Burnout-Syndrom Teil IV: Ein Zivilisations-, Passungs- und Einstellungsproblem
(Lebens-) Müdigkeit?
Die Reihe zum sogenannten Burnout-Syndrom wird mit diesem Beitrag fortgeführt. Hier geht es um die eigentlichen tieferen Ursachen der um sich greifenden (Lebens-?) Müdigkeit.
Von: Berthold Musselmann
Zusammenfassung der bisherigen Ausführungen
Für ein besseres Verständniss der neuen Inhalte wurden die Beiträge von Teil I-III in Stichpunkten zu Beginn noch einmal zusammengefasst.
- Das Burnout-Syndrom ist aus verschiedenen Gründen (siehe Teil II) unserer Auffassung nach keine Krankheit. Dennoch kann eine Krankheit hinter ungewöhnlicher Müdigkeit stecken und dies muss daher ausgeschlossen werden. In etwa 2 % steckt hinter anhaltender Müdigkeit eine ernste, dringend behandlungs-bedürftige Erkrankung (DEGAM-Leitlinie „Müdigkeit“, www.degam.de, siehe Teil I).
- Die Sichtweise der etablierten Medizin und der Naturheilkunde, erste Hinweise zur Abhilfe bei Burnout-Syndrom, z. B. mit Ordnungstherapie. Fehleinschätzungen aller Medizinrichtungen beim Thema Burnout. Unterschiedliche Etiketten für „Müdigkeit“ und verwandte Zustände, denen letztlich ein „Zuviel“ auf verschiedenen Ebenen zugrunde liegt. Wesentlich beteiligt sind Störungen des vegetativen Nervensystems und deren Symptome.
- Nötig ist eine individuelle Abklärung bei einer/m gründlich arbeitenden Therapeutin/en, um die individuellen Bedingungen zu erfassen, die beim jeweiligen Menschen nachhaltige Müdigkeit verursachen und, um Wege aus der Sackgasse zu finden. Häufig sind Arbeitsdiagnosen und ein Antesten der Reaktion der Patienten auf Therapieversuche nötig, um sich an das Problem anzunähern. Ein solches „Rumprobieren“ wird natürlich von den meisten Ärzten geleugnet, findet aber überall in der Medizin notgedrungen – etwa 80 % der Beratungsanlässe in deutschen Praxen lassen sich durch Untersuchung und Anamnese klären, der Rest bleibt unklar - häufig statt. Teilweise können solche Versuchstherapien durchaus lindern, oft ist hierbei aber vor allem die Zuwendung, die Zeit, das Ernstnehmen etc. am wichtigsten für die Wirkung.
- Integrative Medizin als am ehesten gangbarer Weg, d.h. die Berücksichtigung sowohl rationaler konventioneller als auch komplementärer, naturheilkundlicher Verfahren und deren kreative Verbindung. Arzt als Lebensberater, Coach, Fitnesstrainer, Eheberater, Ergonom etc., um den ratsuchenden Menschen Wege aus dem Teufelskreis von Überlastung, Schlafmangel, Erschöpfung, mangelnder Nutzung und Wiederauffüllung von Ressourcen etc. zu zeigen. Das Repertoire der Menschen zur Bewältigung von Belastungen muss erweitert, die Passungsstörung Umwelt – Mensch gebessert, bzw. die Umweltbedingungen geändert werden. Finden und verstehen muss „es“ letztlich der Patient und Mensch in seiner existentiellen Krise selbst. Hilfen, Tipps, Strategien können die Behandelnden allerdings in sehr verschiedener Güte, Einfühlung und in sehr verschiedenem Umfang geben. Hier muss sich in unserer technisch fixierten Hochleistungsmedizin noch einiges bessern. Insbesondere die Psychosomatik und Psychologie müssen aus ihrer verwissenschaftlichten und psychologisierten Isolation direkt zurück in die Körpermedizin kommen. Dann brauchen wir auch keine „Körpertherapien“ mehr, bzw. diese kehren ebenfalls in die Gesamtmedizin zurück, wo sie dringend gebraucht werden. Zur Zeit tummeln sie sich als Zeichen des mangelnden Einsatzes einer Kombination von körperlicher und psychischer Zuwendung zu Hauf auf dem alternativen Gesundheitsmarkt.
- Kritische Betrachtungen gesellschaftlicher Bedingungen sind notwendig, die massenhaft krank machen können.
Sind wir uns selbst müde?
Sind wir unser selbst müde? Eine Leistungsethik, der häufig der Sinn abgeht, kann den Menschen auf Dauer nur frustrieren, denn ein „citius, altius, fortius“ („schneller, höher, stärker“ von Henri Didon ursprünglich gedacht als eine Form von Gotteslob des sich bemühenden Menschen, aber nicht als Selbstzweck, schließlich als Leitspruch der olympischen Idee verwendet) allein ohne die heute nicht mehr vorhandene Verankerung in der Religion ist hohl.
Bei der Analyse der Ursachen des Volksleidens „Rückenschmerz“ bleibt als einzige gesicherte wichtige Ursache die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz bzw. mit der Arbeit übrig. Besonders fremdbestimmte Arbeit macht unzufrieden und schließlich krank. Bernd Hellinger sieht das etwas anders: Leute mit Rückenschmerz müssen lernen, sich zu verneigen…. Sicher umstritten, aber auch ein interessanter Einwurf. Es bliebe dann nur die Frage, vor wem man sich verneigen muss, vor dem Arbeitgeber? Demut und Dankbarkeit sind sicher wichtige Themata, aber alles an seinem Platz. Hellinger sieht die Emotion ja vorwiegend im Bereich der Familie verhaftet. Ich beobachte täglich, z. B. beim epidemischen „Mobbing“, dass die Gefühle am Arbeitsplatz oft mindestens so heftig sind. Da gilt es in erster Linie zu überlegen, ob der eigene Lebens- und Arbeitsstil auf Dauer zu mehr Lebensfreude oder eher zur Lebensmüdigkeit führt.
Zum Schluss empfehle ich Ihnen diesmal z. B. eine kleine rituelle Teezeremonie, lassen Sie sich Zeit und scrollen Sie sich ein bisschen durch unsere Webseite,
Ihr
Berthold Musselmann