Botanik: Aussehen und Verbreitung
Die Bittere Schleifenblume (Iberis amara) – auch Bitterer Bauernsenf genannt – gehört zur Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae). Die blühende Pflanze verströmt einen intensiven süßen Geruch, der Geschmack ist allerdings sehr bitter (lat. amarus = bitter). Die Pflanze wird 10 bis 40 cm hoch und hat einen kantigen, abstehend verzweigten Stängel. Die Bittere Schleifenblume blüht für gewöhnlich schon im ersten Jahr. Meist sind die Blüten weiß, es gibt aber auch rötliche bis violette Varianten der Bittere Schleifenblume.
Die zwei nach außen gerichteten Blütenblätter sind oval ausgezogen, wodurch die Blüten einer kleinen Schleife ähnlich sehen, daher der Name Schleifenblume. Mit der Zeit entwickeln sich aus den zunächst doldig erscheinenden Blütenständen traubige Fruchtstände. Sie tragen die kreisrunden Schötchen mit zwei dreieckigen Flügellappen. In beiden Fächern wächst nur je ein Samen heran. Er gilt als giftig.
Gewinnung
Die Erntezeit der Schleifenblume liegt bei uns im Juni bis Juli, der genaue Zeitpunkt muss je nach dem Entwicklungsstand der Pflanze bestimmt werden. Innerhalb eines Tages verarbeitet man die Gesamtpflanze mit Wurzel und Samenstand (Iberidis herba). Die Ernte wird bei -29 °C schockgefroren. In dieser Form ist das Material länger lagerfähig. Man stellt daraus bei Bedarf wässrig-alkoholische Extrakte her.
Heilwirkung von Bitterer Schleifenblume
Volksmedizinisch wird die Schleifenblume als bitteres Tonikum verwendet, um die Produktion von Verdauungssäften anzuregen und als Arzneimittel bei Magen-Darm-Erkrankungen.
Verdauungsbeschwerden
Die Cucurbitacine besitzen eine tonisierende Wirkung auf den Darm. In Laborversuchen verstärkt ein Extrakt aus der Bitteren Schleifenblume die Muskelspannung in bestimmten Abschnitten des erschlafften Darms. Dabei ist die Wirkung je nach Darmabschnitt und Störungsursache unterschiedlich. Der Extrakt aktiviert die Muskelaktivität bei Spannungslosigkeit am Magen, Magenausgang und Dünndarm, entspannt aber den Krummdarm und etwas schwächer den Dickdarm bei Krämpfen.
Reizdarm und Reizmagen
An den Symptomen bei Reizdarm scheinen verschiedene Rezeptoren beteiligt zu sein, welche die Beweglichkeit des Darmes mitregulieren (5HT3, 5HT4 und M3). Laborversuche zeigten, dass der Extrakt aus der Schleifenblume Signalstoffe an diesen Rezeptoren verdrängen und so die Reize ausschalten.
Eine klinische Studie bei Patienten mit Reizdarm konnte insgesamt nicht ganz überzeugen, bei genauerer Auswertung wurden aber bestimmte Krankheitsaspekte gebessert. Angesprochen hat der Symptomkomplex Durchfall sowie Durchfall im Wechsel mit Verstopfung. Auch die Schmerzsymptomatik hat sich bei Patienten aus dieser Gruppe gebessert. Patienten mit ausschließlicher Verstopfungssymptomatik erfuhren keine Linderung.
Die Kombination macht´s
In der Praxis wird aber die Bittere Schleifenblume mit einer Reihe von anderen Heilpflanzen kombiniert, welche überwiegend entspannende Wirkung auf den Darm haben (Pfefferminzblätter, Kamillenblüten, Engelwurz, Kümmelsamen, Distelsamen, Melissenblättern, Schöllkrautblätter).
Die Wirkung der Mischung ist generell ausgleichend: Ein schlaffer Darm gewinnt an Spannung und Beweglichkeit, Krämpfe werden jedoch gelindert. Das führt zu einer Linderung zahlreicher sehr unterschiedlicher Verdauungsbescherden (wie saures Aufstoßen, Sodbrennen, Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, schnelles Sättigungsgefühl, Appetitlosigkeit, Oberbauchschmerzen und Bauchkrämpfe). Eine Reihe von klinischen Studien hat den erfolgreichen Einsatz des Kombinationspräparats bei funktioneller Dyspepsie bestätigt.
Geschwüre
Versuche an Tieren zeigen eine lindernde Wirkung auf Magengeschwüre mit Krämpfen. Die Säuresekretion des Magens wird gebremst und die Schleimsekretion gefördert. Das schützt die geschädigte Schleimhaut und gibt ihr Gelegenheit zur Regeneration.
Auch wenn die Magenbeschwerden durch Medikamente ausgelöst worden waren, konnte die Schleifenblume (in der Kombination mit anderen Heilpflanzen) die Symptome lindern.
Antientzündlich
Auf der einen Seite steigert ein Extrakt aus der Schleifenblume die Produktion entzündlicher Botenstoffe (Leukotriene, Prostaglandin E2), andererseits zeigt das Entzündungsmodell im Tierversuch dennoch insgesamt verminderte Entzündungszeichen. Das Anschwellen des Darms ist deutlich vermindert. Dadurch unterbleiben krampfhafte Kontraktionen. Daneben fallen die entzündlichen Veränderungen und Schäden an der Schleimhaut deutlich geringer aus. Zu dieser Wirkung tragen die antioxidativwirkenden Flavonoide bei, welche den oxidativen Schaden auffangen.
Antimikrobiell
Die hauptsächlich in den Samen enthaltenen Glucosinolate, aus denen die Senföle (Isothiocyanate) freigesetzt werden, wirken gegen Mikroorganismen. Bei Störungen der Darmflora dürfte diese Eigenschaft hilfreich sein. Auch das Wachstum des Keims Helicobacter pylori, welcher ursächlich an der Entstehung von Magengeschwüren beteiligt ist, wird durch Extrakte aus der Schleifenblume gehemmt.
Homöopathisches Herzmittel
Als homöopathisches Mittel wird die Schleifenblume bei Herzbeschwerden wie Herzschwäche, Angina Pectoris und Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Häufig verwendet werden relativ konzentrierte Extrakte (D2), so dass die Wirkung noch nach klassischen pharmakologischen Kriterien eintreten könnte. Für diese Anwendung mischt man die Schleifenblumenextrakte auch mit anderen Pflanzenauszügen (Maiglöckchen, Wurmkraut, Berglorbeer).
Experimentell
Cucurbitacine sind für Zellen in höheren Konzentrationen giftig. Ganz besonders empfindlich waren Tumorzellen der Niere und des Gehirns sowie Melanomzellen gegen Cucurbitacine E und I aus den Samen der Bitteren Schleifenblume. Vermutlich hemmen diese Cucurbitacine die Zellteilung, da sie am Spindelapparat bei der Trennung der Chromosomen angreifen. Daraus könnten sich in der Zukunft neue Chemotherapeutika entwickeln.
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen Bittere Schleifenblume gesichert helfen kann
Bild-Link zu Erkrankungen, bei denen bittere Schleifenblume aus Erfahrung helfen kann
Nebenwirkungen von Bitterer Schleifenblume
Bei einer Dosierung von 200 μg Gesamtcurcubitacine und 150 μg Glucoiberin pro Milliliter Auszug sind keine Nebenwirkungen beschrieben. In klinischen Studien ist die Verträglichkeit einer Mischung von Schleifenblume mit anderen Heilpflanzen gut bis sehr gut.
Es wäre möglich, dass durch die Anwendung höherer Dosierungen durch die Cucurbitacine Darmreizungen oder Durchfällen ausgelöst werden.
Praktische Anwendung: Produkte & Dosierung
Verwendet wird in der Regel ein alkoholisch-wässriger Frischpflanzenauszug. In den verfügbaren Präparaten wird die Schleifenblume mit anderen Heilpflanzen kombiniert (Pfefferminzblätter, Kamillenblüten, Engelwurz, Kümmelsamen, Distelsamen, Melissenblätter, Schöllkrautblätter).
Dosierung
Tagesdosis: 0,45-0,9ml eines alkoholischen Frischpflanzenauszuges über den Tag verteilt einnehmen.
Die Angaben des Herstellers für Kombinationspräparate sind einzuhalten.