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„Essen Sie was Sie wollen, es gibt keine ungesunden Lebensmittel!“

Freunde in einem Restaurant, die vergnügt Burger essen.
© Jacob Lund - Fotolia.com

Interview mit Uwe Knop über die Ernährungsforschung als Glaskugellesen

In diesem Interview spricht der Ernährungswissenschaftler Uwe Knop Klartext: "Wir wissen nicht, was gesunde Ernährung sein soll. Trotzdem werden die vielen Ernährungsapostel nicht müde uns ganz genau zu sagen, was täglich auf unserem Teller landen sollte." Mit seinem Buch will er den Essbürger wieder mündig machen, der sich seine eigene Meinung bildet und auf die frei erfundenen Ernährungsregeln pfeift.

Von: Corinna Heyer

In seinem neuen Buch „Dein Körpernavigator zum besten Essen aller Zeiten“ führt Uwe Knop den geneigten Leser wissenschaftlich fundiert und sehr unterhaltsam auf knapp 200 Seiten durch den täglichen Ernährungswahn. In dieser I. Phase seines Buches erklärt der Ernährungswissenschaftler anschaulich, warum sämtliche Ernährungsstudien daran kranken, dass sie per se keine Beweise für Ernährungsregeln liefern können. Sein Fazit lautet daher: alle Ernährungsregeln sind pseudowissenschaftlich und niemand weiß, was "gesunde" Ernährung sein soll.

Auch kritische Stimmen aus der Wissenschaft werden immer lauter und bestätigen den Ernährungswissenschaftler Knop darin, dass hier dringend ein Kurswechsel nötig ist – weg von den missionierenden Ernährungsaposteln – hin zum mündigen Essbürger mit eigener Meinung. Darum geht es dann auch in der II. Phase des "Körpernavigators", wo Knop auf 35 Seiten eine persönliche Anleitung zum "besten Essen aller Zeiten" gibt.

Mit diesem Interview wollen wir Ihnen Appetit auf mehr machen. Lesen Sie jetzt, warum die Ernährungsforschung ein bemitleidenswertes System ist, wie einfach gesunde Ernährung aussieht und was der Autor von der Lebensmittel-Ampel hält.

Doktor Blatt

PhytoDoc: Herr Knop, Sie gehen mit Ihren Ernährungskollegen in Ihrem neuen Buch „Dein Körpernavigator zum besten Essen aller Zeiten“ nicht gerade zimperlich um. Können Sie uns kurz erklären, warum Ernährungsstudien keine signifikanten Ergebnisse liefern, aus denen man Empfehlungen für Prävention oder Therapie ableiten kann?

Uwe Knop: Das liegt am bemitleidenswerten System der Ernährungsforschung, das in seinem Aussagepotenzial extrem limitiert ist: Die Forscher können nur Beobachtungsstudien durchführen und viele Korrelationen (statistische Zusammenhänge) im Akkord publizieren, aber keine Kausalitäten (Ursache-Wirkungs-Beleg). 

Oder anders: Außer Hypothesen nichts gewesen. Beweise? Fehlanzeige. Derzeit liegt das Prognosepotenzial nahe beim Glaskugellesen. Auch weil die Datengrundlage ein schlechter Witz ist: Sie basiert stets auf den unüberprüfbaren Angaben der Probanden. Als konkretes Beispiel: Nur weil Menschen, die angeben, 11 Bananen pro Monat zu essen, 11% weniger Herzinfarkte bekommen als die Wenig-Bananen-Esser, heißt das noch lange nicht: „Bananen schützen vor Herzinfarkt.“

Ernährungswissenschaftler Uwe Knop steht auf einer Brücke.
Uwe Knop. © BoD Books on Demand

Ist das auch der Grund, warum es per se keine gesunden oder ungesunden Lebensmittel gibt?

Richtig. Diese Pauschaleinteilung ist längst überreif für den Kompost. Denn die Wissenschaft kann keine Kausalevidenz liefern, dass ein Lebens­mittel per se gesund oder ungesund ist – das ist unisono auch die Meinung der 7 großen ernährungswissenschaftlichen Institutionen DGE (D), SGE (CH), ÖGE (A), DIfE (D), BZfE (D) sowie VDOE (D) und VEÖ (A).

Wie erklären Sie sich das Phänomen, dass es dennoch so viele Institutionen und Wissenschaftler gibt, die uns permanent sagen, wie gesunde Ernährung auszusehen hat?

Ernährung ist ein riesiger Markt, wenn nicht gar der größte Markt. Wir alle müssen essen – und zwar mehrmals täglich. Es geht hier nicht nur um sehr viel Geld, sondern auch um Macht- und Deutungshoheit, um neue Forschungsfinanzen zu generieren und als Institution „Bestandsrelevanz“ zu demonstrieren. Und wer die Menschen an seiner „Ernährungsleine“ führt, der hat einen enormen Einfluss auf Politik und Gesellschaft.

Gab es in den letzten Jahren überhaupt eine einzige Studie zur Ernährung, die Ihnen gefallen hat?

Ernährungsbeobachtungsstudien sind in der Regel amüsant – so kolportierte jüngst ein Forscherteam auf Basis ihrer neuen Publikation: Rotes Fleisch "erhöht" Brustkrebsrisiko. Weißes Fleisch "senkt" Brustkrebsrisiko. Da denkt man sich doch: Liebe Frauen, esst am besten beides, dann neutralisiert sich Euer Risiko wieder auf null. Aber Spaß beiseite: Es geht weniger um die Studien an sich, sondern um die wissenschaftlich korrekte Interpretation und Kommunikation der Korrelationen. Da liegt der Hase im Pfeffer, denn hier wird völlig überzogen. Auch eine Million weitere Beobachtungsstudien bringt uns nicht weiter. Ernährungsforschung braucht eine Radikalreform - das sagt u.a. der höchstrangige Kritiker der Ernährungswissenschaften Professor John Ioannidis, Stanford Universität, Mitglied in der National Academy of Medicine und einer der zehn meist-zitierten Wissenschaftler der Welt.

Ich erinnere mich noch gut an den Film „Supersize me“ von Morgan Spurlock (2004). Innerhalb eines Monats nahm der Hauptdarsteller durch seinen Fast-Food-Konsum + Bewegungsmangel über 10 Kilogramm zu und sein Gesundheitszustand verschlechterte sich deutlich. Wenn man Ihr Buch liest, könnte man meinen, Sie bestreiten den Zusammenhang viel Fast Food = Übergewicht. Oder bestreiten Sie nur, dass man nicht allgemeine Empfehlungen geben kann, wie viele Burger täglich noch gesund sind?

Junger Mann liebäugelt mit einem riesigen Burger. © New Africa - Fotolia.com
© New Africa - Fotolia.com

Beides. Erstens gibt es keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis, dass Fast Food dick oder dünn, gesund oder krank macht. Andererseits ist beispielsweise in manch großen internationalen Studien der Fast Food-Verzehr bei Jugendlichen mit einem niedrigen BMI assoziiert. Zweitens kann Ihnen niemand sagen, wie viel wovon am Tag „gesund“ ist – das hängt stets vom individuellen Lebensstil ab. Supersize me ist nicht mehr als ein clever gemachtes Propagandafilmchen. Spurlock hätte sich auch mit „Bio-veganem-Superfood“ 10 Kg anfuttern können – denn es kommt dabei nur auf die positive Energiebilanz an. Oder auf gut deutsch: Faul fett fressen kann man sich mit allen Lebensmitteln.

Es gibt immer mehr Typ-2-Diabetiker (auch werden diese immer jünger), wie erklären Sie sich das? (auch vor dem Hintergrund, dass der Zuckerkonsum steigt, Zucker aber per se kein ungesundes Lebensmittel ist)

Wenn es eine klare Antwort auf diese Frage gäbe, dann würde nicht rat- und hilflos in blindem Aktionismus nach einer Zuckersteuer geschrien. Klar ist: Diabetes Typ-2 hat eine sehr hohe genetische Komponente, ist also stark vererbbar. Das gemeinsame Auftreten (Konkordanz) beträgt beispielsweise bei eineiigen Zwillingen an die 100 Prozent – also bekommt der eine Typ-2, dann der andere sehr sicher auch.

Warum wird die Mittelmeer-Ernährung so gehypt, obwohl die höchste Lebenserwartung in Europa die Schweizer haben (83,4 Jahre im Schnitt)?

… und in Griechenland und Italien gibt es fast dreimal so viele übergewichtige oder adipöse Kinder wie in Schweden oder in der Schweiz, wie jüngst eine neue JAMA-Studie gezeigt hat. Das müssen Sie die Mittelmeerkost-Propagandisten fragen, denn wissenschaftlich gibt es dafür keinen Grund.

Derzeit heiß diskutiert wird die Lebensmittel-Ampel, der Nutri-Score. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich sehe hier ganz klar einen weiteren unterschwelligen Esserziehungsfaktor, der zu noch mehr Unsicherheit und Angst vorm Essen führen wird – und das bereits bei der Auswahl im Supermarkt. Die Ampel ist absolut kontraproduktiv. Denn man kann nicht belegen, dass ein Lebens­mittel per se gesund oder ungesund ist. Die Ampel wird ernährungssensible Konsumenten, die derzeit schon (ver)zweifeln, was gesund und ungesund ist, noch stärker ver­unsichern. Aus dieser Gruppe wird wahrscheinlich eine neue Klasse Essverängstigter erwachsen: die „Scorektiker“. Diese Menschen werden peinlichst darauf achten, dass nur keine Lebensmittel mit ­rotem Punkt im Einkaufswagen landen, sonst fühlen Sie sich schlecht. Frei nach Rainer Werner Fassbinder: Essangst essen Seele auf.

Im Buch fällt öfter der Begriff des emotianal eating. Was versteht man darunter und wie hoch bewerten Sie diesen Faktor beim Thema Übergewicht?

Das Gegenteil des Essens mit echtem Hunger ist emotianal eating, früher auch als kompensatorisches Essen bezeichnet. D.h. Essen ohne echten Hunger um den Seelenhunger zu stillen – also z.B. aus Frust, Kummer, Langeweile. Stress oder rein aus Gewohnheit. Wenn das zur Regel statt zur Ausnahme wird, kann das dauerhafte „Psyche-füttern“ durchaus zu einem unnatürlichen Übergewicht führen. Dann sollte man sein Essverhalten dringend kritisch und ehrlich hinterfragen. Warum esse ich so viel, obwohl ich gar keinen Hunger habe?

Sie postulieren in Ihrem Buch, auf den eigenen Körpernavigator zu hören, der uns sagt, was gut für uns ist und was nicht. Wie erkenne ich den denn, wenn ich den Zugang zu meinem Bauchgefühl verloren habe?

Wenn Sie Ihren echten Hunger nicht mehr kennen, essen Sie einfach mal so lange nichts, bis er sich bemerkbar macht. Und das wird er, da können Sie sicher sein. Sie werden ihn spüren – und alles andere wird dann zweitrangig.

Und abschließend natürlich noch die Frage, die alle umtreibt: Wie sieht denn nun eine gesunde Ernährung aus?

Ganz einfach: Es gibt so viele gesunde Ernährungen, wie es Menschen gibt, denn – Jeder Mensch is(s)t anders. Daher sollte jeder nur auf seinen eigenen Körper vertrauen. Essen Sie nur dann, wenn Sie echten Hunger haben, worauf sie Lust haben, was ihnen schmeckt und – ganz wichtig – was sie gut vertragen. Das ist alles. Mehr braucht es nicht.

Buchtipp: "Dein Körpernavigator" von Uwe Knop

Buchcover
© polarise Verlag

Das Buch basiert auf der objektiven Analyse von mehr als 5.000 aktuellen, wissenschaftlichen Studienergebnissen aus der Ernährungsforschung. „Von 2007 bis heute, 2019, hat die Wissenschaft eines klar bestätigt: Es gab nie Beweise für gesunde Ernährung, es gibt bis heute keine und es wird sie aufgrund massiver Limitierungen dieses Forschungszweigs auch niemals geben. Die Märchenstunde von schlank-machendem Essen, das vor Krankheiten und Alterung schützt sowie Körperzellen "detoxt" und verjüngt, die ist endgültig vorbei“, erklärt Knop.

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In diesem Buch finden Sie die ultimative Anleitung sowohl zu Ihrem besten Essen aller Zeiten als auch zu Ihrem individuellen biologischen Wohlfühlgewicht.

Dieser Weg ist einfacher, als Sie denken und nur Sie können ihn gehen. Es gibt so viele gesunde Ernährungen, wie es Menschen gibt, denn: Jeder Mensch is(s)t anders.

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