuell vorgehenden Arzt mit einem Arbeitsschwerpunkt in Naturheilverfahren, wenn nicht dogmatisch auf bestimmten Methoden der Naturheilkunde, der Homöopathie, der Traditionell Chinesischen Medizin o.a. als alleinseligmachend beharrt wird.
Hier finden wir den „Facharzt für alle im Einzelfall angebrachten, an die Konstitution des Patienten und die Art und Schwere der Gesundheitsstörung optimal angepassten Heilansätze“, den vielleicht besten Arzt in der Szene.
Häufig kommen die Burnout-Betroffenen auf Dauer nicht um einschneidende Änderungen ihrer Lebenseinstellung herum, die behutsam und achtsam für alle beteiligten Menschen erfolgen muss. Das Repertoire der Menschen zur Bewältigung von Belastungen muss erweitert, die Passungsstörung Umwelt – Mensch gebessert, bzw. die Umweltbedingungen geändert werden.
Finden und verstehen muss „es“ letztlich der Patient und Mensch in seiner existentiellen Krise selbst. Hilfen, Tipps, Strategien können die Behandelnden allerdings in sehr verschiedener Güte, Einfühlung und in sehr verschiedenem Umfang geben.
Hier muss sich in unserer technisch fixierten Hochleistungsmedizin noch einiges bessern. Insbesondere die Psychosomatik und Psychologie muss aus ihrer verwissenschaftlichten Isolation direkt zurück in die Körpermedizin kommen. Dann brauchen wir auch keine „Körpertherapien“ mehr, bzw. diese kehren ebenfalls in die Gesamtmedizin zurück, wo sie dringend gebraucht werden. Zum Teil tummeln sie sich zu Recht als Zeichen des mangelnden Einsatzes einer Kombination von körperlicher UND psychischer Zuwendung zu Hauf auf dem alternativen Gesundheitsmarkt.
Auf tieferen Ebenen sind natürlich auch kritische Betrachtungen gesellschaftlicher Bedingungen notwendig, die massenhaft krank machen und Lösungen zur Änderung dieser Verhältnisse. Davon betroffen ist die Arbeitswelt, die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen, die Ansprüche an Mobilität, die Lebensentfaltung von Kindern, Älteren und Alten und ganz allgemein der Umgang mit Ressourcen der Erde, Pflanzen, Tiere und Menschen. Siehe hierzu die Ordnungstherapie als Beispiel des gesunden Maßhaltens und einer nachhaltigen Lebensweise.
Gute und nachhaltige TherapeutInnen sind immer auch eingemischt in Gesellschaft und interessiert an Veränderungen, die präventiv wirken und den Gesundheitszustand aller verbessern helfen. Tinnitus, „AD(H)S“, „MCS“ (Multiples Chemikalien-Hypersensitivitäts-Syndrom), „CFS“(Chronic Fatigue Syndrom, Syndrom der anhaltenden Müdigkeit) u. v. m. können auch als Folgen von Zivilisationsschäden gesehen werden. Dies sollte endlich auch von der Mehrheit der ÄrztInnen ernst genommen und im Interesse aller von vielen in Politik und Gesellschaft getragen werden.
Tiefgreifende Veränderungen unserer Lebensbedingungen und ein höheres Verständnis für die Verschränkung von Seele, Körper, Organen und Menschen bei der Gesunderhaltung kann die Anforderungen an Hausärzte ändern und spezialisierte Organmediziner teilweise um ihre Arbeit bringen bzw. neue Medizinfelder und –Spezialisierungen notwendig machen, der Netto-Effekt für die Lebensqualität aller sollte uns aber eine Reform der Medizinlandschaft wert sein.
Im vierten Teil der Burnout-Reihe geht es um die eigentlichen tieferen Ursachen der um sich greifenden (Lebens-?) Müdigkeit, in weiteren Teilen dann um Strategien, sich dagegen zu wehren, soweit die Tipps für viele sinnvoll sind. Im Zweifel ist eine individualisierte Behandlung immer die beste.
Ihr
Berthold Musselmann